Oh schaurig ist‘s, übers Moor zu gehen? Nicht, wenn Hermann Bumüller den Weg weist. Statt Schauergeschichten konnten die Teilnehmer viel über die Geschichte und die geologische Entstehung des Pfrunger-Burgweiler Rieds lernen. 15 Naturinteressierte fanden sich am Mittwochabend zur dreistündigen Wanderung durch den Bannwald ein, der mit 440 Hektar der größte Bannwald in Baden-Württemberg ist. Als Bannwald wird ein Wald bezeichnet, der vollständig sich selbst überlassen wird, jegliche Nutzung ist verboten.
Die erste Station war das Grenzsteinmuseum in der Nähe von Burgweiler. In der Freilichtanlage wurde die Topografie der Region nachempfunden. Dadurch lässt sich erahnen, wie kompliziert die Grenzverhältnisse waren. Ostrach ist die einzige Gemeinde Baden-Württembergs, die badische, hohenzollerische und württembergische Gebietsteile hatte.

Rückzugsgebiet für bedrohte Arten
1991 wurden erste Bereiche des Pfrunger-Burgweiler Rieds unter Naturschutz gestellt, seit 2012 besteht der Bannwald in seiner aktuellen Größe. „Durch den so wiedererlangten Strukturreichtum entstehen viele Rückzugsgebiete für bedrohte Tier-, Pflanzen- und Pilzarten“, erläutert der Wanderführer. Mit der Erklärung von Hermann Bumüller wird dadurch zum Beispiel das hochaufragenden Wurzelwerks eines umgefallenen Baumes zum Wurzelkranz, in dem Wasservögel brüten können, ohne durch Marder gestört zu werden, da diese auf der losen Erde abstürzen und ins Wasser fallen würden. Und wenn Bumüller auf einmal zu singen anfängt: „Wie, wie, wie hab‘ ich dich lieb“, dann lediglich, um den Ruf des Goldammer-Männchens nachzuahmen.

Geologische Besonderheit des Ortes
Die geologische Besonderheit des Ortes entstand übrigens durch die Schaffung eines Trogtals durch die innere und äußere Endmoräne der Würm-Kaltzeit. „Wo jetzt das Ried und der Bannwald sind, war früher ein See“, erklärt Bumüller. Es sei urkundlich belegt, dass die Wilhelmsdorfer noch 1824 ihre Fische zum Hochzeitsmahl aus dem Ursee fischten. Der See verlandete zunehmend durch die Schwimm- und Tauchblattgewächse. Diese starben ab und sanken auf den Seegrund. Durch den Luftabschluss verrotteten sie aber nicht restlos, sondern es entstand der Torf. Ende des 19. Jahrhunderts war der Torfabbau insoweit professionalisiert, als dass große Teil der Ostrach begradigt wurden, um mit Lastkähnen die Torfprodukte an den Ostracher Bahnhof zu transportieren.

Zum Abschluss der Tour konnte der Bannwaldturm bestiegen werden, der eine fantastische Aussicht über die Moorlandschaft bietet. Und dann wird es zum Schluss doch noch ein kleines bisschen schaurig, als Hermann Bumüller auf dem Rückweg vom Schwarzen Vere erzählt, der hier vor 200 Jahren eine gefürchtete Räuberbande anführte.