Rechtskräftig zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden ist im Amtsgericht Sigmaringen ein 27-Jähriger wegen nachgewiesener geschäftsmäßiger Untreue. Die zu begleichende Schadenssumme in Höhe von 12 079 Euro hat das Gericht bei ihm bereits eingezogen.

In der Verhandlung seines Einspruchs gegen den zugegangenen Strafbefehl versuchte der im Gesundheitshandwerk tätige Angeklagte, der Richterin Kristina Selig und der Staatsanwältin ein aberwitziges Szenario weiszumachen. Der Anfang 2019 im betreffenden Unternehmen eingestellte Mann war drei Monate später zum Leiter zweier Filialen aufgestiegen. So pendelte er bis zu seiner fristlosen Entlassung im Februar 2020 stets halbtags zwischen den Filialen in Mengen und Pfullendorf.

Angeblich nur Schludrigkeiten

In der Linzgaustadt sei der Stressfaktor besonders hoch gewesen, sagte der Angeklagte vor Gericht aus. Kundengeschäfte habe er nur in engster Taktung abwickeln können. Demzufolge seien ihm wohl „Schludrigkeiten“ unterlaufen, schilderte der Mann vor Gericht. So hätte er in seiner Not angenommene Barbeträge zwischen 1000 und über 3000 Euro auf den Tresen sichtbar im Laden abgelegt, was auch Kunden hätten einsehen können. „Ich konnte mir nicht erklären, wohin das Geld gekommen ist, ich habe es definitiv nicht entwendet“, behauptete der Angeklagte. Gleichzeitig versuchte er den leisen Verdacht auf zwei weitere Beschäftigte zu lenken: auf eine junge Frau, die ihm zwar assistierte, aber gar nicht befugt war, solche Geldsummen entgegenzunehmen, sowie auf einen älteren Mann, dem früheren Besitzer, der zeitweilig in beiden Filialen aushalf.

Privat ständig klamm

Heraus kam freilich auch, dass der täglich aus 180 Kilometern Entfernung von seinem Wohnort in der Ostalb anreisende junge Mann privatwirtschaftlich ständig klamm war. Rechtsanwalt Karl Abt, sein beigestellter Pflichtverteidiger, bemerkte Diskrepanzen zwischen der auf dem Lohnzettel angegebenen und der tatsächlich geringer überwiesenen Entlohnung. Die aber stellten sich im Zeugenverhör als einbehaltene Raten eines vom Angeklagten bei dieser Firma vereinbarten Darlehens für einen Autokauf heraus. Die Darhlenenssumme für das Auto lag bei 20 000 Euro.

Lügengebäude fällt zusammen

Überhaupt sorgte die erste Zeugenaussage dafür, dass das Lügengebäude des Angeklagten wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel. Der 41-jährige Geschäftsführer des Unternehmens aus einem Pfullendorfer Teilort hatte den auf der Anklagebank Sitzenden selbst eingestellt. Seine langjährige Berufserfahrung habe ihn dennoch nicht vor dieser großen menschlichen Enttäuschung bewahrt, schilderte der Mann. Sein Fazit: „Der Mann hat sich grandios gut verkauft und mich fast in den Ruin getrieben.“ In der Mengener Filiale habe im Kassenbestand gar nichts gestimmt. Nach immer wiederkehrenden größeren Fehlbeträgen Ende 2019 in der täglich geprüften Pfullendorfer Kasse habe er den Angeklagten zur Rede gestellt und dieser ihm stets versichert, dieses angebliche Versehen umgehend wieder korrigieren zu wollen. Was bis auf kleinere beglichene Summen aber nie der Fall gewesen sei. Ebenso wie dessen unüblich dargestellte Praxis von eiligen Bargeldannahmen im Laden. Zudem bekam der Zeuge zufällig ein vom Angeklagten manipuliertes Ärztedossier in die Hand, das auf eine drohende Diagnose von Krebs und Gehirntumor schließen sollte, um offenbar Mitleid unter Mitarbeitern zu wecken oder dessen Fehlzeiten zu erklären. Auch habe er mitbekommen, dass ein Wohnungsvermieter und ein Autoverkäufer wegen Ungereimtheiten nach seinem früheren Filialleiter suchten.

Einspruch zurückgenommen

In einer Verhandlungspause kamen Verteidiger und Mandant überein, vor weiteren Zeugenaussagen die Rücknahme des Einspruchs zu beantragen. Dem gab Richterin Selig augenblicklich statt. „Es war nie meine Absicht, ich hatte mich mit Pfullendorf übernommen und kann mich nicht stichhaltig entlasten“, begründete der Angeklagte seinen Schritt, den der empörte Zeuge mit einem „einfach nur lächerlich“ quittierte.

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