Wegen mehrfachem Sozialbetrug ist eine junge Frau aus dem Kreis von Amtsrichterin Dr. Linda Blazko zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem hat sie 50 gemeinnützige Arbeitsstunden abzuleisten.
Angeblich kriselnde Ehe
Zelebriert wurde vor dem Amtsgericht Sigmaringen ein von der Angeklagten mehr schlecht als recht inszeniertes Theaterstück aus der eigenen Lebenswelt. Auf den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, durch falsche Angaben gegenüber dem Jobcenter zwischen Oktober und Dezember 2020 eine Überbezahlung von 1770 Euro kassiert zu haben, tischte sie dem Gericht die Geschichte einer kriselnden Ehe auf, die ungefähr im Sommer jenes Jahres begonnen und sich bis in den Spätherbst weiter zugespitzt hätte, ehe sich beide gegen Jahresende wieder versöhnten. Ihr prinzipielles Nichtwissen über das Tun ihres Mannes rechtfertigte die Angeklagte damit, dass sie mit ihm in jener Zeitspanne der Überbezahlung nur eine Bedarfsgemeinschaft führte, sie habe sich vornehmlich um ihr gemeinsames dreieinhalbjähriges Kind gekümmert. Dem Jobcenter spiegelte sie eine „zerrüttete Ehe“ vor, so eine Zeugin der Behörde vor Gericht.
Staatsanwalt wird ungehalten
Dennoch hatte die Angeklagte trotz ihrer dargestellten Eheprobleme das Jobcenter über die Umschulungsmaßnahme ihres Ehegatten zum Berufskraftfahrer informiert und ihm mitgeteilt, dass danach eine Arbeitsaufnahme ihres Mannes „nicht zustande gekommen“ sei, dem sie vor Gericht eine „Null-Bock-Mentalität“ attestierte. „Ich habe nicht gewusst, dass er arbeitet“, behauptete sie steif und fest – obgleich ihr Mann in aller Regel tagtäglich um 7 Uhr morgens das Haus verließ und abends gegen 17 Uhr wieder zurückgekehrt war. Staatsanwalt Ronny Stengel ging bei dieser märchenhaften Erzählung kurz der Hut hoch: „Es entzieht sich meiner Vorstellungskraft, dass sie nichts davon mitbekommen haben wollen!“
Ehemann bestätigt zunächst Aussage seiner Frau
Auch der als Zeuge geladene Ehemann versuchte eisern, die Schilderung seiner Frau zu bekräftigen. „Ich habe es nicht für nötig gehalten, über mein Leben Bericht zu erstatten“, erklärte er lakonisch. Erst als ihn Richterin Blazko ermahnte und ihm fünf Minuten gewährte, um seine Aussage nochmals zu bedenken, rückte dieser von seinen bisherigen Ausführungen ab. Er wisse nicht mehr genau, ob er etwas zu seiner Frau gesagt habe, sein Lavieren rechtfertigte er mit innerer Nervosität hier bei der Befragung und gleichzeitigem schlechten Erinnerungsvermögen.
Auf Erinnerung nicht reagiert
Das Jobcenter war über einen Datenabgleich den beiden Eheleuten auf die Schliche gekommen. Auf die Erinnerung der Behörde, den Arbeitsvertrag endlich vorzulegen, hätten beide nicht reagiert, ebenso habe der Mann eine Vorladung zum Gespräch ignoriert, berichtete die Zeugin, die namentlich nicht genannt werden wollte.
Schon drei Mal vor Gericht
Und während Staatsanwalt Ronny Stengel die Anklageschrift inhaltlich vollumfänglich bestätigt sah, die Ausflüchte der Angeklagten nurmehr als Schutzbehauptung bewertete, hielt Verteidiger Jürgen Richter in seinem Plädoyer an der Unschuld seiner Mandantin fest. Für die Vorwürfe gäbe es keinerlei Anhaltspunkte: „Sie haben hier die falsche Angeklagte sitzen!“ Eine steile These, die allein schon durch das Vorstrafenregister der Angeklagten konterkariert ist. Schon drei Mal stand sie wegen ähnlicher oder gleicher Sozialversicherungsbetrugsdelikte vor Gericht, diesbezügliche Schulden hat sie immer noch abzutragen.
Richterin folgt Antrag der Staatsanwaltschaft
So teilte Richterin Linda Blazko ausdrücklich die Einschätzung des Staatsanwalts: Sie hielt es ebenso für lebensfremd, dass die Angeklagte in der gleichen Wohnung keine Kenntnisse vom tatsächlichen Beschäftigungsverhältnis ihres Mannes bekam und orientierte sich bei ihrem Urteil am vorgeschlagenen Strafmaß des Staatsanwalts.