Vor mehr als einem halben Jahrhundert verschlug es Peter Herrmann nach Pfullendorf, er wurde Soldat und blieb der Stadt zeitlebens treu. Jetzt ist er im Alter von 82 Jahren nach einer Krankheit verstorben. Als Herrmann 1962 nach Pfullendorf kam, zählte die Stadt im Linzgau noch 5100 Einwohner. Bürgermeister war Hans Ruck, Stadtpfarrer Elmar Hettler und Regimentskommandeur Oberst Habicht. Ursprünglich wollte Peter Herrmann als Zeitsoldat drei Jahre in Pfullendorf verbringen, aber der Liebe wegen wurden daraus mehrere Jahrzehnte.

Schwere Kindheit führt von Berlin nach Memmingen

Der Verstorbene ist wenige Tage vor Weihnachten 1941 in Rathenow bei Berlin als jüngstes von fünf Geschwistern geboren. Sein Vater fiel im Zweiten Weltkrieg. Mit Ende des Krieges zog die Witwe mit ihren fünf Kindern nach Memmingen in Bayern. Seine Kindheit beschrieb Peter Herrmann stets als „entbehrungsreich“. Die Mutter konnte das Schulgeld für die höhere bayerische Schule nicht aufbringen, so machte Herrmann 1955 im Alter von 14 Jahren einen Hauptschulabschluss und begann dann eine Lehre zum Büromaschinen-Mechaniker. Danach arbeitete er als Geselle. Aufgrund finanzieller Nöte, er musste seine kranke Mutter unterstützen, trat er in die Bundeswehr ein und wurde in Pfullendorf stationiert.

In Pfullendorf fand er sein großes Glück

„Die Altstadt war wunderschön und belebt. Es gab viele kleine Geschäfte, Cafés und Speiselokale. Zum Beispiel das Stadtgartencafé, das Café Görler, das Café Neidhart, die Bäckerstube oder die Vorstadt. Das Mahlerhaus war für seine guten Hähnchen bekannt“, erinnert er sich einmal im Gespräch mit dem SÜDKURIER an Pfullendorf. Im Linzgau lernte er seine Frau Anna-Maria, eine echte Pfullendorferin, kennen und lieben. Geheiratet wurde 1966. Peter Herrmann spielte mit Leidenschaft Fußball, zuerst in Menningen, dann beim SC Pfullendorf und später noch beim FC Singen.

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Großes Engagement als Stadtarchivar und Gemeinderat

Herrmann kümmerte sich um das städtische und spitälische Archiv, war für die Unabhängige Liste von 2005 bis 2009 im Gemeinderat und führte viele Besucher durch die Altstadt. Oft wurde er als Charakterkopf bezeichnet. Peter Herrmann kannte nicht nur die Gegenwart, er beschäftigte sich auch mit der Vergangenheit der ehemals freien Reichsstadt. Er initiierte Führungen durch die historischen Keller in Pfullendorf und gab so Tausenden einen Einblick in die wechselvolle Stadtgeschichte. Er konnte viele Anekdoten über die Brauereien und ihre Keller erzählen. Als einer der Ersten erkannte er das touristische Vermarktungspotenzial der Pfullendorfer Unterwelt und führte zahlreiche Besucher durch die unterirdischen Keller und Gänge. Auch für den SÜDKURIER schrieb er einige Artikel zur Historie der Stadt. Wann immer die Redakteure historische Bilder benötigten, genügte ein Anruf bei Peter Herrmann und er brachte stapelweise Bildmaterial in die Redaktion.

Bild 1: Peter Herrmann stirbt im Alter von 82 Jahren
Bild: Volk, Siegfried

Als „Benefizfeldwebel“ wurde er bekannt

Neben der Geschichte engagierte sich der Heimatforscher auch sozial. Jahrelang organisierte er als Hauptfeldwebel Benefizveranstaltungen zugunsten von Sozialprojekten. Nicht umsonst lautete sein Spitzname „Benefizfeldwebel“. Ein besonderer Coup gelang dem Verstorbenen bei der achten Benefizveranstaltung zugunsten der Herzstiftung, die im November 1989 in der ausverkauften Pfullendorf Stadthalle für Begeisterung sorgte, als um 22 Uhr das Telefon auf der Bühne klingelte und sich Barbara und Hans-Dietrich Genscher bei den Besuchern meldeten. Den Kontakt zum Ehepaar Genscher hatte übrigens der SÜDKURIER hergestellt.

Bestens vernetzt mit Politik und Prominenz

Der legendäre Außenminister war selbst Herzpatient und seine Ehefrau hatte viele Jahre die Schirmherrschaft über die Herzstiftung inne. 1990 besuchte Herrmann Barbara Genscher in Köln, die ihn eingeladen hatte. Herrmann hatte bei der Bundeswehr ein Benefizfußballturnier ins Leben gerufen und wurde 1984 für sein karitatives Engagement mit dem goldenen Ehrenkreuz der Bundeswehr ausgezeichnet. In den 1980er Jahren veranstaltete er in der Stadthalle Pfullendorf die Schlagerparade und holte aufstrebende musikalische Talente wie Howard Carpendale oder Hans Walch in die Stadt sowie bekannte Künstler wie die Wildecker Herzbuben. Dem Schauspieler und Musiker Mark Keller half er gar bei dessen Karrierestart.

1989: Peter Herrmann (Mitte) hatte bei seiner Benefizveranstaltung auch die „Wildecker Herzbuam“ eingeladen, die am Anfang ...
1989: Peter Herrmann (Mitte) hatte bei seiner Benefizveranstaltung auch die „Wildecker Herzbuam“ eingeladen, die am Anfang ihrer Volksmusikkarriere standen. Bilder: Privat | Bild: privat

Bundesverdienstorden für seine Arbeit

30 Jahre lang organisierte er ab 1964 Benefizveranstaltungen und sammelte mehr als eine halbe Million Mark für wohltätige Organisationen wie die Herzstiftung oder „Menschen für Menschen“, aber auch lokale Einrichtungen wie Kindergärten profitierten von seinem sozialen Engagement. 1994 erhielt er den Bundesverdienstorden verliehen für sein soziales Engagement. Peter Herrmann blieb ein fröhlicher Mensch, der sich zum Wohl vieler anderer Menschen einsetzte, obwohl er und seine Frau einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen mussten. Seine ältere von zwei Töchtern ist 1984 im Alter von 18 Jahren tödlich verunglückt. Aufgrund seiner Krankheit zog er sich in den letzten Jahren immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück.