Diesen Weckruf wird Serhiy Kosar nie vergessen: Sein Handy klingelte am vergangenen Donnerstag um 5 Uhr: „Wir werden bombardiert!“, meldete sich sein entsetzter Vater aus der Stadt Lwiw, besser bekannt als Lemberg. Der russische Angriff auf die Ukraine hatte begonnen, und das weltweite Entsetzen über den Aggressor hält an.
Vater alarmiert Sohn über Bombardierung
Hunderttausende Menschen flüchten aus den Kampfgebieten, vor allem Frauen, Kinder und Alte. „Mein Vater bleibt. Er wird die Heimat nicht verlassen“, erzählt der 29-jährige Kosar, der seit einem Jahr in Denkingen wohnt. Das Handy des Familienhelfers steht nicht mehr still. Pausenlos erhält er Hilferufe von Freunden, Verwandten und Bekannten, die ihn um Unterstützung bitten. Schon mehreren Familien hat er geholfen und eine Wohnung besorgt, in der sie vorübergehend untergebracht werden können.
Schwester erreicht mit Familie nach zwei Tagen endlich Denkingen
Seine eigene Familie ist, mit Ausnahme des Vaters, bei ihm in Denkingen. Nach zwei Tagen erreichte seine Schwester Lena mit ihrer Familie endlich das Haus, in dem ihr Bruder wohnt. Und weil die Mutter, wie seit Langem geplant, schon vor 1,5 Wochen ihrem Sohn im Pfullendorfer Teilort einen Besuch abstattete, ist die Familie jetzt (fast) vereint. Täglich telefoniert Serhiy Kosar mit seinem 58-jährigen Vater im 1600 Kilometer entfernten Lemberg, der ihm berichtet, dass in der Stadt die Lebensmittel knapp werden. Denn viele tausend Menschen sind aus den Kampfzonen um Kiew oder Charkiw nach Lemberg geflohen, und die Versorgung dieser Menschenmassen überfordert die dortige Verwaltung. Und die Nachrichten aus Lemberg und der gesamten Ukraine, die Kosar erhält, sind absolut beunruhigend: „Es sieht schlecht aus und ohne Unterstützung wird die Ukraine diesen Kriege verlieren!“
„Das ganze Land wird gehen!“Serhiy Kosar
Wenn Russland tatsächlich sein Land besetzen würde, käme es zu einem Massenexodus, ist Serhiy Kosar überzeugt: „Das ganze Land wird gehen!“ Der Denkinger war im vergangenen Dezember auf Heimatbesuch und auch in der Ukraine habe niemand geglaubt, dass Putin tatsächlich den Krieg beginnt. Dankbar sind er und seine Familie über ungeheure Hilfsbereitschaft, die Geflüchteten aus der Ukraine auch in Deutschland erfahren. Aber, je länger der Krieg dauere, umso mehr Menschen würden flüchten, und zwar oftmals nur mit einem Koffer oder Tasche und für deren Unterbringung werde Wohnraum benötigt. „Kennen Sie jemanden, der eine leer stehende Wohnung hat?“, fragt der 29-Jährige auch den SÜDKURIER-Redakteur.
Herdwangen-Schönach startet Aufruf für Wohnraum
Die Gemeinde Herdwangen-Schönach hat schon einen entsprechenden Aufruf gestartet und Unterkünfte für Geflüchtete können bei der Verwaltung gemeldet werden. „Die Unterkünfte werden nicht dauerhaft, sondern nur übergangsweise benötigt“, heißt es in dem Aufruf und die Schwester von Serhiy Kosar bestätigt dies: „Wir sind glücklich, dass wir hier in Sicherheit sind. Aber wir wollen so schnell wie möglich zurück in die Heimat!“
Sammelstellen für Hilfsgüter in Pfullendorf und Meßkirch
Zahlreiche Hilfsinitiativen und Sammelaktionen wurden seit Kriegsbeginn für die Menschen vor Ort und die Geflüchteten gestartet. In Pfullendorf und Meßkirch wurden Sammelstellen eingerichtet, wo Hilfsgüter abgegeben werden können. Im Bonhoeffer-Haus der Diakonie Überlingen-Pfullendorf ist die Sammelstelle dienstags und donnerstags von 9 bis 11 Uhr geöffnet. „Wir sammeln auch Geldspenden, um den Menschen aus der Ukraine zu helfen, die schon hier in der Region sind, aber aufgrund der unklaren Situation noch keine Anträge auf Unterstützung stellen können“, ergänzt Gerhard Hoffmann von der Diakonie-Geschäftsführung, dass man das Diakonie-Spendenkonto dafür nutzt. Auch die Verantwortlichen des im Bonhoeffer-Haus untergebrachten Kleiderlagers wollen helfen und die Menschen mit Kleidung zu versorgen.
Diakonie Überlingen-Pfullendorf richtet Spendenkonto ein
Wer die Hilfsaktion für die Kriegsopfer in der Ukraine unterstützen will, kann Geld auf das Spendenkonto des Diakonischen Werks Überlingen/Pfullendorf überweisen. Konto: Diakonisches Werk Überlingen- bei der Sparkasse Bodensee (DE 87 6905 0001 0001 0220 11) als Spendenzweck: „Ukraine“ angeben. Es können Spendenbescheinigungen ausgestellt werden.