Rund drei Jahrzehnte, nachdem sich der Stadtverband von „Bündnis90/Die Grünen“ aufgelöst hat, plant eine Gruppe, in Pfullendorf wieder einen Ableger der Partei zu etablieren. Diese Pläne werden bislang allerdings nur von auswärtigen Grünen geschmiedet, obwohl sich die Gruppe seit rund einem Jahr regelmäßig in Pfullendorf zu politischen Gesprächen trifft. „Tatsächlich hat sich bislang kein Grüner aus der Stadt bei uns gemeldet“, berichtet Gerold Schellinger, Mitinitiator der Gesprächsrunde, im SÜDKURIER-Gespräch. Der in Großstadelhofen wohnhafte Schellinger war unter anderem sieben Jahre stellvertretender Vorsitzender des grünen Kreisverbands und kandidierte bei der Kreistagswahl 2024 für die Partei im Kreis Sigmaringen.
Sie nennen sie „Grüne Südost“
Die Treffen in Pfullendorf firmieren unter „Grüne Südost“. Diese Namensgebung soll als Brücke dienen, um die bei Landtags- und Bundestagswahlen in unterschiedlich eingeteilte Wahlkreise Region der Verwaltungsgemeinschaft Pfullendorf zu integrieren. Bei den Runden sind unter anderem die ehemalige Landtagsabgeordnete Andrea Bogner-Unden und Kreisrätin Claudia Pattberg mit dabei, die beide in Wald wohnen. Bekanntlich gehören Pfullendorf, Herdwangen-Schönach, Illmensee und Wald bei Bundestagswahlen zum Wahlkreis „Bodensee“, während man bei Landtagswahlen zum Wahlkreis „Sigmaringen“ zählt.
Stadtverband löst sich 1996 auf
Die Inaktivität der einstigen Grünen in Pfullendorf kann sich Gerold Schellinger nicht wirklich erklären. „Sie sind in der Versenkung verschwunden“, gibt er die Hoffnung dennoch nicht auf, die nächsten Monate wieder Mitstreiter aus der Linzgaustadt zu finden. Wobei er für die Gründung eines grünen Ortsverbands keinen Zeitpunkt nennt, sondern dies ein „weitreichendes Ziel ist.“
Zuletzt 1994 zur Wahl angetreten
Der Pfullendorfer Stadtverband hatte sich im Jahr 1996 nach internen Querelen aufgelöst. Bei der Kommunalwahl 1994 waren die Grünen letztmals mit einer eigenen Liste angetreten und Vera Heim-Senn wurde in das Gremium gewählt. Sie wechselte nach dem Aus des grünen Stadtverbands in die Fraktion der Unabhängigen Liste. Nachrücker auf der grünen Liste war Paul Werst und damit letzter offizieller grüner Mandatsträger. Nach dem Scheitern des grünen Ortsverbands gab es nach Angaben von Gerold Schellinger in späteren Jahren Bemühungen, mit der Fraktion der Unabhängigen Liste wegen einer möglichen Zusammenarbeit ins Gespräch zu kommen, was allerdings scheiterte.
Verdruss über negatives Image
„Nun versuchen wir, in Pfullendorf wieder Fuß zu fassen“, berichtet Schellinger vom jüngsten Treffen der auswärtigen aktiven Grünen. „Für uns ist es unbegreiflich, wie sehr die negative Imagekampagne gegen die Grünen immer noch wirkt, weitergeführt wird und auch bei jungen Leuten verfängt“, verhehlt er seine Enttäuschung und Empörung nicht. Dabei sei längst erwiesen, dass viele Initiativen der Grünen in Regierungsverantwortung in der Zeit der Ampelkoalition sinnvoll und richtig gewesen sei. „Es fällt uns schwer zu verstehen, dass der Schutz der Umwelt insbesondere für viele junge Leute, für die die Auswirkungen und fatalen Folgen des Klimawandels eine hohe Bedeutung haben werden, negativ besetzt und unpopulär ist.“
Vorteile von E-Autos
Dann stellt die Gruppierung eine steile These in den Raum: „Es scheint so, als würden Informationen über die Vorteile innovativer und klimaschonender Technik und die möglichen Einsparungen bei umweltbewussten Alltagsentscheidungen bewusst zurückgehalten.“ Als Beispiel nennt er den Autohandel, wo nach seinen Angaben viele Händler immer noch vom Kauf eines E-Autos abraten würden. In grünen Kreisen würde hingegen von den Vorteilen der Elektromobilität wie deutliche Einsparungen in Bezug auf Verbrauchs- und Werkstattkosten berichtet.
Plastiklöffel in der Eisdiele
Trotz aller negativen Folgen des Klimawandels würden viele Menschen die Augen verschließen und darin von sozialen Medien und Rechtspopulisten noch bestärkt. Darüber hinaus bemerke man ein schleichendes Unterlaufen von Umweltschutzgesetzen, nennt Schellinger beispielhaft, dass in vielen Eisdielen weiter Plastiklöffel verwendet würden, wobei der Aufdruck „re-usable“ deren Wiederverwendung vorgaukle. Auch Plastiktüten würden in vielen Supermärkten wieder angeboten, mit dem Hinweis auf die mögliche Mehrfachverwendung. „Für uns unglaublich“, zürnt der Grünenvertreter.
Nächstes Treffen
Das nächste Gruppentreffen ist für Dienstag, 12. August, um 19 Uhr im Barfüßer Brauhaus in Pfullendorf geplant und Interessenten sind dazu eingeladen.