Dass Pfullendorf ab dem frühen Mittelalter Sitz mehrerer Ordensgemeinschaften war, dürfte wohl nur wenigen Einheimischen bekannt gewesen sein. Die Pfullendorfer Gästeführerinnen haben diese neue, informative Tour auf die Beine gestellt. Mit 20 Teilnehmern startete die erste Führung unter Sigrid Nipp beim ehemaligen Franziskanerinnenkloster.

Am Anfang stand eine Beginengemeinschaft
Dort berichtete sie über die Bildung einer Beginengemeinschaft in der Reichsstadt Pfullendorf in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. In dieser Anfangsphase widmeten sie sich dem religiösen Leben und der Krankenpflege und mussten selber für ihren Lebensunterhalt sorgen. „Dies geschah mit Handarbeiten, Hilfsdiensten in Kirchen, Krankenpflege und Schuldiensten“, so Gästeführerin Nipp: „Sie haben freiwillig auf Ehe und Vermögen verzichtet und in Keuschheit, Armut, teilweise auch durch Betteln ihr Dasein gefristet.“
Eintritt in den Orden des Franziskus
Die Schwestern hatten sich im Jahr 1350 entschlossen, in den heiligen Orden des Franziskus einzutreten. Zunächst wohnten sie in einem Haus an der Stadtmauer. Im Jahre 1403 erwarben die Schwestern ihr neues Domizil gegenüber der Kirche und in der Nähe der Dominikanerinnen, wo das Kloster bis zur Auflösung seinen Standort hatte. Beim Konzil in Trier wurden die Franziskanerinnen dazu gedrängt in die Klausur zu gehen und die drei Gelübde abzulegen. Sie erhielten daraufhin den grauen Habit und wurden sodann auch als graue Schwestern bezeichnet.
Aber nicht alle Schwestern konnten diesem Beispiel folgen – sie waren einfach zu arm und mussten für ihren Lebensunterhalt selber sorgen. Mit kleinen Webereien, Handarbeiten, Herstellung von Tischdecken und Kerzen, die sie für das Spital produzierten, verdingten sie sich. Dem Kloster wurde dann später erlaubt, selber Güter zu besitzen und auch selber eine Kapelle zu bauen. So konnten sie nun auch ein paar Äcker und Wiesen besitzen und auch Stiftungen annehmen. Zudem konnten sie die Mitgift behalten, die Frauen bei ihrem Eintritt ins Kloster mitbrachten.
Dem Kapuzinerorden zugewandt
Sigrid Nipp berichtete, dass der Franziskanerorden nicht so eifrig die Umsetzung der strengen Regeln forcierte. Als Beispiel berichtete sie von einer Nonne, die sich über einen reisenden Pater beschwerte. Dieser habe sie bei der Hand genommen und „genötigt zum Tanze“. Und ein besonders dreister Pater hätte sich, obwohl einige Schwestern sich schon im Bettstand befanden, ins Schlafgemach hineingewagt, die Betten aufgedeckt „und sich darin gefurcht“. Da trotz ihrer Beschwerden keine Besserung erfolgte, wandten sich die Schwestern dann dem Kapuzinerorden in Meßkirch zu und traten diesem bei. Dort herrschten allerdings viel strengere Ordensregeln, die sich die Pfullendorfer Schwestern aneignen mussten. Im Verlaufe war es dann den Schwestern auch erlaubt, ein Pensionat für höhere Töchter zu betreiben. Das Schulgeld betrug 12 Kreuzer im Vierteljahr und einen Scheit Holz mussten die Mädchen immer im Winter mitbringen.

Mit der Säkularisierung wurden alle Klöster aufgelöst und die zehn Nonnen, zwei Laienschwestern und eine Magd durften vorläufig im Kloster bleiben. Der seither in städtischem Besitz befindliche Klosterbau diente ab 1894 unterschiedlichen schulischen Einrichtungen und bietet nach Umbaumaßnahmen im Jahr 2000 Unterkunft für Notariat, Grundbuchamt, Musikschule und Ratssaal.

Sigrid Nipp führte dann die Gruppe weiter zum Dominikanerinnenkloster, beim heutigen Bürgersaal, früher die Burg vom Grafen von Pfullendorf, dann Ramsberger Schlössle und darauf Herberge für die umherreisenden Dominikanerbrüder. Später wurde das Domizil dann als weißes Kloster bezeichnet.
Zugang zur Stadtkirche für die Schwestern

Beide Klöster hatten jeweils einen überdachten Gang, um ungesehen von den Leuten in die Stadtkirche auf den Dachboden hinein zu gelangen. Anschließend zeigte die Führerin im Inneren die fünf „Chörchen“ an der Nordseite der Kirche mit den kleinen Butzengläsern, von denen aus die Franziskanerinnen der Messe beiwohnen konnten. Auf der gegenüberliegenden Seite war der Platz der Dominikanerinnen.
Dominikanerinnen im Johnerhaus
Die nächste Station der Führung war das ehemalige Johnerhaus, das von den Dominikanerinnen gekauft wurde und die sich dort einen Betraum einrichteten. In der 1687 eingeweihten Klosterkirche, im heutigen Trau-Zimmer, erläuterte Frau Nipp dann das Ende des Klosters im Zuge der Säkularisierung. Die vier Altäre sind verschwunden, die 14 Stationen der Kreuzgänge wurden in der Stadtkirche an der Süd- und Nordseite aufgehängt. Die Orgel wurde abgerissen und dann später in Maria Schray wieder aufgebaut.

Als eine der Aufnahmebedingungen im ersten Lehr- und Probejahr mussten die Eltern jeweils 35 Florin zahlen (1 Florin gleich 1 Gulden). Beim Fest des Gelübde-Ablegens mussten die Eltern 500 Florin bar bezahlen oder echte Zinsbriefe bringen. Weiterhin sicherten sich die Klosterfrauen die Rechte auf das Erbe. Überdies trugen die Eltern auch die Kosten des Festes. Das Schlafgemach im Kloster bezahlten die Eltern. Wenn die Eltern nicht über so viel Bargeld verfügten, konnte dies auch über Grundstücke ausgeglichen werden. Am Ende der Feier erhielten die Töchter ein „Seelentrösterlein“ – ein nacktes Jesuskind. Damit konnten sie sich besser von der Familie lösen und sich im Klosterleben leichter zu recht finden. Mit der Zeit hatten die nackten Figuren zu Problemen geführt und wurden deshalb in der Folge mit wertvollen Stoffen und Edelsteinen bekleidet.

Die nächste Station der Tour führte wieder vor das ehemalige Ramsberger Schlössle. „Der erste Wolkenkratzer“ mit sechs Stockwerken betitelte Sigrid Nipp das aufragende Gebäude. Durch die Klosterpassage ging es anschließend hinunter in den Klosterhof und noch weiter hinab in die Gruft. Der frühere Betraum vom Johnerhaus war in den Gewölben weit unter dem Straßenniveau angesiedelt. Noch tiefer lag die eigentliche Gruft, wo insgesamt 37 Nonnen beigesetzt wurden. Der Pfullendorfer Magistrat beschloss später, dass die Gruft ausgeräumt werden musste. Dabei sollen wohl die Gebeine der Nonnen brutal in ein Loch auf dem Friedhof hineingeworfen worden sein. Es wurde keine Inschrift an diesem Grab angebracht, so dass niemand wusste, wo die Nonnen ihre letzte Ruhestätte gefunden hatten. Zum Ende der Führung gab es für alle Zuhörer noch eine süße Belohnung – ein Rezept für das bekannte „Nonnenfürzle“.