Bislang war die Sache klar: Der Name Pfullendorf kommt von „Dorf am Pfuohl“, weil der Ort früher im Süden von mehreren, wohl leicht sumpfigen Weihern begrenzt wurde. Der heutige Stadtsee ist ein Überbleibsel davon. Generationen von Schülern haben das so vermittelt bekommen. Auch Ralph Keller, der in Herdwangen geboren wurde, aber in Pfullendorf zur Realschule ging. Der heute 47-Jährige hat sich schon immer für Geschichte interessiert, ist mittlerweile promovierter Archäologe und hat sich mit einem Büro für Archäologie und Grabungstechnik selbstständig gemacht. Im Historischen Ratssaal referierte er zur Pfullendorfer Siedlungsgeschichte in vorschriftlicher Zeit. Und da ging es von der Jungsteinzeit bis ins Mittelalter.
Region ist seit dem Jahr 3500 vor Christus bewohnt
Doch wie kann man etwas nachweisen, wenn es keine schriftlichen Quellen gibt? Eine Erwähnung von Pfullendorf in Chroniken gibt es erst ab 1080. Doch gewohnt wurde in der Region schon seit der Jungsteinzeit, wie Funde bei Ruhestetten belegen, die auf das Jahr 3500 vor Christi datiert sind.
Zwei Brandgräber wurden ausgegraben
Bei Aach-Linz hat man eine Siedlung gefunden, wie Keramik und Steinwerkzeuge belegen. Im Boden beim heutigen Edeka in Pfullendorf schlummerte ein Steinwerkzeug, in der Pfarrhofgasse eine Grube mit Steingeräten und im Gewann Goldäcker eine Grube mit Scherben aus der Frühbronzezeit.
Im „Ziegeläcker“ (heute Edeka) wurden 1949/1950 auch zwei Brandgräber ausgegraben, die aus dem 13. Jahrhundert vor Christi stammen dürften. Sicher gibt es noch Zeitzeugen, mit denen Ralph Keller gerne sprechen würde. Das gilt auch für die Nachfahren von Küfermeister Rusch, die eventuell im Besitz einer etwa 19 Zentimeter langen Speersitze aus dem neunten Jahrhundert vor Christi sein könnten, die vor dem 2. Weltkrieg im Wattenreute „Auf dem Kreuzacker“ beim Pflügen gefunden wurde.
Hieß die Siedlung wirklich „Pfullindorf“?
Keltische Grabhügel bei Otterswang, eine spätkeltische Viereckschanze bei Aach-Linz oder spätkeltische Eisenbarren, die 1935 beim Bau des Waldbades gefunden wurden, die Erde hat durchaus im Pfullendorfer Raum Relikte aus längst vergangener Zeit zu bieten. Sicher ist: Die Römer waren später da und haben auch Münzen hinterlassen. Dass aber Pfullendorf ursprünglich eine römische Siedlung war, das ist längst widerlegt. Keller ist überzeugt, dass das frühmittelalterliche Dorf sich bei der heutigen Otterswanger- und Überlinger Straße befand. Und da gab es keine Weiher oder Pfuhle. Später zogen die Menschen auf die Anhöhe des Molassefelsens. Der Archäologe ist überzeugt, dass die Sache mit dem „Pfuohl“ nicht zutrifft. Vergleichbare Ortsnamen deuten auf einen Mann namens Pfullo und die Ansiedlung hieß ursprünglich „Pfullindorf“, was „Dorf des Pfullo“ bedeutet. Im Laufe der Zeit wurde daraus der heutige Stadtname. Bei den Geschichtsinteressierten wird diese Erkenntnis wohl für Diskussionen sorgen.