Der Weg von Pfullendorf nach Afrika führt über eine – noch kleine – Firma im Industriegebiet „Hesselbühl“. Dort hat sich die Firma Off-Grid Europe angesiedelt, deren Energiecontainer im westafrikanischen Senegal Strom in 300 Dörfer bringen sollen, später sollen 500 Dörfer dazu kommen. Nun hatte Geschäftsführerin Christiane Kragh, die 2010 mit Ehemann Mark das Unternehmen gründete, die Gelegenheit, als Mitglied einer Wirtschaftsdelegation Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei dessen Reise in den Senegal zu begleiten, und erzählte im SÜDKURIER-Gespräch ihre Eindrücke. „Das war spannend, interessant und absolut aufregend“, ist der Projektmanagerin, die Design studiert hat, auch Tage später noch die Freude an diesem besonderen Besuch im Sengal anzusehen. Neben Kragh waren Vertreter von weiteren fünf Unternehmen als Wirtschaftsdelegation im Flieger, der vom Militärflughafen Berlin-Schönefeld in Richtung Senegal abhob.

Erfolgreiche Bewerbung beim Bundespräsidialamt

„Wir haben uns beworben“, lautet die simple Antwort von Kragh auf die Frage, wie das Bundespräsidialamt überhaupt auf die Pfullendorfer Firma aufmerksam wurde. Sie hatte von einem Geschäftsfreund mitbekommen, dass man sich für den Besuch bewerben könne und so füllte sie ein Formular aus, stellte die Firma vor und nach wenigen Tagen war die Zusage da, was im Pfullendorfer Unternehmen für eine riesige Freude sorgte.

Energiecontainer aus Pfullendorf

Bei der Ankunft in der Hauptstadt Dakar wurde die deutsche Delegation von einem großen offiziellen Empfang durch Staatspräsident Macky Sall überrascht. Der Autokonvoi fuhr durch abgesperrte Straßen und überall waren deutsche und senegalesische Fahnen zu sehen. Bei einem Meeting stellte Christiane Kragh ihr Unternehmen, das im Senegal eine Tochterfirma gegründet hat, mehreren Ministern vor und später kamen Bundespräsident Steinmeier und sein Amtskollege Sall zu der Vorstellungsrunde hinzu, und Beide zeigten sich äußerst interessiert, was es mit den Energiecontainern aus Pfullendorf auf sich hat.

Der „Energiecontainer“ wird eingezäunt, wobei sämtliche Arbeiten von den Beschäftigten der senegalesischen ...
Der „Energiecontainer“ wird eingezäunt, wobei sämtliche Arbeiten von den Beschäftigten der senegalesischen Tochtergesellschaft erledigt werden. | Bild: Off-Gride Europe

Stromversorgung für hunderte Dörfer erleichtert das Leben der Bewohner

Diese Container enthalten kapazitätsstarke Akkustationen, mit denen Solarstrom gespeichert und später an Verbraucher abgegeben werden kann. Die Energie stammt von aufgeständerten Solar-Paneelen. In Pfullendorf werden die Kästen vorgefertigt und dann in den Senegal verschifft, wo die Mitarbeiter der Tochterfirma die Energiecontainer binnen vier Tagen betriebsbereit aufbauen. Die Anlage wird im Anschluss an einen heimischen Netzbetreiber übergeben, der den Strom in die Häuser liefert. Die Leitungen in den Dörfern werden von heimischen Firmen verlegt. In den Gebäuden ist für die Abrechnung ein Zähler eingebaut. Für viele Dörfer in entlegenen Regionen, wo es kein Leitungsnetz gibt, bedeutet der Energiecontainer die einzige Chance, dass sie Strom bekommen, wobei die Regierung das ehrgeizige Ziel vorgegeben hat, bis 2025 den gesamten Senegal zu elektrifizieren.

Die Energie für den Container stammt von Solar-Paneelen.
Die Energie für den Container stammt von Solar-Paneelen. | Bild: Off-Gride Europe

Das Leben in den Dörfern verändert sich durch den Strom enorm, vor allem für die Frauen. Jetzt hat man Strom für Wasserpumpen, und so müssen die Frauen nicht mehr kilometerweit Wasser schleppen. Bei den Fundamenten für die Container wird kein Beton verwendet, da man hierfür Wasser braucht, das in der Region absolute Mangelware ist.

Tochterfirma im Senegal hat schon 45 Beschäftigte

Die Off-Grid-Tochterfirma in Afrika beschäftigt schon rund 45 Mitarbeiter und soll weiter wachsen, erläutert Christiane Kragh, womit man auch eine Kernforderung der senegalesischen Regierung erfüllt, für die die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort sowie verbesserte Kreditmöglichkeiten für das Land höchste Priorität haben. 90 Prozent der Technik und des sonstigen Materials werden übrigens in Deutschland produziert, wobei das Equipment vom deutschen TÜV geprüft wird. Insgesamt werden für den Energiecontainer rund 2500 verschiedene Komponenten benötigt und verbaut.

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Firmenchefin sieht positive Entwicklung in Afrika

Corona sorgt auch bei Off-Grid Europe für Preissteigerungen bei Materialien, längere Lieferfristen und erhöhte Transportkosten. Welche Probleme die Globalisierung mit ihren weltweiten Lieferketten bereiten kann, sei erst während der Pandemie richtig sichtbar geworden, geht die Firmenchefin diese Herausforderungen aber optimistisch an. Mut macht ihr auch die positive wirtschaftliche Entwicklung in Afrika, die man unterstützen müsse.

Firma tüftelt an leistungsstärkeren Energiecontainern

„Wir wollen weiter wachsen“, gibt Christiane Kragh als Unternehmensziel vor, wobei die afrikanische Tochtergesellschaft vor Ort selbst neue Projekte finden soll und später will man auch Teile der Produktion in den Senegal verlagern. In Pfullendorf tüftelt man derzeit an der Nutzung größerer Einheiten, sodass man Energiecontainer mit einer Stromleistung von 1,8 Megawatt liefern kann.