Wie geht es Ihnen nach der überstandenen Corona-Erkrankung?
Bei mir war es wie eine leichte Grippe, aber ich fühle mich gesund. Bei der Arbeit würde ich sagen, dass ich bei 98 Prozent Leistung bin (lacht)
Wie hat sich Corona auf die Finanzen der Stadt ausgewirkt?
Uns fehlen 2020 3 Millionen Euro. Gut war, dass wir den Haushalt erst Mitte des Jahres verabschiedet haben, und so schon Einsparpotenziale einspeisen konnten. Die Entwicklung 2021 ist noch undurchsichtig. Wir werden verwaltungsintern im Januar die Zahlen aufarbeiten. Wir haben zwar einen massiven Einnahmerückgang, aber kein strukturelles Problem. Wir wollen nicht an der Infrastruktur sparen oder gar Einrichtungen schließen. Es sind auch keine Gebührenerhöhungen geplant. Aber endgültig wird das bei den Haushaltsberatungen besprochen, wenn die Zahlen für 2021 klar sind.
Im Kreistag haben Sie als CDU-Fraktionschef erklärt, dass viele Gemeinden in den nächsten Jahren schwer mit den Folgen von Corona kämpfen müssten?
Viele Gemeinden haben mit der Haushaltsumstellung auf Doppik Schwierigkeiten, um ihre Abschreibungen zu erwirtschaften. Dazu kommen Steuerausfälle und durch die Kurzarbeit haben Bund und Land weniger Steuereinnahmen und dementsprechend werden Gemeinden weniger Schlüsselzuweisungen erhalten. Dieses Problem kommt, finanztechnisch gesehen, auf den Landkreis erst in zwei Jahren zu. Auch deshalb war es richtig, dass der Kreistag die Senkung der Kreisumlage um zwei Punkte beschlossen hat. Das bedeutet für Pfullendorf eine Entlastung von 210 000 Euro.
Im neuen Jahr stehen wegweisende Entscheidungen für den Schulstandort Pfullendorf an. Wie ist der Sachstand bei der geplanten Verbundschule, die am Standort Sechslinden entwickelt werden soll?
Das Jahr 2020 haben wir bei der Entwicklung des Schulstandortes verloren, auch weil coronabedingt keine Absprachen mit Regierungspräsidium und Land möglich waren. Klar ist, dass wir die Realschule vom bisherigen Standort am Eichberg auf das Gelände der Sechslindenschule verlagern wollen. Mit den Rektoren haben wir einen Soll-Ist-Abgleich gemacht und den Raumbedarf ermittelt, stets mit dem Gedankenspiel mit und ohne Grundschule am Sechslindenstandort.
Der Gemeinderat hat ja den entsprechenden Planungsbeschluss gefasst.
Das stimmt. Aber derzeit blockiert das alte Realschulgebäude quasi die Planungen. Für den Bau dieses Gebäude hat der damalige Bauherr, der Altkreis Überlingen, einen Zuschuss erhalten, der zweckgebunden und ewig ist.
Das heißt, die Stadt müsste diesen Zuschuss an das Land zurückzahlen?
Ja. Aber, das wäre finanziell betrachtet, sicher nicht das Problem.
Sondern?
Das Land muss das alte Schulgebäude offiziell freigeben und damit die Notwendigkeit für einen Neubau bestätigen, für den dann Zuschüsse fließen würden. Der Zustand des Altgebäudes ist noch nicht final bestätigt, sodass wir noch in der Luft hängen.
Auf dem Sechslinden-Standort soll auch das neue evangelische Kindertagheim gebaut werden?
Ja. Derzeit sind wir in Gesprächen mit der evangelischen Kirche über die nächsten Verfahrensschritte. Es geht beispielsweise darum, ob wir einen Wettbewerb ausschreiben und wie wir die Baubetreuung vertraglich regeln. Baubeginn soll 2021 sein.
Beim Campingplatz will die Stadt 2021 nochmals einen Anlauf starten. Bedeutet das, die Suche nach einem privaten Investor oder wird das eine städtische Angelegenheit?
Es geht hier um die Grundsatzproblematik der Emissionswerte, sprich des Schallschutzes. Für Campingplätze gelten sehr hohe Standards und gegenüber befindet sich das Industriegebiet „Theuerbach“. Durch die hohen Emissionsvorgaben für Camping könnte die Entwicklung der dortigen Unternehmen gefährdet sein. Wenn wir also das Gelände an einen potenziellen Campingplatzbetreiber verkaufen, könnten im Extremfall Regressforderungen auf uns zukommen. Deshalb wollen wir das Vorhaben in städtischer Hand behalten. Wir suchen also keinen Privatinvestor, der das Ganze für sich durchführt; die Stadt sollte hier die Hand drauf haben.
Aber die Eigentümer- beziehungsweise Projektbetreiberfrage ändert doch nichts an den Schallschutzvorgaben?
Das ist richtig. Aber, wenn die Stadt als Eigentümer der Fläche, auf mögliche Regressforderungen verzichtet, dann könnte beispielsweise unser Eigenbetrieb „Seepark“ den Campingplatz betreiben. Das lassen wir von einem Verwaltungsrechtler juristisch prüfen. Um den Schallschutz zu genügen, würden wir auf dem Areal auch weniger Zeltplätze ausweisen, dafür mehr kleine Hütten in Blockbauweise und Abstellplätze für Campingmobile. Der Bedarf ist da.
Der Neubau des Pflegeheims ist beschlossene Sache. Was geschieht mit dem alten Pflegeheim und dem angrenzenden Ärztehaus?
Bekanntlich ist das Pflegeheim eine Einrichtung des Spitalfonds und wir dürfen entsprechend dem Stiftungsrecht vorhandenes Vermögen, in diesem Fall das Gebäude, nicht einfach weggeben. Intern haben wir schon überlegt, welche öffentliche Nutzung möglich wäre. Vielleicht brauchen wir ja für andere Zwecke das Gebäude oder nur das Erdgeschoss. Und beim Ärztehaus gibt es einen hohen Sanierungsbedarf.
Wäre nicht eine Option, das spitälische Pflegeheim für einen symbolischen Preis an einen Investor zu überlassen, der dort günstigen Wohnraum schafft?
Eine Lösung durch Dritte, sprich ein privater Investor, ist aus meiner Sicht eine geeignete Option. Die Stadt hat jetzt schon viele Gebäude, die hohe Unterhaltskosten verursachen. Klar ist, dass wir uns mit dem Problem des knappen Wohnraums beschäftigen, und was Pflegeheim und Ärztehaus angeht, in den kommenden drei Jahren eine Lösung finden.
Auch in Pfullendorf wächst der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, nicht nur für Familien, sondern auch für Senioren. Die Stadt hat ihr Projekt „sozialer Wohnungsbau“ vorerst auf Eis gelegt, aber nicht aufgegeben, oder?
Das Projekt wird nicht aufgegeben. Wir hatten im Haushalt 2,8 Millionen Euro veranschlagt, die derzeit nicht finanzierbar sind. Deshalb haben wir uns ja entschieden, am Bannholzerweg Wohncontainer aufzustellen, um den von Obdachlosigkeit bedrohten Menschen eine Unterkunft zu bieten. Wir halten auch Ausschau nach einem Investor, mit dem das Vorhaben „sozialer Wohnungsbau“ umgesetzt werden könnte.
Viel Geld hat die Stadt in die Hand genommen, um für die Innenstadt neue, attraktive Geschäfte zu gewinnen. War die Aktion aus ihrer Sicht erfolgreich?
Das Medienecho war positiv, das Marketingkonzept „Ich lebe hier – Ich kaufe hier“ ist sehr erfolgreich. Unser Ansatz war richtig. Alle Geschäfte, die quasi angeschoben wurden, funktionieren noch. Aber klar ist, es könnte noch mehr kommen.
Ein großes Geheimnis ist, wer das letzte Grundstück auf dem Bahnareal gekauft hat. Was wird dort gebaut?
Es geht um eine innovative Geschichte und mit dem Investor ist Vertraulichkeit vereinbart. Im Februar soll der Kaufvertrag unterzeichnet werden.
Welche Entscheidung hat Sie 2020 besonders gefreut, welche geschmerzt und auf welche hätten Sie gerne verzichtet?
Die Eröffnung des zweiten Bauabschnittes der Umgehung war ein Highlight, dass der dritte Abschnitt bis irgendwann verschoben wird, hat geschmerzt. Auf alles, was mit Corona zu tun hat, hätte ich gerne verzichtet.
Welche Schlagzeile würden Sie 2021 gerne im SÜDKURIER lesen?
Corona ist Vergangenheit und hat seinen Schrecken verloren.