Da staunten selbst Besucher, die sich mit Chorgesang auskennen. „Les Amis du Chant“ begeisterten an einem herrlichen Samstagabend die Menschen in der Jakobus-Kirche. Da war A-Capella-Gesang in Spitzenqualität und eine hervorragende Werbung für den Gesang. 15 Frauen und zwölf Männer sorgten dafür, dass die Zuhörer über eine Stunde voll konzentriert dem Programm folgten, das vom Barock bis zur Gegenwart reichte und damit auch deutlich machte, wie vielfältig die Chorliteratur ist. Dazu ließ Laurent Felten mit großem Können die Albiez-Orgel solo erklingen. Im Gegensatz zu ähnlichen Konzerten war die Besucherzahl gar nicht schlecht.
Stücke von lebenden Komponisten
Das Repertoire des Ensembles, am Anfang auf Madrigale beschränkt, hat sich erheblich erweitert und umfasst heute alle möglichen Stilrichtungen. Zahlreiche Auftritte, 600 an der Zahl, in Luxemburg und im Ausland (Deutschland, Frankreich, Belgien, Österreich, Schweiz, England, Italien, Rumänien sowie Portugal) dürften für die Qualität und Flexibilität des Ensembles sprechen. Von der Klassik bis zum Jazz reicht das Programmspektrum. Und wenn der Chor es möchte, dann wird auch mal ein Gospel gesungen.
Amateur-Chor brilliert auch bei unbekannten Werken
In Pfullendorf waren es eher unbekanntere Stücke und das auch von noch lebenden Komponisten wie Arvo Pärt (“Da Pacem“ mit eindrucksvoll modulierten Stimmen), Ola Gjeilo (“Ubi Caritas et amor“) und Javier Busto, der gleich zwei Stücke für das Konzert lieferte. Sein „Ave Maria“ interpretierten die „Freunde des Gesangs“ überaus zärtlich und voller Gefühl. Es war nicht das sogar aus der Hitparade bekannte Ave Maria, sondern eine Komposition, die vom Chor eine ganze Menge abverlangte. Das gilt auf jeden Fall auch für „The Deer‘s Cry“ von Arvo Pärt. Der Esthe ist Vertreter der Neuen Einfachheit und gilt als einer der bedeutendsten lebenden Komponisten Neuer Musik. Und seine Werke sind nicht einfach zu singen. „Der Chor ist nicht immer begeistert, wenn wir Pärt im Programm haben“, verriet Fränz Theis dem SÜDKURIER. Dabei gab es keinen Patzer, keinerlei Unsicherheit und selbst die schwierigsten Stellen wurden perfekt gemeistert. Man hatte den Eindruck, dass hier Profis am Werk sind. Doch Theis versicherte, dass alle Chormitglieder Amateure sind.
Beeindruckendes Sopransolo
Die Perfektion ist eines der Merkmale der Luxemburger, ein anderes dürfte der Umgang mit Lautstärke sein. Mit bombastischen Stimmen oder nahezu geflüstert, es war mehr als beeindruckend, was hier geboten wurde. Und immer wieder auch Stücke, die zum Träumen anregten. Und auch eine Engelsstimme gab es zu hören. Das Sopransolo von Josiane Fanck-Stephanie bei „Only in Sleep“ des mehrfach ausgezeichneten Letten Eric Esevalds kann man nicht anders bezeichnen. Kann eine Stimme reiner sein? Der Laie wird sagen „nein“. Und die Profis? Die werden vielleicht neidisch sein, dass sie keine solche Stimme in ihrem Ensemble haben.

Von Pop-Musikern beeinflusst
Und auch über einen Organisten wie Laurent Felten kann man nur lobende Worte finden. Er verstand es ausgezeichnet mit dem Präludium in e-Moll von Nicolas Bruhns und Felix Mendelssohn-Bartholdys Sonate in d-Moll opus 68 Nr. 6 der Orgel in St. Jakobus ihre volle Klangfülle zu entlocken, die sie zur wahren Königin der Instrumente macht. Mit „Mad Rush“ von Philip Glass interpretierte Felten ein Stück des US-Amerikaners, der als einer der Superstars der Minimalmusik gilt und auch viele Pop-Musiker wie David Bowie und Brian Eno beeinflusst hat. Mit Woody Allen und Leonard Cohen hat er zusammengearbeitet. Opern und Filmmusiken wurden mit Begeisterung aufgenommen. Und „Mad Rush“ in der Jakobuskirche ebenso.

Konzert für Fassadensanierung
Wie hatte Dina Trost in Vertretung des erkrankten Stadtpfarrers zu Beginn versprochen? „Es erwarten sie ein Querschnitt vieler Stilrichtungen.“ Da wollte am Schluss des Konzerts wohl niemand widersprechen. Vielfalt, Qualität und sehr sympathische Frauen und Männer mit herrlichen Stimmen. Was will der Menschen mehr? Ganz bestimmt ein Wiedersehen. Schließlich sangen „Les Amis du Chant“ für die anstehende Renovierung der Außenfassade der Kirche. Und die wird eine Menge kosten. Dass sie nötig ist, sieht man auf den ersten Blick. Nötig sind aber auch solche qualitätsvollen Veranstaltungen. Und wenn es als Zugabe noch ein gesungenes „Vater unser“ in französischer Sprache gibt, dann ist das ein kleines Geschenk auf den Heimweg. Doch zuvor gab es noch ein kleines Pläuschchen vor der Kirche bei einem Glas Sekt.
„Wunsch ist in Erfüllung gegangen“
Der 74-jährige Fränz Theis leitet „Les Amis du Chant“ seit der Gründung im Jahr 1978.
Herr Theis, waren Sie schon einmal mit dem Chor in Pfullendorf?
Natürlich, aber nur im Hotel, als wir 2015 in Meßkirch aufgetreten sind. Da haben wir aber auch die Jakobuskirche besucht und waren total begeistert vom Innenraum und der außergewöhnlichen Akustik. Hier wollten wir einmal singen. Dieser Wunsch ist jetzt in Erfüllung gegangen.
Wo waren Sie sonst noch in der Region?
2001 haben wir in Beuron eine Messe gesungen. 2004 haben wir in Sauldorf-Bichtlingen in der Kirche ein Konzert gesungen und dabei auch Mértola kennengelernt, der mittlerweile Stadtpfarrer in Pfullendorf ist. 2015 traten wir im Saal des Schlosses auf. Da haben wir aber Jazz gemacht und hatten eine Combo dabei. Es war eine Benefizveranstaltung für die Kirchenrenovation. Jetzt ist die Kirche fertig und wir werden dort ebenfalls singen. Schließlich ist noch eine neue Orgel in Planung. Und da helfen wir wieder.
Wer trägt die Kosten für das Konzert und wie sieht es mit dem Nachwuchs aus?
Es ist eine Benefizveranstaltung. Da tragen wir die Kosten für den Bus und das Hotel selbst. Das ist selbstverständlich. Mit Nachwuchs haben wir bislang immer Glück gehabt. Viele waren Schüler unserer Gesangspädagogin.
Fragen: Karlheinz Fahlbusch