Die Gerüchteküche brodelte schon länger, jetzt ist es Gewissheit: Ralph Gerster, Bürgermeister von Herdwangen-Schönach, wird bei der Bürgermeisterwahl in Pfullendorf am 23. Oktober als Kandidat antreten. Dies verkündete der 51-Jährige den Gemeinderäten in der Sitzung am Dienstagabend. „Nach zwölfeinhalb Jahren als Gemeindeoberhaupt von Herdwangen-Schönach fühle ich mich für einen Wechsel in die – gemessen an der Einwohnerzahl – dreimal größere Kommune gewappnet“, sagte Gerster. Ihm sei es wichtig, die Gemeinderäte persönlich zu informieren; am Vormittag habe er die Mitarbeiter der Verwaltung von seinem Vorhaben in Kenntnis gesetzt.

Offizielle Ausschreibung erfolgt am 5. August

Die offizielle Stellenausschreibung wird am 5. August erfolgen, Ralph Gerster kann also ab 6. August seine Bewerbung abgeben und damit den Hut in den Ring werfen. „Bürgermeister Thomas Kugler wird im Januar 2023 eine überdurchschnittlich vitale und vielfältige Stadt mit spannenden Entwicklungspotenzialen übergeben“, betonte Gerster in seiner hoch emotionalen Rede. Dementsprechend rechne man mit mehreren hochkarätigen Bewerbern. „Auch ich möchte versuchen, die Pfullendorfer Bürgerschaft von meinen Qualitäten als Bürgermeister zu gewinnen“, sagte Gerster. Die Entscheidung habe er mit seiner Ehefrau Diana und den beiden Kindern getroffen.

Ralph Gerster wirbt um Verständnis

Mehrfach warb der Rathauschef um Verständnis für seinen Schritt. „In der Bevölkerung von Herdwangen-Schönach und am hiesigen Ratstisch hoffe ich auf ein gewisses Verständnis für meine Bewerbung in Pfullendorf“, sagte er. Das Pfullendorfer Bürgermeisteramt bezeichnete Ralph Gerster als „faszinierende berufliche Option, die sich einem nicht alle Tage eröffnet“. Auf seine bislang zwölfeinhalb Jahre andauernde Amtszeit als Bürgermeister blickte er mit Freude zurück: „Seit meinem Amtsantritt in Herdwangen-Schönach bin ich bemüht, die Gemeinde Schritt um Schritt voranzubringen. Mit vereinten Kräften – Gemeinderat, Bevölkerung, Gemeindeverwaltung – haben wir seitdem einiges geschafft und geschaffen – in allen Ortsteilen.“

Absolute Stille nach Bekanntgabe

Seine Bewerbung sei keine Entscheidung gegen Herdwangen-Schönach, wo er sich nach wie vor zusammen mit seiner Familie rundum wohl fühle. „Ich bin nicht auf dem Sprung“, stellt er klar. Seine Kandidatur in Pfullendorf sei einfach eine gute berufliche Option und schöne Herausforderung. „Ich weiß, was ich an Ihnen als Gemeinderat und an Herdwangen-Schönach als Gemeinde habe“, schloss Ralph Gerster seine Rede.

Und zeigte sich erleichtert, dass „dieser Klops jetzt von meiner Seele ist“. Nach der Rede des Bürgermeisters herrschte absolute Stille in der Bundschuhhalle, beim abschließenden Tagesordnungspunkt „Anfragen aus dem Gemeinderat“ gab es keinerlei Wortmeldungen.

Jonas, Ralph, Lena und Diana Gerster nach seiner Wiederwahl im Jahr 2017.
Jonas, Ralph, Lena und Diana Gerster nach seiner Wiederwahl im Jahr 2017. | Bild: Johanson, Kirsten

„Ich war erst einmal perplex. Die Vermutung hatte man bereits, nachdem es Gerüchte gab. Es war aber dann doch eine Überraschung, es als Tatsache zu hören“, sagte Gemeinderat Peter Atzenhofer, den der SÜDKURIER als stellvertretenden Bürgermeister gestern zu seiner Reaktion befragte. Ralph Gerster habe einen sehr guten Job gemacht, sollte er in Pfullendorf gewählt werden, empfindet Peter Atzenhofer dies als Verlust für Herdwangen-Schönach.

Gemeinderat muss Nachricht erst mal verdauen

Gemeinsam habe man zahlreiche Projekte in der Gemeinde verwirklicht. „Wir arbeiten im Gremium hervorragend zusammen. Wir können kritische Dinge kontrovers diskutieren, ohne dass später Ressentiments daraus gezogen werden“, schildert der Gemeinderat das gute Miteinander mit dem Bürgermeister. Auch das Krisenmanagement während der Pandemie habe dieser souverän und ruhig gemeistert. „Ich kann nachvollziehen, dass er seine berufliche Chance nutzen will“, räumt Atzenhofer ein – auch wenn er die Nachricht erst einmal verdauen müsse.

CDU-Stadtverband Pfullendorf steht hinter Ralph Gerster

Philipp Dürr, Vorsitzender des CDU-Stadtverbands Pfullendorf, begrüßt die Kandidatur von Ralph Gerster, wie er dem SÜDKURIER auf Anfrage mitteilte. „Ralph Gerster hat mich bereits vor einigen Wochen kontaktiert, um auch auszuloten, wie und ob es mit den Menschen vor Ort passt“, sagt Dürr. Es sei jedoch ganz alleine die Entscheidung Gersters und kein aktives Werben der CDU Pfullendorf gewesen. „Dennoch bin ich froh mit ihm einen erfahrenen und hoch motivierten Kandidaten unterstützen zu können. Selbstverständlich stehen wir als CDU Pfullendorf hinter einem CDU-Kandidaten“, betont Philipp Dürr. Bis dato hätten sich keine weiteren Bewerber an ihn gewandt oder um Unterstützung geworben. „Ralph Gerster ist ein Macher, der in Herdwangen-Schönach vorangegangen ist und das auch in Pfullendorf tun wird. Mit einem offenen Ohr für die Belange in Pfullendorf und allen Teilorten sowie neuen Ideen und Zielen kann er unser Zuhause nicht nur verwalten, sondern zukünftig auch gestalten“, meint der Stadtverbands-Chef. Deshalb stehe die CDU hinter Ralph Gerster und seiner Kandidatur.

Freie Wähler sind auf Kandidatensuche

Auf die Frage, ob die Freien Wähler Pfullendorf den Kandidaten unterstützen werden, antwortet Fraktionsvorsitzender Thomas Jacob: „Zunächst sind wir froh, dass mit Ralph Gerster ein erster Kandidat den Hut in den Ring geworfen hat. Er entspricht natürlich unserem Anforderungsprofil. Er hat Erfahrung im Amt, ist in der Region verwurzelt und nach ‚oben‘ gut vernetzt.“ Außerdem überzeuge er in seinem Amt in Herdwangen-Schönach und sei kommunikativ, so Jacob. Ob die Freien Wähler grundsätzlich einen Bewerber unterstützen, möchte man sich im Moment noch offenlassen. „Wir werden uns erst festlegen, wenn die Bewerberlage klar ist. Wir werden dann sehen, ob wir uns für einen Kandidaten aussprechen. Es kann auch gut möglich sein, dass wir keine Empfehlung aussprechen“, sagt Jacob.

Aktuell gibt es einen Kontakt

Die Freien Wähler seien selbst auf der Suche nach Kandidaten. „Zunächst haben wir Anfang des Jahres unserem Landesverband die neu zu besetzende Stelle gemeldet. Es gibt in Baden-Württemberg ein Netzwerk für mögliche Kandidaten“, informiert Thomas Jacob. Da es doch einige Zeit gedauert hat, bis der erste Kandidat aktiv geworden ist, habe man vor einiger Zeit die Initiative ergriffen. Aktuell gebe es einen Kontakt und vergangene Woche gab es ein Gespräch mit einem Bewerber.

Unabhängige Liste hofft auf weitere Kandidaten

„Ich wusste schon länger, dass Ralph Gerster kandidieren will“, erklärt Michael Zoller, Sprecher der Unabhängigen Liste. Positiv sei, dass sich schon ein Bewerber für die attraktive Stadt bewerbe. Zoller hofft, dass noch weitere Kandidaten folgen. „Er hat in Herdwangen-Schönach viel bewegt“, ist es für den UL-Sprecher logisch, dass Ralph Gerster nun eine neue Herausforderung sucht. Auf die SÜDKURIER-Frage, ob die UL Gerster unterstützen wird, antwortet Michael Zoller, dass man erst abwarten wolle, bis das Bewerberfeld komplett ist.