Um den neuen Nahverkehrsplan für den Landkreis Sigmaringen – der letzte ist von 2009 – ging es am Mittwoch in der Stadthalle in Pfullendorf. Dieser definiert die Ziele und Vorgaben des Landratsamts an den Busverkehr – beispielsweise die Häufigkeit und Dauer einzelner Busverbindungen sowie die Ausgestaltung des Liniennetzes. Bei der Planung spielen Kreis- und Regierungsbezirksgrenzen sowie unterschiedliche Verkehrsverbünde eine nicht immer förderliche Rolle.
Gesamtfortschreibung steht an
Das Gesetz schreibt vor, dass Nahverkehrspläne nach Ablauf von fünf Jahren zu überprüfen und bei Bedarf fortzuschreiben sind. „Wir haben seit 2009 Teilfortschreibungen zu unserem Nahverkehrsplan vorgenommen. Im Jahr 2020 zum Thema Barrierefreiheit und 2022 zum Thema Linienbündelung. Nun sind wir an der Gesamtfortschreibung dran“, erläutert die Erste Landesbeamtin Claudia Wiese.
Rund 90 Zuhörer in der Stadthalle
Nach sogenannten Teilraumgesprächen in Hohentengen, Gammertingen und Sigmaringen fand das letzte von vier Gesprächen in Pfullendorf statt und richtete sich speziell an Bürgerinnen und Bürger aus Pfullendorf, Meßkirch, Herdwangen-Schönach, Illmensee, Sauldorf und Wald. Diese waren eingeladen, ihre bisherigen Erfahrungen und zukünftigen Erwartungen an den ÖPNV kundzutun und sich auf diese Weise aktiv in die Planung einzubringen. Die Sitzreihen waren mit fast 90 Gästen überraschend gut gefüllt, was auch Max Stöhr, Leiter des Fachbereichs Kommunales und Nahverkehr, mit Freude zur Kenntnis nahm.
Mit Bürgern ins Gespräch kommen
„Uns ist es wichtig, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen“, so Wiese, die den Abend moderierte. Sie erklärte, dass sich der Arbeitskreis ÖPNV zwei Jahre mit dem Thema befasst hat – dem Arbeitskreis gehören Vertreter aus Kreistag und Kommunen sowie Busunternehmer an. Auf dem Podium am Mittwoch saßen mit Jürgen Kern, Leiter des Sachgebiets Nahverkehr, und Verkehrsplanerin Sara Köhler weitere Vertreter des Landratsamtes sowie Hartmut Jaißle von der Nahverkehrsberatung.
Schulbusse zu voll
Die Bürger konnten sich bei der Diskussion mit ihren Wünschen direkt an die Verantwortlichen des Landratsamts wenden oder ihre Anliegen auf Notizzettel schreiben und an einer der Stellwände pinnen. „Verbesserung der Anbindung Höchsten-Illmensee-Pfullendorf“ war ebenso auf den Zetteln zu lesen wie „Fahrplanauskunft verbessern“. Auch aktuelle Probleme, die den Bürgern unter den Nägeln brennen, wurden notiert. So etwa „sehr volle Busse am morgen von Denkingen nach Pfullendorf“. Susanne Längle aus Zell a.A. kritisiert überfüllte Busse im Schülerverkehr: „Ab Otterswang gibt es nur Stehplätze, das halte ich für gefährlich“, sagte sie im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Regiobus kommt gut an
Was mehrfach gelobt wurde, waren die Regiobus-Linien 500, 600 und 800, also Sigmaringen-Pfullendorf-Überlingen, Meßkirch-Sigmaringen und Bad Saulgau-Ostrach-Pfullendorf. Meßkirchs Bürgermeister Arne Zwick regte in der Gesprächsrunde eine Linie von Meßkirch nach Tuttlingen an. Das sei wegen der Bahnanbindung eine durchaus interessante Achse. Illmensees Bürgermeister Michael Reichle plädiert für eine „schnellstmögliche Regiobuslinie Illmensee-Pfullendorf, und nicht erst in 2029“. Karl Abt, Ortsvorsteher in Denkingen, wünscht sich den 800er über Denkingen und Erich Greinacher, Ortsvorsteher in Mottschieß, wundert sich darüber, dass kein Linienbus von Pfullendorf zum Bahnhof nach Mengen fährt.
Zuschüsse in Gefahr
Die Regiobus-Anbindung von Orten, die zu stark von der Route abweichen – so etwa die gewünschte Haltestelle der Linie 500 in Großschönach – hat wenig Aussicht auf Erfolg. Jürgen Kern stellte dazu fest: „Eine geforderte Mindestreisegeschwindigkeit und die Vorgabe, nur eine bestimmte Prozentzahl vom direkten Weg abzuweichen, sprechen dagegen. Dass er schnell und direkt unterwegs ist, macht den Regiobus ja auch beliebt.“ Hinzu komme, dass das Land die Zuschüsse streichen würde, da der Regiobus dann nicht mehr den Förderrichtlinien entspreche. „Eine Regiobuslinie kostet jährlich eine Millionen Euro, der Zuschuss des Landes beträgt 50 Prozent.“
Rufbus besser bewerben
Was die angestrebte Mobilitätsgarantie zwischen 5 und 24 Uhr angeht, spielen in abgelegeneren Bereichen on demand-Busse, wie emma, eine Rolle, dieser gehört zum Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbund. Hier wurde in der Diskussion deutlich, dass das Angebot besser beworben werden müsste. Aus der Praxis schilderte Rufbusfahrer Wolfgang Schäfer: „Ich erlebe oft, dass Leute kreisübergreifend fahren wollen, der Bedarf ist da und das Angebot müsste ausgebaut werden.“
Nahverkehrsplan
Rund 13 Verkehrsunternehmen bedienen im Landkreis Sigmaringen auf über 50 Verkehrslinien täglich rund 600 Haltestellen. Der Nahverkehrsplan formuliert Zielvorstellungen und Rahmenbedingungen für die zukünftige Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs . In einem nächsten Schritt wird nach dem Anhörungsverfahren im Januar 2024 die Endfassung des Nahverkehrsplans erstellt und im Frühjahr dem Kreistag zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt.