„Halleluja, lasst uns singen, denn die Freudenzeit ist da!“, das ist einer der bekanntesten Schlager der Osterzeit in der Tradition der Kirche. Unter normalen Umständen hören Kirchenbesucherinnen und -besucher dieses Lied erstmals bereits in der Osternacht, wenn es im vollbesetzten Gotteshaus aus hunderten von Kehlen lauthals erklingt zum triumphalen Klang der Kirchenorgel, die – nach dreitägiger Pause – in der Osternacht erstmals wieder spielen darf. Von der Freudenzeit ist da die Rede! Nicht von irgendeiner, sondern von der ultimativen, allumfassenden Freudenzeit!
Freudenzeit? Davon ist in diesen Tagen, die erneut so ganz anders sind, als wir es jahrelang gewohnt waren, wenig zu spüren: Erneut befinden wir uns in einer sehr angespannten Situation: Nachdem wir im letzten Jahr zuversichtlich waren, dass um dieselbe Zeit in diesem Jahr alles wieder gut sein wird, müssen wir nach wie vor voneinander Abstand halten, müssen Masken zu unserem gegenseitigen Schutz tragen und die so schmerzlich vermissten Familienfeiern in großer Runde waren einmal mehr auch an diesem Ostern nicht möglich.
Viele Menschen haben wir schon viel zu lange nicht mehr getroffen, unsere Kranken dürfen wir nicht besuchen, einige unserer Weggefährten und Weggefährtinnen haben uns verlassen, ohne dass es uns möglich gewesen ist, uns in angemessener Weise von ihnen zu verabschieden. Auf Grund der Virus-Mutationen müssen wir noch immer – oder sogar noch mehr als bisher – den anderen und die andere fürchten, weil wir nie wissen, von welchem Gegenüber die tödliche Gefahr ausgeht. Und obwohl wir das alles tun, steigen die Inzidenzzahlen laufend, von denen viele von uns vor gut einem Jahr noch nie gehört hatten und die nun in aller Munde sind.
Leises und nachdenkliches Ostern
Eine „Freudenzeit“ sieht wahrlich anders aus! In den Kirchen dürfen die Gläubigen nicht singen – auch nicht die großen Evergreens der österlichen Tradition. Nachdem wir es im vergangenen Jahr schon einmal erlebt haben, ist es auch in diesem Jahr ein leises Ostern, das wir feiern. Das „Halleluja“ kommt uns auch in diesem Jahr nicht leicht über die Lippen. Auch 2021 ist es ein nachdenkliches Ostern, in dem uns die vielen kleinen Grabkammern unseres Daseins und unserer Gedanken noch einmal deutlicher vor Augen treten als sonst…
Und doch ist Ostern. Und zwar nicht trotzdem, sondern gerade deswegen! Denn dass wir in Gesängen die Osterbotschaft laut rufend bekennen und sie in prächtigen Liturgien feiern, ist letztlich nichts als das Bemühen des Menschen, möglichst angemessen auf etwas Wunderbares zu antworten, was an sich ganz leise daherkommt: Die leise Erkenntnis, dass Leben sein wird – trotz aller Unwegsamkeiten. Die leise Ahnung davon, dass in die dunkelste Grabkammer doch das Licht der Ostersonne scheint. Das unbestimmte Gefühl, dass Trauer und Tod nicht das letzte Wort haben. Für nichts anderes steht die Geschichte Jesu, der aus dem Garten Gethsemane hinausging ans Kreuz. Und von dort in den Ostergarten. Daher feiern wir unbeirrt und auch im Stillen Ostern – jetzt erst recht!