Betina Fritz ist das, was man als Ur-Fastnachterin bezeichnen könnte. Mitglied in der Narrenzunft Bad Dürrheim ist sie seit 1985. Doch die Leidenschaft für die fünfte Jahreszeit wurde ihr schon mitgegeben, als sie noch in den Windeln lag. Sie sog sie quasi mit der Muttermilch ein, wie es so gerne heißt.

Ihre frühen Anfänge liegen in Unterbaldingen. „Dort ist die Dorffasnet ein fest verankerter Bestandteil des Jahresablaufs. Unterbaldingen lebt eine tolle Fastnacht und durch meine Eltern bin ich da natürlich von klein auf reingewachsen“, erzählt sie.
Aber Betina Fritz ist zusammen mit Tanja Bury nicht nur als gewitzte Zunge bei Programmpunkten auf dem Narrenzunftball bekannt. Seit 15 Jahren bietet sie im Narrenschopf Sonderführungen an.
Wie kam es nun dazu? „Tja“, erinnert sie sich lachend. „Das ist eine Karriere, die ich schon im zarten Alter von zehn Jahren angestrebt habe.“ Und zwar war das so: „Als zehnjährige machte ich eine Führung im Narrenschopf mit, die von Bernhard Moser geleitet wurde. Schon damals hatte ich den Gedanken – das will ich auch mal machen.“ Allerdings geriet dieser Gedanke im Laufe der Jahre in Vergessenheit. Dass sie jetzt doch im Narrenschopf Führungen abhält, ist ein Produkt heißer Luft. Irgendwann mal habe sie in der Sauna die Narrenschopf-Mitarbeiterin Rosi Hensler getroffen und die habe sie gefragt, ob sie nicht Interesse hätte. Spontan habe sie Ja gesagt und da fiel ihr dann auch wieder ihr Kindheitserlebnis mit dem Bad Dürrheimer Original ein. Also habe sie 2006 mit den Führungen angefangen.
Das Engagement in der Narrenzunft begann auf Nachfrage ihrer Mitwirkung in einer Tanzgruppe. Bald darauf folgte der Erwerb eines schönen Hansel-Kostüms. Das Hanselkostüm für die Kinder hatte sie selbst genäht. Aber nie im Leben hätte sie es geschafft, alle die Salzsäckchen für ein Erwachsenenhäs zu nähen, gibt Betina Fritz freimütig zu.
Doch das Tanzen war es letzten Endes auch nicht. Sie habe schnell gemerkt, dass das nicht ihr Ding ist.
Da liegt ihr das ironische Wetzen der Messer des geschliffenen Wortes schon eher. Irgendwann traf denn auch diesbezüglich die Anfrage ein, ob sie sich nicht vorstellen könnte mit ihrer – inzwischen Busenfreundin – Tanja Bury Programmpunkte beizusteuern.
„Wir haben den gleichen Humor und die gleichen Gedankengänge“, sagt Fritz über diese produktive Zusammenarbeit. Sie sei nicht wort- oder bühnenscheu, also stand kurz darauf das Duo zum ersten Mal mit einem Beitrag als „Die Fischerin vom Salinensee“ auf der Ballbühne im Siedersaal.
Wie kommt das Duo denn auf seine Ideen? „Nun, wir gehen eigentlich recht spät in die heiße Phase“, erklärt Fritz. Man denke natürlich schon über aktuelle Ereignisse nach. So sei etwa 2009 der Beitrag „Wassertropfen“ zustande gekommen. Es gebe aber auch echte Traumrollen. So habe sie schon immer mal Maria und Margot Hellwig darstellen wollen – gedacht, getan. Ein Mal wären Tanja Bury und sie abends auf dem Heimweg gewesen und durch Marbach gefahren. Angesichts der wehenden Fasnetsbändel war so auch wieder eine Nummer geboren. Oder irgendwann wurde mal ein Johli-Lied umgedichtet. Ihren von der Ostbaar mitgebrachten Dialekt nutze sie dabei als würzende Pointen.
Es könne schon passieren, dass erst am letzten Montag vor dem Zunftball der Text stehe. „Das wird dann aber doch recht sportlich!“, gibt Betina Fritz schmunzelnd zu. Momentan wäre allerdings das „Zusammenhocken“ coronabedingt eh schwierig. Der harte Kern, sprich Freundeskreis, ihres Umkreises halte sich konsequent an die Vorgaben.
Auch wenn alle doch ein bisschen Wehmut verspüren. „Ich sehe diese Zeit als recht spannend an“, sagt Fritz. „Wir schreiben neue Fastnachtsgeschichte.“ Die Fastnacht wird es in irgendeiner Form immer geben, ist sie sich sicher, und ruft das Jahr 1991 in Erinnerung, als die Fastnacht Trauer trug. Eine Situation wie diese habe sie in ihren 54 Lebensjahren noch nicht erlebt und so dürfe man gespannt sein, was die Bücher später über dieses Fasnetsjahr berichten werden.
Bei den Führungen im Narrenschopf sei der Fastnachtshistoriker Werner Mezger ihr großes Vorbild, der seine fachlich fundierten Vorträge stets mit einer Prise Humor würzt. „Wenn die Leute rausgehen und ich ihnen mehr Wissen vermitteln konnte, das ist ein tolles Erfolgserlebnis“, sagt sie. „Viele Menschen wissen gar nichts über den Tiefgang des Brauchtums oder was das bedeutet.“ Viele wüssten nichts über die Vielfältigkeit und Verankerung der Fasnet in der deutschen als auch europäischen Kultur. Zu dieser Wissensvermittlung beizutragen mache sie sehr stolz. Auch nach so vielen Jahren lerne sie selbst mit jedem Buch, das sie zur Hand nimmt, immer mehr.
Vermissen werde sie nächstes Jahr auf jeden Fall das Treffen mit den Narrenfreunden vor dem Umzug bei sich zu Hause. Ihr Engagement stößt in der Familie nicht auf Widerspruch, im Gegenteil. Für alle ist die Fasnet Teil ihres Lebens. Ein großes Betätigungsfeld eröffnet sich Betina Fritz als Brauchtumsbeauftragte der Narrenzunft, wie sie wissen lässt. Die Geschichte wandele sich, die Fastnacht von vor 50 Jahren und heute unterscheide sich deutlich zu beobachten und Altes und Neues harmonisch miteinander in Verbindung zu bringen, stelle eine große Herausforderung dar.