Wer am Montagvormittag versucht hat, einen Hausarzt zu erreichen, hörte wohl vor allem ein Geräusch: das Besetztzeichen. Nach dem Wegfall der Impf-Priorisierung für die Hausarztpraxen stehen die Telefone nicht mehr still. Zum Leidwesen der Ärzte. Und der Sprechstundenhilfen.

Und so kommt es, dass trotz mehrfacher Versuche auch nur eine Ärztin am Montag für eine kurze Stellungnahme im SÜDKURIER überhaupt Zeit findet. Andrea Ulrich ist im Stress. Die Sprechstunde am Vormittag in der Gemeinschaftspraxis Ulrich/Bennetz in Brigachtal war mehr als voll. Am Nachmittag muss Ulrich in der Turnhalle 40 Dosen Astrazeneca verimpfen.

Andrea Ulrich von der Gemeinschaftspraxis Ulrich/Bennetz in Brigachtal findet die Situation aktuell „katastrophal“.
Andrea Ulrich von der Gemeinschaftspraxis Ulrich/Bennetz in Brigachtal findet die Situation aktuell „katastrophal“. | Bild: Anja Ganter/Archiv

„Wir gucken total in die Röhre“, sagt sie. Pro Woche sind, wenn es hochkommt, gerade einmal eine Handvoll Erstimpfungen mit Biontech möglich. Kommende Woche bekommt sie sogar nur soviel Biontech-Impfstoff, dass es für die Zweitimpfungen reicht. Die Aufhebung der Priorisierung in den Hausarztpraxen hält sie darum für unklug. Oder, anders ausgedrückt: „Es ist schon eine Katastrophe.“ Mit ihren Kollegen habe sie sich auch bereits kurzgeschlossen. „Denen geht es auch nicht anders. Die ärgern sich auch.“

Für Ulrich ist vor allem eines unbefriedigend: „Wir müssen alle Leute immer vertrösten“, sagt sie. Das ist nicht schön und kostet vor allem auch noch unnötig Zeit. Heute können sie niemandem sagen, wann es den nächsten freien Termin gibt. Es zermürbt. Es sind immer wieder die gleichen Geschichten: Die Mutter zum Beispiel, die zu ihr kommt und fragt, wann denn die 18-jährige Tochter endlich geimpft werden könne, sie wollen in den Urlaub fahren. „Und dabei habe ich noch so viele Kranke auf der Liste, die noch nicht geimpft sind.“

Zwischen 40 und 60 Dosen Astrazeneca bestellt sie aktuell pro Woche. Hiervon können die Hausarztpraxen derzeit so viel bestellen, wie sie wollen. Die Dosen bekommt sie auch immer verimpft. „Viele junge Männer steigen derzeit auch auf Astrazeneca um. Für sie ist es unbedenklich.“

Die junge Frau hingegen, die auch noch die Pille nimmt, der kann Ulrich kein Impfangebot mit Astrazeneca machen. „Manchmal“, sagt Ulrich, „ist auch Unmut da“. Sie könne das sogar verstehen. Schließlich suggeriere die Aufhebung der Impf-Priorisierung, dass nun jeder an die Reihe kommen könne, wenn er denn nur wolle.

„Viele, viele, viele“, sagt Ulrich am Ende noch auf die Frage, ob sie gerade Überstunden mache. Und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Die Warteliste wird länger und länger. „Aktuell haben wir bestimmt über 300 Menschen drauf“, sagt Ulrich. Wie viele allein am Montag noch dazukamen, das weiß sie nicht. „Ich hab tatsächlich keine Zeit, mich darum auch noch zu kümmern.“

Impf-Aktionen geplant

Inzwischen fangen auch die Gemeinden an, potenziell Impfwilligen ein Angebot machen zu wollen. So plant beispielsweise die Gemeinde Mönchweiler in Zusammenarbeit mit den örtlichen Arztpraxen einen kommunalen Impftag für die Einwohner in der Alemannenhalle.

Aktuell fragt die Gemeinde noch das Interesse bei den Bürgern ab und will dann anhand der Rückmeldungen den Bedarf an Impfstoff abschätzen. Stattfinden soll die Aktion dann an einem der kommenden Samstage. Auch in anderen Gemeinden sind solche Aktionen wohl angedacht, konkrete Pläne dafür gibt es derzeit jedoch noch nicht.