Dieser medizinische Notfall hat sich nicht so ereignet, doch das Szenario ist realistisch: Ein Mann in Waldhausen weckt mitten in der Nacht seine Frau auf. Er klagt über ein starkes Stechen in der Brust und gibt zu, dort schon häufiger einen leichten Druck gespürt zu haben. Den Gang zum Arzt hielt er aber nicht für notwendig – wie das bei Männern häufig vorkommt. Doch seine Frau weiß: Alles deutet auf einen Herzinfarkt hin. Jetzt kommt es auf jede Sekunde an. Sie wählt den Notruf 112 und kann nur hoffen, dass der Notarzt oder der Rettungswagen rechtzeitig eintrifft.
Rettungsleistelle rund nm die Uhr besetzt
Der Anruf landet automatisch in der integrierten Rettungsleitstelle in Villingen-Schwenningen. Sie ist 365 Tage im Jahr rund um die Uhr besetzt. Über 50 000 Notfallrettungen beziehungsweise Krankentransporte, rund 1500 Feuerwehreinsätze und circa 8000 Vermittlungen im ärztlichen Notfalldienst sowie unzählige sonstige Hilferufe werden hier durchschnittlich in einem Jahr bearbeitet. Ein Disponent nimmt das Gespräch entgegen, gleichzeitig erkennt das System den Standort des Anrufers im Festnetz an der Vorwahl, im Mobilfunknetz an der Position des Funkmastes. Über einen Meldeempfänger wird der nächste freie Notarzt oder Rettungswagen informiert, ein Navigationssystem schlägt auch gleich die schnellste Route zum Einsatzort vor. Die Rettungswagen wiederum sind bei den Rettungswachen stationiert. Wo die stehen, entscheide der Bereichsausschuss, sagt Winfried Baumann, Geschäftsführer des DRK-Rettungsdienstes Schwarzwald-Baar. Wichtigstes Kriterium bei der Standortwahl: Eine Rettungswache beziehungsweise ein Notrufstandort sollte möglichst viele Menschen im direkten Einzugsgebiet haben. Donaueschingen ist Notrufstandort und versorgt Hüfingen und Bräunlingen mit, die keinen eigenen haben. In Blumberg halten der promovierte Mediziner Rainer Holzke und einige Kollegen einen eigenen Notrufstandort aufrecht.

Holzke ist es auch, der häufig zu Einsätze in Bräunlingen und den Bräunlinger Ortsteilen gerufen wird. Dass dabei die eigentlich vom Gesetz vorgeschriebenen 15 Minuten (siehe Erklärstück) nicht immer eingehalten werden können, liegt in der Natur der Sache: Mal herrscht viel Verkehr, die Straßen sind überlastet und obendrein bremst ein langsam fahrender Laster den Verkehrsfluss. Dann gibt es Baustellen, die Zeit kosten, und Umleitungsstrecken, die den schnellsten Weg zum Patienten verhindern. Und wenn ein Anruf in der Nacht komme, dann vergingen auch zwei, drei Minuten fürs Anziehen, erzählt Holzke. Auerdem spielt die Jahreszeit eine Rolle: Wenn im Winter die Straßen eis- oder schneeglatt sind, dann dauere es halt einfach länger als im Sommer, um nach Waldhausen oder Unterbränd zu kommen.

Holzke ist 69 Jahre alt und wird nach eigener Aussage noch zwei Jahre lang als Notfallarzt zur Verfügung stehen. Er erzählt, schon vier und fünf Wochen lange Schichten hinter sich gebracht zu haben, das heißt, in diesen Zeiträumen 24 Stunden pro Tag für den Fall der Fälle sich bereitgehalten zu haben. Und wenn dann in einer Nacht gleich mehrere Notfalleinsätze erfolgen, der Patient aus medizinischen Gründen obendrein mit ins Krankenhaus begleitet werden muss und am nächsten Tag die Arbeit in der eigenen Hausarztpraxis mit einem vollen Wartezimmer ansteht, dann ist irgendwann die Belastungsgrenze erreicht. Und das auch noch für einen vergleichsweise bescheidenen finanziellen Obolus.
Ärzte für Notdienste sind gesucht
Gibt's einfach zu wenig Ärzte, die Notdienste machen? Niedergelassene Ärzte seien angewiesen, Notdienste zu übernehmen, sagt Baumann. Deutschlandweit gebe es nicht genügend Notfallärzte, für den Schwarzwald-Baar-Kreis formuliert er vorsichtiger und sagt, sie seien "knapp".
Nur Bräunlingen gilt im Städteviereck als "nicht ausreichend versorgt"
Zehn Minuten sind gewünscht, die Maximalzeit sollte 15 Minuten nicht überschreiten: In diesem Zeitraum soll der Rettungsdienst bei einem Notfall vor Ort sein. Der SWR hat die Rettungsdienst-Statistiken aller 3400 Gemeinde in Baden-Württemberg ausgewertet und ist für das Städteviereck zu folgendem Ergebnis gekommen.
- Donaueschingen: Mit "vergleichsweise gut" wird die Notfallversorgung in Donaueschingen beurteilt. Im Durchschnitt sind Notarzt oder Rettungswagen innerhalb von 8:05 Minuten dort, wo sie gebraucht werden. In 72 Prozent der Fälle war der Rettungsdienst innerhalb von zehn Minuten am Einsatzort, in sieben Prozent der Fälle hat es länger als eine Viertelstunde gedauert.
- Hüfingen: In Hüfingen dauert's mit einem Durschschnittswert von 11:14 Minuten etwas länger, dennoch reicht es für ein "vergleichsweise gut". In 52 Prozent der Fälle erreichte der Rettungsdienst sein Ziel innerhalb von zehn Minuten, bei rund acht Prozent verstrichen über 15 Minuten.
- Bräunlingen: Wer in Bräunlingen die 112 wählt, muss sich länger gedulden. Hier vergehen durchschschnittlich 12:22 Minuten bis zur Erstversorgung. Das Urteil: "nicht ausreichen versorgt". In 37 Prozent der Fälle vergingen keine zehn Minuten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes, bei 13 Prozent der Einsätze verstrich mehr als eine Viertelstunde.
- Blumberg: 8:01 Minuten – Im Städteviereck lebt es sich in Blumberg laut der Studie am sichersten, wenn dafür die Zeit bis zum Eintreffen des Rettunsgdienstes an einem Unglücksort zum Maßstab genommen wird – "vergleichsweise gut versorgt". In 74 Prozent der Fälle sind Rettungssanitäter oder Notarzt nicht länger als zehn Minuten unterwegs, in nur rund acht Prozent der Fälle wird mehr als eine Viertelstunde benötigt. Nachteil in Blumberg: Die nächste Notaufnahme ist 15,9 Kiliometer entfernt, in Donaueschingen 4,8 Kilometer, in Bräunlingen 7,6 Kilometer und in Hüfingen 6,9 Kilometer.