Von wege, Wespen sind alle gleich: Es gibt „liebe“ und „lästige“ Wespenarten, erklärt Miriam Wahr zum Einstieg. Zu den guten gehört unter anderem die bei uns häufig vorkommende Sächsische Wespe.

„Die ist eigentlich gutmütig, so lange man sie nicht ärgert. Und im heimischen Garten ist sie hilfreich, weil sie jede Menge anderer Insekten frisst und einem vom Leibe hält, wie eigentlich auch alle Wespenarten“, erklärt die Expertin.
Die Deutsche Wespe hingegen ist den Menschen lästig: Sie bedient sich gerne am Esstisch und kann einem so das gemütliche Frühstück auf der sonnigen Terrasse oder den schönen Grillabend ordentlich verderben.
Und dann gibt es da auch noch die „Gemeinde Wespe“, da ist quasi schon der Name Programm. Noch gefährlicher sind auch neuerdings auftretende invasive Arten, wie die Asiatische Hornisse.
Durchbeißen bis in die Wohnung
Allen Arten gemeinsam ist, dass Sie ihre Nester gerne auch mal am Haus bauen, unter dem Dach, in sonnigen Nischen oder auch mal in einem Rollladenkasten, so wie bei Familie Schaumann im Villinger Wohngebiet Haslach.
Und genau dort will man sie nicht haben, weil ihr Nest irgendwann so groß wird, dass sie sich auch durch das Holz des Kastens ins Innere der Wohnung durchbeißen können. Mareike Schaumann hat deshalb Miriam Wahr bei der Entfernung dieses Nestes um Hilfe gebeten.
Die fachgerechte Entfernung und Umsiedlung der Nester ist sehr aufwendig. Möglichst keines der Insekten soll zu Schaden kommen, denn sie stehen unter Naturschutz. Man darf sie daher nicht mit Chemikalien oder auf andere Art töten.
Wenn Miriam Wahr anrückt, hat sie deshalb den ganzen Kofferraum voll mit Utensilien aller Art. „Man weiß ja nie, was man im konkreten Fall vor Ort am Ende braucht“, sagt sie. Bei dieser Arbeit hilft ihr auch ein befreundeter Insekten- und Vogelexperte Ralf Claaßen.
Mit einer Kamerasonde inspiziert er als erstes das Innere des Rollladenkastens. Dabei stellt er fest, dass das eigentliche Nest noch relativ klein ist, es dort aber bereits mehrere alte Nester gegeben hat.
Im nächsten Schritt kommt eine Spezialkonstruktion der Wespen-Experten zum Einsatz. Über einen Schlauch können sie die Wespen direkt an ihrem Nesteingang schonend absaugen und in einem Netz einfangen.
Während Miriam Wahr die Absaugvorrichtung an den Eingang hält, muss Ralf Claaßen die Wespen kräftig ärgern, damit sie auch raus kommen. Klopfen und Schütteln am Rollladen und dem Kasten darüber sorgt für genug Aufregung beim Wespenvolk und anstatt ins Freie fliegen sie jetzt direkt ins Auffangnetz.
Da es aber manche Wespen doch schaffen, beim ersten Fluchtversuch dem Saugrohr zu entkommen, müssen die Wespenjäger bei dieser Arbeit auch einen Ganzkörper-Schutzanzug tragen, um nicht gestochen zu werden. Für Laien, zumal ohne Schutzkleidung, kann das schnell gefährlich werden.

Sobald keine Wespen mehr aus dem Rollladenkasten kommen, kann dieser nun auch von innen geöffnet werden. Bei Familie Schaumann werden im Badezimmer nun gleich drei Nester sichtbar.
Überraschungsfund über dem Fenster
Ein altes verlassenes Nest der Deutschen Wespe, gefolgt von einem Nest der Gemeinen Wespe und darüber das neue bewohnte Nest der aggressiven Deutschen Wespe. Und sogar ein altes verlassenes Vogelnest findet sich dort auch noch. Ralf Claaßen vermutet, dass hier auch mal eine Rotschwanz-Familie gebrütet hat.
Der Nachwuchs hat immer Hunger
Miriam Wahr kann nun alle Nester aus dem Kasten entfernen. Dabei muss sie aber immer noch geschützt sein, denn im Nest auf ihrer Hand tummeln sich immer noch Wespen, die dort den Nachwuchs füttern.
Vor allem müssen sie auch noch die Königin finden und herausholen. Ansonsten wäre die ganze Arbeit fast umsonst gewesen. Das so geborgene Nest setzt sie dann in einem neu speziell dafür gebauten Nestkasten ein. Sobald der verschlossen ist, werden auch alle eingefangenen Wespen dort hineingelassen.
Und mit diesem Kasten geht es dann tief in den Wald ihres Freundes Sascha Simon. Der betreibt in Schwenningen das Wabenwerk, mit allerlei Spezialartikeln rund um die Imkerei. Er weiß also genau, wo es den Wespen gefällt und erlaubt ihre Ansiedelung, fernab von Menschen, denen sie sonst wieder lästig werden könnten.
Fünf Kilometer Entfernung müssen sein
Das neue Zuhause muss mindestens fünf Kilometer entfernt liegen. Ansonsten würden die Wespen einfach wieder zu ihrem alten Nest zurückfliegen. Im Falle einer gutmütigen Wespenart sucht Miriam Wahr hingegen eine Gastfamilie mit großem Garten. Denn dort sind sie nützlich und werden von Hausbesitzern auch gerne genommen.
Die Arbeit von Miriam Wahr und ihren Kollegen erfolgt auf ehrenamtlicher Basis. In Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes werden sie vermittelt und erhalten dafür auch nur eine minimale Aufwandsentschädigung.
Naturschützer warnen vor Betrügern
Daneben gibt es aber auch professionelle Schädlingsbekämpfer, die dann auch mehr kosten. Ganz schlimm seien aber Betrüger, die keine Ahnung haben, im Internet ihre Dienste anbieten, viel Geld verlangen und die Insekten vor Ort kurzerhand abtöten – was wiederum gesetzlich verboten ist.
Familie Schaumann ist glücklich, dass alles so perfekt abgelaufen ist. Zum Dank haben die Schaumanns gleich einen Nestkasten mit einem Volk der Sächsischen Wespe abgenommen und an einem guten Platz hinter dem Haus installiert.

Dieses Nest hatte Miriam Wahr zuvor bei einer Familie abgeholt, die es in der Spielkiste ihrer kleinen Kinder entdeckt hatte. Verständlich, dass man an solch einem Ort selbst eine vermeintlich gutmütige Wespenart nicht haben will.