Jeden ersten Dienstag im Monat ist Blutspendetag an der Dürrheimer Straße in Donaueschingen. Leicht zu merken. Wer über den Hof den Lastwagen des Blutspendedienstes passiert und im Oskar-Menoth-Haus die Treppe ins Obergeschoss nimmt, findet sich erst mal in einem schmalen Vorraum, der eher an eine Schwimmbad-Rezeption als ans Blutspenden erinnert. Ellen Hornung und Doris Geisert nehmen die Blutspender in Empfang. Und bewahren ruhig Blut, wenn mal der Computer nicht anspricht. Bei seiner 87.Spende hat auch Walter Fleischer aus Hüfingen Geduld mitgebracht.

Ellen Hornung nimmt Walter Fleischer in Empfang. Der Hüfinger absolviert seine 79. Blutspende und muss kurz warten. Der Computer streikt.
Ellen Hornung nimmt Walter Fleischer in Empfang. Der Hüfinger absolviert seine 79. Blutspende und muss kurz warten. Der Computer streikt. | Bild: Wursthorn, Jens

Wenn nichts geht, reicht die Zeit für ein Schwätzchen. Etwa, wie das früher war bei der Anmeldung. Ellen Hornung, Rotkreuzmitglied seit 1973, und Doris Geisert, seit 1982 dabei, erinnern sich noch an die Tage, in denen die Anmeldungen auf der Schreibmaschine geschrieben wurden. Die Durchschläge auf Kohlepapier waren am Abend ein dickes Bündel.

Mit einem Blutspenderausweis funktioniert die Anmeldung schneller. Gleichwohl braucht es den Personalausweis zum Gegen-Check.
Mit einem Blutspenderausweis funktioniert die Anmeldung schneller. Gleichwohl braucht es den Personalausweis zum Gegen-Check. | Bild: Wursthorn, Jens

Heute geht das einfacher. Wenn man denn die Erstspende absolviert hat. Vor diesem Schritt muss sich der Erstspender mit Infomaterial und Anträgen auseinandersetzen. Die persönlichen Daten werden an blickdichten Tischchen aufs Papier gebracht und eingespeist. Später bekommen die Spender einen Blutspenderausweis. Der wird von einem Lesegerät ausgelesen – immer in Abgleich mit dem ebenfalls vorgelegten Personalausweis.

Luisa und Philipp Meyer gehören zum Jugendrotkreuz. Sie sorgen dafür, dass die Blutspender ihren Flüssigkeitshaushalt in Ordnung halten.
Luisa und Philipp Meyer gehören zum Jugendrotkreuz. Sie sorgen dafür, dass die Blutspender ihren Flüssigkeitshaushalt in Ordnung halten. | Bild: Wursthorn, Jens

Und dann geht es eine halbe Treppe hinauf in den großen Saal. Zum Jugendrotkreuz gehören Philipp und Luisa Meyer. Sie sind die erste Anlaufstelle, wenn die Blutspender nach der Registrierung den großen Raum mit allen Funktionsbereichen betreten. Heute schenken sie Wasser und Säfte aus. Eine Begrüßung mit Bedacht. So wird gegen den Flüssigkeitsverlust durch die Blutabnahme und eine eventuelle Kreislaufschwäche vorbeugend gewirkt.

Im mobilen Labor Video: Wursthorn, Jens

Den Laufzettel, der bei den einzelnen Stationen konsultiert wird, braucht Dominik Müller erstmals im Labor. An einem Tischchen misst Nicole Kleiser vom Entnahmeteam des Blutspendedienstes Baden-Würtemberg/Hessen seinen Hämoglobin-Wert, misst mit einem Infrarotgerät Fieber und misst den Blutdruck. Alles geht schnell, die Daten werden eingetragen.

Jürgen Heckmann ist einer der beiden Ärzte der Blutspendenaktion.
Jürgen Heckmann ist einer der beiden Ärzte der Blutspendenaktion. | Bild: Wursthorn, Jens

Auch die nächste Station ist doppelt besetzt. Jürgen Heckmann ist einer der beiden betreuenden Ärzte der Blutspendeaktion. Diskret hinter einem Vorhang platziert, stellt er im kleinen provisorischen Behandlungszimmer das äußere Erscheinungsbild des Blutspenders und das Datenblatt in Einklang, stellt Fragen. Viermal an diesem Tag hat er schon die Blutspende verwehrt. In den Sommermonaten kommt dies nicht selten vor. Denn pausieren muss, wer aus Regionen kommt, in denen eine Infektionsgefahr gemeldet ist. Dafür muss man nicht weit reisen. In der Po-Ebene in Oberitalien sei das West-Nil-Fieber festgestellt worden.

Lieber links oder lieber rechts? Die Blutspendetechnik erlaubt es, den Lieblingsarm in Stellung zu bringen.
Lieber links oder lieber rechts? Die Blutspendetechnik erlaubt es, den Lieblingsarm in Stellung zu bringen. | Bild: Wursthorn, Jens

Höhepunkt, Blutentnahme. Vier blaue Liegen stehen in einer Doppelreihe im Raum. Jeweils dazwischen die technische Apparatur. Je nach Lieblingsarm kann sie von links oder rechts angeschlossen werden. Ein prüfender Blick aufs Datenblatt, Nadel setzen und das Blut fließt dunkelrot durch den Schlauch in einen Beutel. Dieser wird von der Maschine geschaukelt. „Auf diese Weise mischt sich das Bluto mit der Zitronensäure im Beutel. Das verhindert die Gerinnung“, sagt Marianne Hertrich vom Entnahmeteam.

Nach fünf bis zehn Minuten gibt die Maschine einen Ton ab. Der Blutbeutel ist voll. 500 Milliliter Blut. Auch der von Mathias Gasser. „Wenn ich selbst mal in einem Notfall bin, bin ich auch froh um eine Blutspende“, sagt der 36-Jährige und freut sich schon auf den Wurstsalat danach.

Früher Nachmittag. Der Andrang nimmt zu, bleibt aber überschaubar. Ferienzeit.
Früher Nachmittag. Der Andrang nimmt zu, bleibt aber überschaubar. Ferienzeit. | Bild: Wursthorn, Jens

Dorthin geht es nicht abrupt. Wer aufsteht, darf zunächst nur ein paar Schritte laufen, muss dann sitzen oder – bei Erstspendern – liegen. Jürgen Geisser vom Ortsverein läuft zwei Schritte hinter einer jungen Frau. Bekäme diese einen Schwächeanfall, könnte er einen bösen Sturz verhindern.

Die Vorbereitungen auf die Blutspendetage beginnen schon ein paar Tage vorher: mit Einkaufen und Vorbereiten. Am Spendertag besorgen die ersten Helfer gegen 10 Uhr den Aufbau, ab 11 Uhr geht es in der Küche los. „Was möglich ist, machen wir selbst“, sagt Iris Gähme. Also beispielsweise Salate richten. Haltbare Lebensmittel werden schon vorab in größeren Mengen eingekauft. Zumal die Speisepläne für die zwölf Donaueschinger, zwei Wolterdinger und zwei Jugendrotkreuz-Blutspenden durchgeplant sind. Frisches wie Obst und Brot wird am Spendertag besorgt, warmes Essen liefert die Metzgerei Lehmann. Iris Gähme ist Bereitschaftsleiterin und Chefin im Jugendrotkreuz. In der Nachwuchsabteilung läuft es bei aktuell rund 30 Mitgliedern voller Begeisterung richtig rund. Etliche sind um 16 Jahre alt und stehen beim Übergang in eine der Einheiten im Ortverband: Sanitätsdienst oder Katastropenschutz hier und soziale Betreuung dort.

Sabine Gähme und Monika Fink mischen den mediterranen Nudelsalat.
Sabine Gähme und Monika Fink mischen den mediterranen Nudelsalat. | Bild: Wursthorn, Jens

Es ist früher Nachmittag. Der Andrang der frühen Spender ist vorbei. In der Küche , ein paar Schritte hinter dem Entnahmezentrum, riecht es pikant. Heute entsteht dort ein mediterraner Nudelsalat. Und wenn das Küchenteam im Regelfall mit 180 Portionen für Spender und Helferteam rechnet, sind die Schüsseln groß. Monika Fink rührt die abgekochten Nudeln in die Gemüseschnipsel.

Monika Fink rührt den Salat Video: Wursthorn, Jens

Gegessen wird einen verwinkelten Korridor weiter an Holztischen in einem gemütlichen Stübchen. Hier stehen Salate aller Art zur Selbstbedienung. Uwe Lücke lässt es sich schmecken. Seine 40. Blutspende hat der Ippinger mit der Mittagspause kombiniert. „Einfach weil es notwendig ist, begründet er seine Teilnahme und nimmt einen kräftigen Schluck Apfelschorle.

Uwe Lücke genießt seinen Salatteller nach der Blutspende.
Uwe Lücke genießt seinen Salatteller nach der Blutspende. | Bild: Wursthorn, Jens

Im Tresenbereich des Stübles ist die Kaffeezone aufgebaut. Marianne Fritschi und Brigitte Wagner sind hier ein festes Team. „Die Tiramisu läuft heute am besten“, lacht Fritschi und nimmt einen der leckeren quadratischen Würfel von der runden Kuchenplatte.

Brigitte Wagner (links) und Marinne Fritschi sind für die süßen Seiten der Blutspende zuständig.
Brigitte Wagner (links) und Marinne Fritschi sind für die süßen Seiten der Blutspende zuständig. | Bild: Wursthorn, Jens

Gegen 16 Uhr füllt sich der Wartebereich. Ein paar junge Leute kommen. Kurz darauf ein Dutzend Männer in Nato-Oliv. Es sind Soldaten des Jägerbataillons. Sie helfen für den guten Zweck, aber auch für irdischen Lohn. „Es gibt einen freien Tag“, sagt einer. Fotografieren lassen möchte er sich nicht. Keiner seiner Kameraden. „Wir gehen bald in den Einsatz“, erklärt ein anderer.

„Die Menschen wollen individueller tätig sein“ beschreibt Thomas Gähme, Ortsvereinsvorsitzender, wie der Zeitgeist auch beim Ehrenamt Einzug hält. So kann er sich an den monatlichen Blutspenden auf eine Vielzahl an Helfern stützen, die gar nicht Mitglied sind im Ortsverein.

Renate Belz sitzt bei Thomas Gantert. Die Unterkirnacherin gehört zu den freiwilligen Helfern, die gar nicht Mitglied sind im Ortsverein.
Renate Belz sitzt bei Thomas Gantert. Die Unterkirnacherin gehört zu den freiwilligen Helfern, die gar nicht Mitglied sind im Ortsverein. | Bild: Wursthorn, Jens

Wie zum Beispiel Renate Belz. Sie kam über ihren Sohn Sascha zur Blutspende. Seit Anfang des Jahres ist sie dabei. Mit einer Einweisung am Computer bekam sie das Rüstzeug, am Empfang zu arbeiten. Heute hilft sie dem Entnahmeteam und hat ein Auge auf die Blutspender, wenn sie auf der Liege liegen.

Die Blutspenden werden in Kühlschränken bei 22 Grad zwischengelagert. Abends werden sie in den Lastwagen gepackt. Das Blutspendeteam fährt zum Standort nach Hochemmingen. Die Blutspenden kommen per Nachtlogistiker zur Weiteverarbeitung nach Ulm.

Der Lohn des Aufwands: Ortsvereinsvorsitzender Thomas Gähme öffnet einen Aufbewahrungsschrank mit Blutbeuteln.
Der Lohn des Aufwands: Ortsvereinsvorsitzender Thomas Gähme öffnet einen Aufbewahrungsschrank mit Blutbeuteln. | Bild: Wursthorn, Jens

Und was bleibt dem Ortsverein? „Als gemeinnütziger Verein müssen wir kostendeckend arbeiten“, erläutert Thomas Gähme, der im Kreisverband in der Flüchtlingsarbeit tätig ist. Für die Blutspenden gibt es eine Kostenpauschale, abzüglich der Auslagen. Am Ende ein Drittelbaustein der Finanzierung wie die Mitgliedsbeiträge und die Einnahmen aus dem Sanitätsdienst. Damit können die Kosten aus sozialen Projekten ausgeglichen werden. Im Schnitt kommen etwa 140 Blutspender zum Termin. Die Zahlen schwanken. Ob es die Grippe im Winter ist, oder die Urlaubszeit. Die Organisatoren sind da am Rätseln. 149 sind es am Abend dieses Blutspendetages. Er endet gegen 21 Uhr. „Dieses Mal waren wir schnell“, bilanziert Thomas Gähme. Rasch sind die letzten Materialien ins Gebäude des Ortsvereins an der Allensteinstraße geräumt.