Es hätte so einfach sein können. Auch wenn‘s um das Thema Verkehr geht. Auch wenn das in Donaueschingen immer heiß diskutiert wird. Die Betonung liegt auf hätte, denn eigentlich sollten die Gemeinderäte nur die Initiative Cityring zur Kenntnis nehmen und über eine Bürgerversammlung abstimmen.
Doch wenn‘s um das Thema Verkehr geht, ist gar nichts einfach. Und so gibt es doch eine ausführliche Debatte, gewürzt von Emotionen wie Ängsten, Bedenken und Vorwürfen. Dabei waren sich noch vor ein paar Monaten alle einig: Der Durchgangsverkehr soll aus der Innenstadt heraus und wer ein innerstädtisches Anliegen hat, der soll trotzdem noch jeden Punkt innerhalb des Cityrings mit dem Auto erreichen können.
Die Lösung: Der Durchgangsverkehr soll den Cityring nutzen, der aus der Bahnhofstraße, Hermann-Fischer-Allee, Güterstraße, Hagelrainstraße und dem Hindenburgring auf der einen Seite und dem Allmendshofer Zubringer und der B27 auf der anderen Seite besteht. Und damit keiner die Abkürzung durch die Stadt nutzt, soll die Innenstadt verkehrstechnisch in zwei Teile geteilt werden.
Bürger werden beim Prozess beteiligt
Um die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen, sollen dieses Mal die Bürger von Anfang an mitgenommen werden. Stichworte sind Transparenz und Akzeptanz. Ein Einbahn-Straßen-Debakel soll verhindert werden. Mit den Gastronomen gab es bereits Gespräche, mit den Einzelhändlern und der Fürstenberg-Brauerei auch. Als nächstes steht eine Bürgerversammlung am Dienstag, 28. März, um 19 Uhr im Strawinsky Saal der Donauhallen an.
„Natürlich werden wir noch einen Verkehrsplaner beauftragen, das durchzurechnen. Aber bevor wir einen Haufen Geld ausgeben, wollen wir wissen, ob das Konzept eine Akzeptanz findet“, sagt OB Erik Pauly. Die Rückmeldungen bislang wären „durchwachsen“. Die Gastronomen würden das Konzept begrüßen, die Ärzte wären aufgeschlossen, doch wären auch schon viele Sorgen und Ängste geäußert worden – vor allem von den Einzelhändlern.
Während den einen das Konzept nicht weit genug geht und eine Fußgängerzone gefordert werde, sehen andere darin schon ein großes Geschäftesterben. Ähnlich durchwachsen sind auch die Meinungen im Gemeinderat.
Das sagt Michael Blaurock (Grüne)
„Auch als Grüne müssen wir die Realität akzeptieren, dass Leute auch gerne mit dem Auto in die Stadt gehen, um einkaufen zu gehen.“ Wichtig sei, dass es auch ein Verkehrs- und Parkleitsystem gebe, um die Autofahrer führzeitig zu informieren, wo sie parken können. „Denn der Durchgangsverkehr ist vielleicht auch Parksuchverkehr.“
Im digitalen Zeitalter könne man so auch Informationen gewinnen, wo es Bedarf für Parkplätze zu welchem Zeitpunkt gebe. „Damit könnten wir die Diskussion ‚Wo haben wir genug Parkplätze und wo nicht‘ auch versachlichen.“
Wichtig Punkte für Blaurock: Dass das Konzept auch im Bezug auf Radfahrer geprüft werde und dass die Anzahl der Busse im direkten Innenstadtbereich reduziert werde. „Ich war selbst überrascht, dass täglich über 160 Busse durch die Innenstadt fahren. Und so ein Bus ist etwas ganz anderes als ein Auto.“
Das sagt Karin Stocker-Werb (CDU)
„Wenn die Kundenfrequenz abnimmt, wird keine Rückkehr mehr möglich sein, weil dann bereits Geschäfte und Praxen verloren gegangen sind“, sagt Karin Stocker-Werb, die selbst ein Geschäft in der Innenstadt hat.
Viele Einzelhändler hätten Existenzängste und es dürfte nicht mit dem Verkehr experimentiert werden. „Es hängt zu viel dran. Wir haben auch eine Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern.“
Das sagt Marcus Greiner (CDU)
„Wir wollen nicht etwas gegen diejenigen durchdrücken, die am meisten betroffen sind“, sagt CDU-Fraktionssprecher Marcus Greiner, der sich von der Bürgerbeteiligung mehr erhofft, als nur ablehnende Meinungen.
Ebenso von den Einzelhändlern: „Eine positive Beteiligung der Einzelhändler ist wünschenswert. Man kann nicht nur ablehnen, man sollte auch schon Ideen haben.“ Aber: „Die Einzelhändler, die frustriert aufgegeben haben, sind dann halt weg.“
Das sagt Michael Klotzbücher (FDP/FW)
Das Thema Verkehr sei in Donaueschingen ein großes Problem der Mentalität: „In München fährt jeder über den großen Ring, auch wenn die Strecke fünf Kilometer länger ist. In Donaueschingen fährt jeder den kürzesten Weg, auch wenn er fünf Minuten länger ist“, sagt Michael Klotzbücher.
Man solle das zuerst umsetzen, was am unumstrittensten ist: Den Cityring könne man ohne Widerstände ausschildern. Anschließend werde man sehen, ob sich das Verhalten der Autofahrer dadurch ändere und überhaupt noch Sperrungen nötig sind.
Das sagt Marcus Milbradt (GUB)
„Es ist gut, dass wir konkretisiert haben, was wir alle wollen und dieses Mal nicht über andere hinweg diktieren“, sagt Marcus Milbradt – Fraktionssprecher der GUB und selbst Einzelhändler. Die GUB sei dafür, dass das Parkleitsystem schnell eingerichtet werde.
Parken könne man in vielen Städten, aber trotzdem würden viele Kommunen ausweisen, wo sie es gerne hätten. „Wir sollten die Touristen hinter dem Rathaus parken lassen und sie quer durch die Innenstadt zur Donauquelle führen.“
Das sagt Jens Reinbolz (SPD)
„Wir möchten tatsächlich eine Änderung des Status Quo hin zum Bessern“, sagt der SPD-Fraktionssprecher. Das Konzept bringe „eigentlich alles relativ gut unter einen Hut“. Wichtig sei allerdings, dass Ausweichrouten, wie beim letzten Mal die Werderstraße, verhindert werden und ein Parkleitsystem, das auch die Anzahl der Parkplätze anzeigt.
„Die Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt ist etwas, was allen in der Stadt helfen kann – auch den Einzelhändlern.“ Er glaube nicht, dass Nichtstun die Situation verbessere. Dass man aktuell überall hinfahren könne, habe die Situation des Einzelhandels auch nicht verbessert. Einkaufen müsse wieder zum Erlebnis werden.
Das sagt OB Erik Pauly
Deutliche Worte findet OB Erik Pauly: „Natürlich sind wir nicht die besseren Einzelhändler. Aber wir sind auch nicht nur für die Einzelhändler gewählt.“ Natürlich soll es den Donaueschinger Geschäften gut gehen, aber eben auch allen anderen Bürgern.
Man könne nicht alles auf das letzte Verkehrskonzept zurückführen – auch wenn damals Fehler gemacht worden seien. „Wir hatten schon Insolvenzen in der Karlstraße vor dem letzten Verkehrskonzept.“
Der Einzelhandel sei nicht das einzig entscheidende Argument für oder gegen das Verkehrskonzept. „Hier im Gemeinderat sitzen die gewählten Vertreter und wir können Entscheidungen treffen, in dem wir selbst denken und müssen nicht Meinungen hinterher rennen.“ Natürlich sei dies nicht einfach, weil man auch verbrannte Erde hinterlassen könne.
Deshalb brauche es größtmögliche Transparenz – mit einer Einwohnerversammlung, die sich an jeden richtet.