Eine Schild brachte das gesamte Verkehrskonzept zu Fall. Es war ein einfaches Schild, das ab dem 25. April 2018 an der Stadtkirche die Ausfahrt aus dem Zentrum verbot.
Vergessen war der neue Radfahrer-Schutz-Streifen auf der Herrmann-Fischer-Allee, die einheitliche Tempo-20-Zone in der Innenstadt oder gar das höhere Ziel, den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt herauszubekommen. Das Verkehrskonzept wurde auf eine Maßnahme reduziert: das Schild an der Stadtkirche.

Des Bürgers Unmut gepaart mit dem Kommunalwahlkampf sorgten letztendlich dafür, dass nicht nur die Schilder im Mai 2019 wieder abgebaut wurden, sondern gleich das ganze Verkehrskonzept in der Schublade verschwand.
Das Verkehrskonzept ist zurück
Das soll sich nun ändern. Eigens wurde ein Mobilitätsausschuss gegründet, der sich nicht nur mit dem Autoverkehr, sondern auch mit Radfahrern und mit dem Stadtbus beschäftigen soll. Und damit nachher der Gewerbeverein nicht sagen kann, er habe von nichts gewusst, sitzen nicht nur die fünf Gemeinderatsfraktionen am Tisch: Mit dabei auch der Gewerbevereins-Chef Stefan Baur, die Citymanagerin Christine Neu und der Behindertenbeauftragte Manfred Kemter.
Wer nun befürchtet, OB Erik Pauly hätte einfach die Schublade aufgemacht und das alte Verkehrskonzept herausgeholt, der täuscht sich. Denn erst einmal geht es darum, ein gemeinsames Ziel festzulegen. Nein, die Einbahnstraße an der Stadtkirche kommt nicht zurück.
Aber: „Es ist notwendig, dass sich etwas verändert. Wir wollen den Durchgangsverkehr aus der Stadt herausbringen.“ Und es sollen alle Interessensgruppen von Beginn an mitgenommen werden.
Erstes Thema: Der Ring um die Innenstadt
Wen der Weg nicht durch die Innenstadt führen soll, dann muss es einen Weg außen herum geben. Ein Problem: „Wir haben ein schönes Schloss und einen schönen Schlosspark“, sagt Pauly. Prinzipiell ist das ja kein Problem, sondern eher ein Schmuckstück für die Stadt.
Doch: „In Donaueschingen ist es nicht möglich, einen Ring um die Stadt zu schließen.“ Daher soll der Fokus mit dem vierspurigen Ausbau der B27 auf einen weiträumigeren Ring gelegt werden. Nämlich über den Allmendshofer Zubringer, die Bundesstraße und die zwei weiteren Donaueschinger Auf- und Abfahrten.
Zweites Thema: Das Aushängeschild Residenzviertel
„Wenn man sich in unserem schönen Residenzbereich die Verkehrssituation anschaut, dann ist das eigentlich schon tragisch“, sagt der OB und fügt hinzu: Man kann kaum über die Straße laufen, so viel Verkehr ist da.“ Und die Fußgänger, die vom Lammplatz hoch zur Donauquelle laufen. „Das ist nicht nur unschön, sondern auch gefährlich.“ Schließlich hat bei der Erbauung der Stadtkirche niemand daran gedacht, dass zukünftig einmal an der Engstelle Fußgänger, Radfahrer, Autos, Busse und Lastwagen auf engstem Raum miteinander konkurrieren werden.
Hier soll‘s langgehen
Das Ziel ist also: „Wir wollen keinen reinen Durchgangsverkehr in der Innenstadt.“ Wer von der Siedlung nach Bad Dürrheim fahren will, der sollte eben nicht durch die Innenstadt fahren. „Es wird ja wohl keiner sagen, dass Durchgangsverkehr eine schöne Sache ist.“
Dann gibt es jedoch noch die Autofahrer, die gezielt in die Stadt wollen: „Wir wollen, dass jeder Laden erreichbar ist. Aber die Frage ist schon, ob man direkt im Schaufenster parken muss“, sagt der OB.
Denn auch das hatten Verkehrsuntersuchungen ergeben: In Donaueschingen wird oft lieber im Kreis gefahren, bis man einen Parkplatz direkt vor dem Geschäft hat, als in der Parallelstraße zu parken. Eine erste Idee: „Man sollte in die Stadt reinfahren können, aber man muss auch auf die gleichen Weg rausfahren.“ Das würde den Durchgangsverkehr verhindern.
Hört sich leicht an, ist es aber nicht
Das gemeinsame Ziel können alle Fraktionen und auch Gewerbeverein unterschreiben. Einig sind sich auch alle: Es wird kein leichter Weg.
„Es gibt viele Interessengruppen, die oft widerstreitende Interessen haben“, sagt Claudia Weishaar (GUB). Jeder müsse etwas von seiner Position abrücken, damit ein Konsens möglich werde.
Auch Michael Klotzbücher (FDP/FW) hält es für wichtig, den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt herauszubringen. Schon vor 35 Jahren sei man damit gescheitert. Es gebe ein Grundproblem: „In Donaueschingen fährt man den kürzesten Weg, auch wenn es fünf Minuten länger dauert.“
Ralf Rösch (CDU) ist froh, dass jetzt wieder über das Verkehrskonzept diskutiert wird. „Wir haben uns nicht getraut, die Sache wieder anzuschieben.“ Wichtig sei aber, dass man nicht nur den Verkehr singulär betrachtet, sondern auch das Radwege- in das Verkehrskonzept integriere.
„Wir sollten nicht nur den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt herausbekommen, sondern auch den Parksuchverkehr“, sagt Martina Wiemer (SPD). Dazu müsste auch die Frage gestellt werden: Was ist möglich? Und wie viele Parkplätze braucht es direkt in der Innenstadt?
„Es muss allen bewusst sein, dass jeder auf etwas verzichten muss, damit wir etwas Gutes erreichen können“, sagt Anni Bronner (Grüne). „Wir alle wollen eine beruhige Innenstadt mit mehr Aufenthaltsqualität, wir wollen einen Bus und wir haben den Pkw-Verkehr und die damit verbundenen Parkplätze.“ Diese Komponenten sollten sich nicht ausschließen. „Wir müssen einen Weg finden, damit alle zusammenleben können.“
Und der Gewerbeverein?
„Wir müssen die Innenstadt beruhigen“, sagt Stefan Baur, Chef des Gewerbevereins, der sein Geschäft direkt am Residenzbereich hat. „Wenn ich zum Fenster hinausschaue, dann erschrecke ich. Da ist richtig viel los.“ Und das meint er nicht im positiven Sinne. Aber. „Das Parken muss im Umfeld möglich sein.“