Ernst Zimmermann

Die Entenburg in Pfohren gilt schlechthin als Wahrzeichen der Baar. 550 Jahre hat sie jetzt auf ihrem Buckel. In Pfohren gibt es kein älteres Gebäude, und auch auf der Baar dürfte es nur wenige Häuser geben, die ihr in dieser Hinsicht das Wasser reichen können. Also steht Pfohren in diesem Jahr nach der gelungenen 1200-Jahr-Feier von 2017 wieder ein besonderes Fest ins Haus?

Keineswegs! Weder Kerstin und Kai Sauser, die heute mit ihren Kindern Henri, Lilli, Janne und Mika in der Entenburg wohnen, noch Ortsvorsteher Gerhard Feucht können mit einem Jubiläumsfest aufwarten. Das Coronavirus hat ihnen in dieser Hinsicht einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aufgeschoben bedeutet für sie allerdings nicht aufgehoben. Kai Sauser will nicht ausschließen, dass ganz spontan eventuell doch noch etwas organisiert werden könnte, man sein schon in den Planungen. Gerhard Feucht kann sich vorstellen, dass es vielleicht zum 555. Jahrestag eine Wiederholung des gelungenen Mittelalterfestes geben könnte, das die Pfohrener Vereine 2017 auf die Beine gestellt haben. Die Jubiläums-Schnapszahl würde sich in fünf Jahren dafür geradezu anbieten.

Im Innern der Entenburg: Viel Platz und ein wunderschönes Ambiente.
Im Innern der Entenburg: Viel Platz und ein wunderschönes Ambiente. | Bild: Ernst Zimmermann

Der Erbauer des alten Schlosses, wie die Pfohrener die Entenburg nennen, war Graf Heinrich VI. von Fürstenberg, der als Chef der Kinzigtaler Linie des Hauses Fürstenberg in Wolfach residierte. Sein Landsitz in Pfohren dürfte ihm also eher zur Ausübung der Wasserjagd gedient haben.

Der Kaiser gab der Burg ihren Namen

Dass die Entenburg ihren Namen von Kaiser Maximilian I. erhalten hat, ist schriftlich überliefert. Dieser hat zum ersten Mal, damals noch als römisch-deutscher König, im April 1507 auf dem Weg von Villingen zum Reichstag in Konstanz drei Tage lang bei seinem Hofmarschall Graf Wolfgang von Fürstenberg in der Entenburg Station gemacht. Karl Wacker erwähnt in seinem Buch „Der Landkreis Donaueschingen“ einen weiteren Besuch im Mai 1507. Im Oktober 1510 weilte Maximilian I. nochmals in der Burg, jetzt als Kaiser des Heiligen Römischen Reichs. Dieser Aufenthalt und die Nennung des Namens Entenburg ist durch einen Brief an seine Tochter Margarete von Österreich, Statthalterin in den habsburgischen Niederlanden in ihrer Residenz in Mechelen, belegt.

Vielfältige Nutzungen

Zur Nutzung der Entenburg in den Anfangsjahren gibt es nur Vermutungen. Bekannt ist aber, dass sie einem fürstenbergischen Obervogt als Wohnung diente. Es folgte eine Nutzung als Zehntscheune und noch später als Heulager. Nachdem Ralf Röver das Jagdschloss Entenburg erworben und in engem Zusammenwirken mit den Denkmalbehörden 1988 behutsam saniert hat, ist die Burg wieder bewohnt.

Ein beeindruckendes Gebäude

Bernhard Laule und Peter Schmidt-Thomé vom Landesdenkmalamt Freiburg zeigen sich in ihrem Beitrag zur Entenburg in der Pfohrener Ortschronik davon überzeugt, dass die Entenburg ursprünglich ein sehr beeindruckendes Gebäude gewesen sein musste. Sie haben diese vor der Sanierung bauhistorisch gründlich untersucht. Das Ergebnis ihrer Arbeit: Bei der Burg handelt es sich um ein sogenanntes Weiherhaus, also ein Gebäude, das in einem künstlich angelegten Gewässer steht und von einem Wassergraben umgeben ist. So war auch die ursprüngliche Situation bei der Entenburg. Deren Architektur orientierte sich an Vorbildern in Burgund. Nach ihrer Erbauung hatte die Burg ein Walmdach, die vier Türme ragten über die Dachtraufe hinaus und waren vermutlich jeweils von einem kegelförmigen Dach geschützt.

So ungefähr könnte die Entenburg 1471 ausgesehen haben. Zeichnung: Ernst Zimmermann
So ungefähr könnte die Entenburg 1471 ausgesehen haben. Zeichnung: Ernst Zimmermann | Bild: Ernst Zimmermann

Einen ungefähren Eindruck, wie die Entenburg ausgesehen haben könnte, vermittelt eine Abbildung im „Mittelalterlichen Hausbuch“ der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg. Zur Burg gehörten Wirtschaftsgebäude. So zum Beispiel, Küche, Badstube, Bäckerei, Wohnungen für das Gesinde, Wagenremisen und Pferdeställe. Eine ähnliche Situation sieht man heute noch beim Wasserschloss Glatt in der Nähe von Sulz am Neckar. Es gibt die Vermutung, dass die Entenburg möglicherweise im Bauernkrieg durch einen Brand beschädigt wurde und die Burg bei der Behebung des Brandschadens und der Umnutzung zur Zehntscheune 1568/69 die heutige Form einschließlich des großen Tors auf der Nordseite erhalten hat. So wie heute, befand sich der ursprüngliche Zugang auf der Ostseite.

Graf Heinrich VI. von Fürstenberg hat die Entenburg bauen lassen

Die Anordnung von Graf Heinrich VI. von Fürstenberg zum Bau der Entenburg wurde von seinem Chronisten und Kammerdiener Michel Spiser so schriftlich überliefert. Entsprechende Hinweise gibt es auch im gemeinsamen Testament der Brüder Heinrich und Wolfgang von Fürstenberg sowie im Kinzigtaler Lagerbuch und im Fürstlich Fürstenbergischen Urkundenbuch. Heinrich VI. war Chef der zu Beginn des 15. Jahrhunderts neu entstandenen Kinzigtaler Linie der Grafen von Fürstenberg. Die dieser vorausgegangenen Linie in Haslach war bereits 1386 erloschen. Zur neuen Kinzigtaler Linie mit den Herrschaften Haslach, Hausach und Wolfach gehörte auch die ehemalige Herrschaft Wartenberg mit der Stadt Geisingen.

Burgund inspirierte den baufreudigen Adligen

Das Dorf Pfohren war damals der wartenbergischen Baar zugeordnet. Deshalb konnte der im Kinzigtal beheimatete Graf sein Jagdschloss in Pfohren realisieren. Überhaupt zeigte sich dieser in seiner recht langen Regierungszeit (1432 bis 1490) sehr baufreudig: So erneuerte er auch die Burg auf dem Wartenberg (befand sich am Standort des heutigen Schlösschens), baute das Schloss in Wolfach aus, erweiterte die Burg in Hausach und baute diese großzügig um. Dass Heinrich VI. durch Vorbilder in Burgund zum Bau der Entenburg inspiriert wurde, darf angenommen werden. Wie sein Chronist Michel Spiser berichtet, gehörte er nämlich zur Begleitung von Maximilians Vater, Kaiser Friedrich III., als dieser am burgundischen Hof die Bedingungen der Heirat seines Sohnes mit Maria von Burgund aushandelte. Diese Heirat prägte den Lauf der Geschichte Mitteleuropas an der Nahtstelle von Mittelalter und Neuzeit nachhaltig.

Die Entenburg in Pfohren kann also für sich in Anspruch nehmen, dass mit ihr und in ihr an dieser Geschichte mitgeschrieben wurde. Mit dem Tod von Heinrich VI. 1490 erlosch die Kinzigtaler Linie der Fürstenberger Grafen. Die Besitzungen fielen an die Grafen Heinrich VII. und Wolfgang aus der Baarer Linie.