Vier jüdische Frauen und ein französischer Kommandant
Die Stadträte setzen ein bedeutendes Zeichen
Wege werden nach vier Donaueschingerinnen benannt
Sie waren Jüdinnen und haben den Progrom hier erlebt
Mit dem Kindergarten ist das erste Gebäude im neuen Stadtviertel „Am Buchberg“ fertig. Nun hat der Gemeinderat die ersten Straßennamen festgelegt.
| Bild: Heinz Bunse
Es war eine große Stunde der Donaueschinger Stadträte: Mit der Entscheidung für die Straßen- und Platznamen im neuen Stadtviertel „Am Buchberg„ ging es um mehr, als um Straßenschilder und die Adressen der zukünftigen Bewohner. „Es geht um eine Stellungnahme der Stadt zu einem sehr sensiblen Thema“, sagt OB Erik Pauly. Denn sowohl der Umgang mit jüdischen Mitbürgern, als auch die deutsch-französische Freundschaft, die genau in diesem Quartier begonnen hat, sollen dort präsent sein. Vier jüdische Frauen und ein französischer Kommandant sollen dort „ein Kapitel von der Vergangenheit in die Zukunft“ schlagen.
Doch es sind nicht irgendwelche Namen: Die vier jüdischen Frauen haben alle zur Zeit des Nationalsozialismus in Donaueschingen gelebt und waren mit ihren Familien ein Teil des gemeinschaftlichen Stadtlebens. „Sie haben eine besondere Geschichte und eine besondere Opferrolle“, sagt SPD-Stadträtin Martina Wiemer, die sich intensiv mit der Geschichte der jüdischen Familien in der Stadt und ihrem Schicksal beschäftigt hat und auch Stadtführungen zum jüdischen Leben anbietet.
Und die Wahl fiel nicht nur auf Frauen, weil sie „Haus und Hof“ zusammengehalten haben, wie Niko Reith anführte, sondern auch, weil den Frauen im Judentum eine besondere Rolle zukommt. Jude ist nur, wer eine jüdische Mutter hatte. „Den Nazis war das aber egal“, erklärt Martina Wiemer. Auch wer einen jüdischen Großvater väterlicherseits hatte, galt bei ihnen als Jude. Diese Frauen stehen stellvertretend für alle jüdischen Frauen, die Opfer geworden sind im Nationalsozialismus. Sie stehen für Mut und Kraft.“
Und es gibt noch einen weiteren Grund, warum die Familien durch die Vornamen der Frauen verewigt werden. Denn gerade die jüdischen Frauen hatten eine besondere Rolle und auch besondere Schwierigkeiten. Nach dem Krieg mussten sie beispielsweise durch Zeugen nachweisen, dass sie überhaupt gearbeitet hatten. „Nur so haben sie überhaupt eine mickrige Rente erhalten“, erklärt Wiemer. Bei den Männern sei klar gewesen, dass sie beispielsweise ein Geschäft gehabt hätten, bei den Frauen, die auch im Laden gearbeitet haben, hätte es dann den Nachweis gebraucht. Und die Frauen hätten selbst nach Zeugen suchen müssen, die auch bereit waren, das auszugeben.
Einzig der CDU erschloss sich Argumentation für Frauennamen nicht, sie hätten lieber die Familien als Ganzes gewürdigt. „Es ist ein tolles Zeichen und wir tragen so unseren Teil dazu bei, unsere Augen nicht zu verschließen“, sagt FDPler Niko Reith. Denn die Gräuel des Nationalsozialismus wären nicht nur in Auschwitz geschehen, sondern „auch unmittelbar vor unserer Haustüre“.