Erleichtert verließen Patrick Gramer, der Schulleiter des Abendgymnasiums Villingen-Schwenningen, und vier seiner Schüler die Gemeinderatssitzung am Mittwochabend. „Das war eine gute Entscheidung“, nickte er. Denn aus dem Rat kam das klare Signal, diese besondere Bildungseinrichtung im Oberzentrum bis auf Weiteres zu erhalten, auch wenn dies womöglich finanziell wehtun wird. Einstimmig hat das Gremium beschlossen, die Schule um ein weiteres Schuljahr fortzuführen und einen weiteren Jahrgang neuer Schüler aufzunehmen.

Jetzt soll die Werbetrommel gerührt werden

Die Schulleitung wurde von den Stadträten aufgefordert, sofort kräftig die Werbetrommel zu rühren, um den Abwärtstrend bei den Schülerzahlen umzukehren. Parallel dazu soll die Stadtverwaltung mit dem Kultusministerium die Frage der Bezuschussung der Einrichtung abklären.

Sinkende Schülerzahlen im Abendgymnasium, das am Deutenberg-Gymnasium in Schwenningen eingebettet ist, haben letztlich dazu geführt, dass das Regierungspräsidium Freiburg als Organ des Landes die weitere Förderung dieser Bildungsstätte infrage gestellt hat.

Diese Kosten drohen im schlechtesten Fall

Stefan Assfalg, der Leiter des Amtes für Jugend, Bildung, Integration und Sport, verdeutlichte den Stadträten die finanziellen Folgen. Wenn die Stadt alleingelassen wird bei der Finanzierung der Personal- und Sachkosten, muss sie jährlich rund 400.000 Euro Kosten aus eigener Kasse bestreiten. Auf vier Jahre summiert sich dies auf 1,6 Millionen Euro.

Die Schülerzahlen am Abendgymnasium Villingen-Schwenningen sind deutlich gesunken. Jetzt soll verstärkt die Werbetrommel für diesen ...
Die Schülerzahlen am Abendgymnasium Villingen-Schwenningen sind deutlich gesunken. Jetzt soll verstärkt die Werbetrommel für diesen Schultyp gerührt werden. | Bild: Schönlein, Ute

Gleichwohl herrschte im Gemeinderat weitgehend Konsens, diese Bildungseinrichtung nicht aufzugeben. Zum einen ist die Schule das einzige Abendgymnasium weit und breit. Würde die Einrichtung zum Schuljahresende dicht gemacht, wie zuerst angedacht, dann wäre das für die Bildungsbemühungen der meisten Schüler wohl das Ende. Wohl kaum einer der Pennäler würde täglich nach Freiburg, Reutlingen, Stuttgart oder Radolfzell fahren, wo die nächsten Abendgymnasien bestehen.

Einig waren sich die meisten Gemeinderatsfraktionen darin, dass man es den Schülern des Abendgymnasiums ermöglichen müsse, ihre Abschlüsse in Villingen-Schwenningen zu beenden. Die Schule sei ein „Alleinstellungsmerkmal des Oberzentrums“, betonte Katharina Hirt (CDU), und sei für die Region sehr wichtig. Sie äußerte ihre Hochachtung vor den Menschen, die diesen anstrengenden zweiten Bildungsweg einschlagen. Diese Haltung wurde auch von den anderen Fraktionen so geteilt.

AfD sieht einen anderen Weg

Einzig die AfD war zunächst anderer Meinung. Martin Rothweiler schlug vor, die Stadt solle neue Wege gehen und jährlich 60.000 Euro bereitstellen, damit bildungswillige Schüler über ein privates Fernstudium ihr Abitur nachholen können. Die Hälfte des Geldes könnte dafür eingesetzt werden, diesen Schülern, beispielsweise über die Volkshochschule, einen ergänzenden Präsenz-Unterricht zu ermöglichen.

Patrick Gramer, der Schulleiter des Abendgymnasiums beurteilte diesen Vorschlag in der Gemeinderatssitzung mit Skepsis. Für diese Schüler, die größtenteils parallel zur Berufstätigkeit abends die Schulbank drücken, sei der regelmäßige Präsenzunterricht erfahrungsgemäß geradezu entscheidend, um den Stoff zu erfassen und durchzuhalten, verdeutlichte er.

Nicola Schurr (SPD) regte an, eine Lösung für eine finanzielle Beteiligung der Nachbarstädte und Gemeinden zu suchen, damit die Region nicht diese für wichtig erachtete Bildungseinrichtung verliere. „Das nehmen wir als Auftrag mit“, stimmte Oberbürgermeister Jürgen Roth zu. Derweil wollen die Schule und das Fachamt der Stadtverwaltung verstärkt Werbung fürs Abendgymnasium machen.

Neuer Beschluss des Gemeinderates

Das eindeutige Meinungsbild im Gemeinderat mündete am Ende in einen neuen Beschlussantrag: Das Abendgymnasium wird auf jeden Fall ein weiteres Jahr fortgeführt und somit zumindest bis 2029 weiterlaufen.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Verwaltung bekommt den Auftrag, in den nächsten vier Wochen beim Kultusministerium die Finanzierungsfrage zu klären und möglichst eine Ausnahmeregelung für die weitere Bezuschussung der Bildungseinrichtung zu erwirken. Im Juli soll auf Basis der Antworten aus Stuttgart erneut über die Zukunft der Schule im Gemeinderat beraten und abschließend entschieden werden. Auch die AfD erklärte sich damit einverstanden und stellte ihren Antrag zurück.