Aus dem Alltagstrott aussteigen und noch einmal ganz von vorne anfangen – wovon manche Menschen träumen, hat Stephan Peltzer gemacht. Der Gründer und ehemalige Geschäftsführer des Online-Kaufhauses Yatego tauschte Anzug und Krawatte gegen Cordhose und Bauernhemd. Heute lebt er als freier Lebenskünstler auf einem alten Hof.

Den Blick von dem Anwesen in Brigach auf die Bergstadt könnte man symbolisch deuten. Abstand gewinnen von allem Bisherigen. Dabei blickt Stephan Peltzer ohne Groll auf die Vergangenheit zurück. Als er zwölf Jahre alt war, brachte ihm sein Vater das Computerprogrammieren bei. Mit 16 hat er seine erste eigene Software programmiert. "Das war ein Programm zur Achslastberechnung von Räumfahrzeugen im Winterdienst", erinnert sich Stephan Peltzer, während er den Blick aus der großen Glasfront seines Bauernhauses auf die wilde Natur genießt.

Vom Unternehmer zum Aussteiger

Mit 18 hat er zusammen mit drei Freunden sein erstes Unternehmen gegründet und Computer, Telefonanlagen und Netzwerke eingerichtet. Mit zwei anderen Freunden gründete er eine Werbeagentur und programmierte zunächst Internetseiten, Onlinedatenbanken und Onlineshopsysteme. Damals eine Innovation, die es den jungen Unternehmern ermöglichte, 1999 ins Technologiezentrum einzuziehen. 2003 entstand daraus das Onlinekaufhaus Yatego. Und Stephan Peltzer war Geschäftsführer.

Mit dem wachsenden Erfolg von Yatego veränderte sich das Aufgabengebiet von Stephan Peltzer. "Ich habe mehr und mehr nur noch administrative Aufgaben wahrgenommen. Das, was ich eigentlich am liebsten mache, nämlich programmieren, habe ich irgendwann gar nicht mehr gemacht." 2011 verkaufte er die Firma, blieb aber noch zwei Jahre als Manager in dem Unternehmen. "Aber ich habe überlegt, dass es befriedigendere Tätigkeiten geben muss." 2013 stieg er aus. "Ich bin praktisch von einem Tag auf den anderen Tag raus. Ohne einen Plan für danach", beschreibt Peltzer den krassen Schnitt.

Renovierung des Bauernhauses

Ein bis zwei Jahre Auszeit wollte er sich damals gönnen. Der einzige Plan, den er zu jenem Zeitpunkt hatte, war, das alte Bauernhaus zu renovieren, das er bereits 2011 gekauft hat. Ein ehrgeiziges Unterfangen. "Das Haus war in einem jämmerlichen Zustand." Heute ist das Bauernhaus ein Schmuckstück, auf das Stephan Peltzer zu Recht stolz ist.

Das meiste hat er selbst gemacht. "Ich habe damals praktisch auf der Baustelle gelebt. Ich bin Bagger gefahren und habe Wände verputzt. Und wenn Handwerker da waren, habe ich mitgeholfen", sagt Peltzer, der sagt, "ich kenne an meinem Haus wirklich jeden Stein. Und es hat gut getan, sich mal richtig die Hände schmutzig zu machen."

Neue Projekte im Sinn

Mittlerweile hat der heute 40-Jährige den Kopf frei für neue Aufgaben. Und davon packt er gleich mehrere richtig an. In einem Teil seines Hauses hat er eine rustikale Ferienwohnung eingerichtet, die er an Ruhesuchende vermietet. In einem kleinen Backhäuschen im Gemüsegarten will er eine alte Tradition wieder aufleben lassen und Interessierten das Brotbacken näher bringen. Auch setzt er als Künstler verschiedene Projekte um. So war er beim Projekt Blackwood Forest beteiligt. "Und dann habe ich ja noch den Garten und muss im Wald Holz machen. Das erfüllt mich und macht mich glücklich", sagt er zufrieden.

Und schließlich hat er mit einem befreundeten Landwirt begonnen, Wagyu-Rinder zu züchten. Das Fleisch dieser japanischen Rinderrasse gilt aufgrund der langsamen Aufzucht und besonderen Behandlung der Tiere als absolute Delikatesse, für die Feinschmecker Höchstpreise bezahlen. Bis die ersten Rinder das wertvolle Fleisch liefern, dauert es noch einige Zeit. Aber die hat Stephan Peltzer ja und genießt jede Minute in seiner Freiheit weit ab von jeglichem Managerstress.

Das ist Yatego

Das 2003 von Stephan Peltzer und zwei Kompagnons gegründete Unternehmen Yatego war eine der ersten Onlineplattformen mit dem Konzept, Händlern virtuelle Ladenflächen zu vermieten. Seit 2011 ist die Acton Capital Beteiligungsgesellschaft Mehrheitsgesellschafter von Yatego. (spr)