St. Georgen – Der Name ist Programm. Im „Café Vielfalt“ im Bürgerzentrum Roter Löwen treffen sich Menschen jeden Alters, mit und ohne Behinderung. Einkommen, sozialer Status und kultureller Hintergrund spielen keine Rolle. Seit der Eröffnung im Mai diesen Jahres hat sich das Café als überaus beliebter Treffpunkt für Menschen aus St. Georgen und mittlerweile auch aus der Umgebung etabliert.

Besonders beliebt ist der Mittagstisch mit regionalen Gerichten zu erschwinglichen Preisen. Täglich werden rund 40 Portionen gekocht. Neben zwei hauptamtlichen Mitarbeiterinnen wird der Ablauf in dem Begegnungszentrum vorwiegend von Ehrenamtlichen sichergestellt. Das Besondere: Mit Unterstützung der Stiftung Liebenau arbeiten auch Menschen mit Behinderung in den verschiedenen Bereichen des Gastronomiebetriebs mit.

Unter dem Motto „Schmecke die Welt“ werden im „Café Vielfalt“ andere Kulturen kulinarisch entdeckt. „Am letzten Donnerstag des Monats wird international gekocht“, erklärt Kirsten Heinzmann das Konzept. Dann kocht und backt das „Café Vielfalt“-Team gemeinsam mit internationalen Mitbürgerinnen die Gerichte des jeweiligen Heimatlandes.

Nach Syrien und Sri Lanka stand am letzten Donnerstag im Dezember die Ukraine auf dem Speiseplan. Larysa und Aleksandr Tymchenko aus Kramatorsk kochten Borschtsch. Das ukrainische Nationalgericht ist ein Eintopf aus Kraut, Kartoffeln, Bohnen und roter Bete. Für Vegetarier wurde eine Variante ohne Fleisch serviert. Zum Nachtisch gab es Oladiki. Die kleinen Pfannkuchen wurden mit Schmand und Marmelade serviert. Ein Kompott aus Äpfeln, Rosinen und Schattenmorellen bereicherte geschmacklich das zum Essen gereichte Wasser.

Elisabeth Haas unterstützte das Ehepaar aus dem Donbas beim Kochen mit den Ehrenamtlichen des „Café Vielfalt“. Die Vorbereitungen begannen schon am Mittwoch. Wie jeden Donnerstag gehörten Marianne Mayer und Petra Höflin zum Küchen-Team.

Larysa und Aleksandr Tymchenko waren schon oft als Gäste im „Café Vielfalt“. Als sie von dem Konzept „Schmecke die Welt“ erfuhren, machten sie den Vorschlag, sich mit dem ukrainischen Nationalgericht in den Mittagstisch des Begegnungszentrums einzubringen.

Das Kochen erinnert die beiden an ihre Heimat in der Ukraine. Während der 63-jährige Aleksandr die umkämpfte Stadt Kramatorsk mit dem Beginn des Krieges im März 2022 verlassen hat, blieb Larysa bis Juli diesen Jahres, um ihre Mutter zu pflegen. „Krieg ist sehr schlimm“, erklärt die von den Erfahrungen im Kampfgebiet gezeichnete 63-Jährige. Der Verlust der Heimat und der Mutter sind schwer zu verkraften.

Dennoch ist es den beiden Rentnern wichtig, sich mit dem Kochen im „Café Vielfalt“ zu engagieren. „Sie haben großen Respekt vor den Deutschen und sind sehr dankbar, dass sie hier leben können“, beschreibt die Übersetzerin Elisabeth Haas die Motivation des Ehepaares. In diesem Jahr feiern die beiden Weihnachten zum ersten Mal wieder zusammen. Das einzige, was sie sich wünschen, ist Frieden.

„Heute gibt es Borschtsch aus der Ukraine“, erklärt Gabi Weißer den Gästen, die ab 11.30 Uhr zum Mittagstisch kommen. Die meisten kennen das Eintopfgereicht nicht, bestellen es aber neugierig. Allen schmeckt es sehr gut.

Unter den Gästen sind auch Joachim Kleiner und Rolf Hils mit ihren Ehefrauen. Die beiden Rentner arbeiten ehrenamtlich im „Café Vielfalt“ mit. „Wir sind die Schnippelhilfen“, witzelt Kleiner. „Früher war ich selbstständig in meinem Geschäft,“ erklärt Rolf Hils. „Jetzt arbeite ich hier ehrenamtlich mit Menschen mit Behinderung – das macht Spaß“, beschreibt der ehemalige Unternehmer seine Erfahrung im Ehrenamt.

Als ehemaliger Gemeinderat hat Joachim Kleiner die Entwicklung des Bürgerzentrums „Roter Löwe“ miterlebt. „Der Bürgermeister war die treibende Kraft – mit dem Gemeinderat im Rücken“, erinnert er sich. Das Bürgerzentrum sei ein Gewinn für die Bergstadt, betont er zusammenfassend abschließend.