Nach dem Hakenkreuz-Skandal im baden-württembergischen Landtag laufen nun die Ermittlungen zu den Hintergründen des Vorfalls. Die Ermittlungen würden durch das Polizeipräsidium Stuttgart geführt, sagte ein Sprecher. Wie genau diese aussähen, konnte er zunächst nicht sagen.
Bei einer geheimen Abstimmung im Landtag war am Donnerstag ein Stimmzettel mit einem Hakenkreuz beschmiert worden. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte den Vorgang im Plenarsaal in der letzten Sitzung vor der Sommerpause bekannt gemacht und drückte ihre Empörung aus. Die AfD-Fraktion wies zurück, etwas damit zu tun zu haben.
Die Landtagsverwaltung hatte den betroffenen Stimmzettel bereits am Abend den Ermittlungsbehörden übergeben. Wie diese mit dem Dokument nun umgehen, war zunächst nicht klar. Man werde aber eher keine Fingerabdrücke nehmen, sagte ein Polizeisprecher. Sonst müsse man ja zum Abgleich alle Abgeordneten erkennungsdienstlich bearbeiten. Das werde nicht passieren.
Landtagspräsidentin: „Es widert mich nur an“
Landtagspräsidentin Aras hatte den Vorfall im Plenum mit emotionalen Worten kritisiert. „Es widert mich nur an“, sagte Aras. Die Verwendung verfassungsfeindlicher Zeichen sei eine Straftat. Es sei bedauerlicherweise nicht möglich, die Tat einer Person zuzuordnen. „Das ist unterirdisch“, sagte Aras. Und: „Das ist eine Schande für dieses Parlament.“
Die AfD wollte zuvor bei der geheimen Wahl, zu der der Stimmzettel gehörte, Vertreter in den sogenannten Oberrheinrat wählen lassen – scheiterte aber ein weiteres Mal. Das deutsch-französisch-schweizerische Gremium setzt sich zusammen aus Vertretern der Teilregionen Elsass, Nord- und Südbaden, Südpfalz und Nordwestschweiz.
Für die geheime Abstimmung waren zwei Urnen an zwei Ausgängen des Plenarsaals platziert worden – am einen Ende sitzen die Abgeordneten von AfD, CDU und FDP und am anderen Ende die der Grünen und der SPD. Die Parlamentarier gehen dann für gewöhnlich zur Abstimmung in ihre jeweilige Ecke. Sie werden dort bei Abgabe des Stimmzettels namentlich von Schriftführern registriert. Theoretisch sei damit ausgeschlossen, dass Abgeordnete nicht auf der für sie vorgesehenen Seite wählten, teilte der Landtag mit.
Stimmzettel soll in Urne von Grünen und SPD geworfen worden sein
Nach dpa-Informationen soll der Stimmzettel mit dem Hakenkreuz auf der Seite von SPD und Grünen abgegeben worden sein. Die Landtagsverwaltung betonte, dass sie keine Angaben machen könne, in welcher Urne der Stimmzettel lag. Das sei Gegenstand von Ermittlungen.
Es sei schwierig, den Stimmzettel zuzuordnen. Man werde alle Fakten prüfen. Dass der Stimmzettel von einem Unbeteiligten, also nicht von einem Abgeordneten, eingeworfen worden sei, sei aber unwahrscheinlich. Nur Abgeordnete würden abstimmen, sagte die Landtagssprecherin.
Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, soll das Hakenkreuz in das Ja-Kästchen neben dem Namen des AfD-Kandidaten Bernhard Eisenhut eingetragen worden sein, der für den Oberrheinrat kandidierte. Eisenhut hat laut AfD-Fraktion Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, Beleidigung, Nötigung, übler Nachrede und Einschüchterung von Mandatsträgern.
Ergreifen die wohl betroffenen Fraktionen Maßnahmen?
Neben den Ermittlungen der Polizei dürfte auch spannend werden, wie die Fraktionen, auf deren Seite der Stimmzettel abgegeben wurde, mit dem Vorfall umgehen. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion hatte kurz nach Bekanntwerden des Vorfalls den Rückzug der verantwortlichen Person gefordert. „Wer so etwas macht, ist dieses Parlaments nicht würdig und sollte umgehend sein Mandat zurückgeben“, sagte Sascha Binder einer Mitteilung zufolge. „Das ist absolut widerwärtig“.
Auch Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz hatte sich ähnlich scharf geäußert. „Es erfüllt mich mit Abscheu, dass so etwas in unserem Landtag passiert“, teilte er am Abend mit. „Wer ein solches Symbol der menschenverachtenden Ideologie im Parlament nutzt, tritt alle Werte, für die meine Grüne Fraktion jeden Tag einsteht, mit Füßen. Diese Person hat in unserem Parlament nichts verloren!“ (dpa)