Die monatelange Hängepartie um die Führung des Polizeipräsidiums Konstanz ist vorbei: Nach Informationen des SÜDKURIER wird Jürgen von Massenbach-Bardt bereits in der kommenden Woche offiziell das Amt des Polizeipräsidenten antreten – acht Monate nachdem Ermittlungen gegen mehrere ranghohe Polizeiführer in Baden-Württemberg öffentlich geworden waren.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen den 59-Jährigen waren bereits im Mai eingestellt worden, mangels ausreichenden Tatverdachts. Die einzige Hürde zur Ernennung war ein noch ausstehendes Disziplinarverfahren. Auch dieses ist nun abgeschlossen – und endete ohne jedes belastende Moment, wie der SÜDKURIER erfuhr. Damit sind alle Vorwürfe gegen den Polizisten ausgeräumt. Das Innenministerium bestätigt auf Anfrage: „Das Disziplinarverfahren wurde eingestellt. Herr von Massenbach-Bardt soll sehr zeitnah Polizeipräsident des Polizeipräsidiums Konstanz werden.“ Er selbst äußerte sich nicht dazu.
Vorwurf: Prüfungsergebnis nachträglich verbessert
Von Massenbach-Bardt war bereits im September 2024 vom Ministerrat für den Posten am Bodensee bestätigt worden. Ende des Jahres wurde jedoch bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen ihn und weitere hochrangige Beamte ermittelt – im Zusammenhang mit mutmaßlich manipulierten Leistungsnachweisen an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg (HfPolBW).
Konkret geht es um einen Fall im Zusammenhang mit der Polizeihochschule in Baden-Württemberg, bei dem ein Polizeianwärter beim zweiten Versuch die geforderte 5000-Meter-Laufzeit offenbar nicht erreicht haben soll. Nach Angaben eines anonymen Hinweisgebers soll die Prüfungszeit nachträglich manipuliert worden sein. Ein Strafverfahren wegen Falschbeurkundung wurde gegen mehrere Beamte eingeleitet.
In der Folge konnte von Massenbach-Bardt das Präsidentenamt am Bodensee nicht antreten: Solange ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen einen Beamten läuft, ist eine Berufung in ein höheres Leitungsamt in der Regel nicht möglich. Der 59-Jährige wurde dann von seinem Posten als Vizepräsident der Hochschule in Villingen-Schwenningen in ein anderes Präsidium versetzt.
Gibt es noch einen Prozess?
Gegen einen Institutsleiter der Polizeihochschule Herrenberg wurde inzwischen ein Strafbefehl erlassen. Nach SÜDKURIER-Informationen soll dieser eine empfindliche Geldstrafe enthalten. Der beschuldigte Beamte legte Einspruch ein. Noch läuft die Frist am Amtsgericht Böblingen. Ein möglicher Prozess, in dem der ganze Fall öffentlich verhandelt werden würde, könnte im Herbst stattfinden.
Der Einspruch des Mannes überrascht nicht. Denn für höherrangige Beamte kann bereits ein nicht rechtskräftiger Strafbefehl dienstrechtlich schwer wiegen. Ein solcher kann – besonders bei dienstbezogenem Fehlverhalten – disziplinarische Konsequenzen nach sich ziehen. Die Bandbreite reicht von einer Verwarnung bis hin zur Entfernung aus dem Dienst. So steht es im Bundesdisziplinargesetz.
Interimsleitung durch Uwe Stürmer

Während das Verfahren lief, übernahm Uwe Stürmer, Polizeipräsident in Ravensburg, ab Januar 2025 kommissarisch die Leitung des Konstanzer Präsidiums. Seine Doppelfunktion – er leitete zwei Präsidien mit zusammen rund 2700 Bediensteten – war ursprünglich nur für drei Monate vorgesehen. Doch weil sich die Ermittlungen hinzogen, verlängerte sich die Interimszeit bis in den Sommer. Viele im Präsidium hätten sich gewünscht, dass Stürmer dauerhaft bleibe, wie intern zu hören war.
Das Polizeipräsidium Konstanz war seit Jahresbeginn 2025 ohne feste Führung, nachdem der bisherige Präsident Hubert Wörner und sein Vize, Kripo-Chef Thomas Föhr, in den Ruhestand gegangen waren.
Politischer Druck und strukturelle Fragen
Der Fall sorgte auch im Landtag für Diskussionen. Die Opposition forderte eine Sondersitzung des Innenausschusses und warf Innenminister Thomas Strobl (CDU) mangelnde Transparenz vor. Bereits im Januar musste Strobl sich Fragen zur Prüfungspraxis der Polizei stellen. Das Innenministerium hatte auch eingeräumt, dass es in den vergangenen zehn Jahren drei ähnliche Fälle von gefälschten Sportnachweisen gab.
Das Ministerium kündigte an, nach Abschluss der strafrechtlichen Aufarbeitung zu prüfen, ob strukturelle Reformen im Auswahl- und Prüfungswesen nötig sind.