In den Kellerräumen des Rathauses IV an der Villinger Straße haben sich die beiden neuen Integrationsmanager Patrizia Birneis und Khaled Mousa mittlerweile eingerichtet. Die Wände sind zwar noch kahl, die Räume wirken steril – „aber sie erfüllen ihren Zweck“, sagt Birneis und lacht.
Hier empfangen die beiden Klienten, führen Beratungsgespräche und prüfen, welche Potenziale vorhanden sind. Sie besprechen die nächsten Schritte und zeigen ihren Klienten Wege aus dem behördlichen Labyrinth, das aus Anträgen, Bewilligungen und Regeln besteht.
Ein bereits eingespieltes Team
Man merkt: Die zwei sind ein eingespieltes Team: Bereits im Landkreis Tuttlingen haben die beiden Integrationsmanager innerhalb eines Gemeindeverbundes zusammengearbeitet. Doch da der Zusammenschluss des Gemeindeverbundes auslief, musste eine neue Wirkungsstätte her.
Kurzerhand haben sich beide im Herbst 2024 in Donaueschingen beworben – und hatten kurz darauf die Zusage in der Hand. „Die Freude darüber ist natürlich groß, da wir beide im Team einfach super funktionieren und uns ergänzen“, so Birneis.
Einfühlungsvermögen und Empathie
Birneis und Mousa können sich gut in die Gedankenwelt ihrer Klienten einfühlen. Beide blicken selbst auf eine Migrationsbiografie. „Ich bin ein Gastarbeiterkind. Und ich kenne das Gefühl, wenn man zwischen den Stühlen sitzt. In Italien bin ich die Deutsche, in Deutschland bin ich die Italienerin“, so Birneis. Diese Identitätsproblematik beschäftige auch viele ihrer Klienten.
Auch Khaled Mousa kann davon ein Lied singen. Er ist studierter Agraringenieur und ist 2019 aus Syrien nach Deutschland geflohen. Doch seine Flucht- und erfolgreiche Integrationsgeschichte helfen ihm bei seiner täglichen Arbeit.
So gelingt die Integration
Er kennt den bürokratischen Dschungel wie seine Westentasche, da er alles an eigener Haut erlebte. Sein Tipp, wie die Integration funktioniert: Deutsch lernen. „Die Sprache ist der Schlüssel zum Erfolg.“
Er selbst spricht kurdisch, arabisch, türkisch, englisch und deutsch fließend. „Zwar ist es der Sache oft dienlich, dass ich übersetzen kann oder in der Muttersprache mit den Klienten sprechen kann, aber sobald ich merke, dass bereits Deutschkenntnisse vorhanden sind, wechsle ich auf Deutsch“, so seine Strategie.
„Wir sind hier in Deutschland, hier wird Deutsch gesprochen. Meine Klienten müssen ab und an ins kalte Wasser geschmissen werden und ihre Komfortzone verlassen“, so Mousa. Und dazu gehöre eben auch, dass man sich aktiv im Leben in Deutschland einbringe.
Strenge Auflagen und Regeln
Besonders für die Sorgen und Nöte der Neuankömmlinge haben die beiden immer ein offenes Ohr. „Derzeit treibt viele das Thema Abschiebungen um – das ist eine Angst, die bei vielen ganz tief drinsitzt“, so Patrizia Birneis. Die kürzliche Abschiebung der georgischen Familie aus dem Brigachtal haben die beiden auch mitbekommen, da Mousa auch im Brigachtal Menschen betreut. „Das war für viele ein Schock“, so Mousa.
Birneis berichtet von einem ihrer Klienten, der in Freiburg bereits seit zwei Jahren einer Arbeit nachgeht und jeden Tag aufgrund der Wohnsitzauflage von Donaueschingen nach Freiburg pendelt. „Er gibt sich unglaublich viel Mühe, ist engagiert bei der Sache und fleißig. Doch nun hat er seinen zweiten Ablehnungsbescheid erhalten und ist verzweifelt.“
Das ständige Leben in Angst vor einer Abschiebung könne zu Depressionen und Retraumatisierung führen, wie Birneis aus ihrem Arbeitsalltag berichtet. „Und wenn diejenigen dann noch an die falschen Anwälte geraten, die die Notsituation der Asylbewerber ausnutzen, ist das Chaos vorprogrammiert.“
Angst vor Abschiebung wächst
Die derzeitige restriktive Politik habe auf den Alltag der Geflüchteten erhebliche Auswirkungen, berichtet Birneis. „Früher waren Abschiebungen die Ausnahme, heute passiert das viel öfter. Und ein Stück weit spielt da oft behördliche Willkür mit.“
Viele ihrer Klienten hätten Angst, dass sie zu Hause oder bei der Arbeit von den Behörden aufgeschnappt und in den Flieger zurück in ihr Herkunftsland gesetzt werden.
Bezahlkarte ist ein Problem
Und mit welchem Märchen die beiden mal aufräumen möchten? „Deutschland gilt bei Geflüchteten nicht mehr als das Mekka und Paradies, wie es vielleicht noch vor ein paar Jahren war“, so Birneis.
Unter anderem aufgrund der Bezahlkarte: Die Einführung sehen die beiden jedoch mit gemischten Gefühlen. „Der Vorteil ist, dass sich das Leben mit der Bezahlkarte auf Deutschland fokussiert, das Geld bleibt hier“, so Birneis.

Andererseits würde dadurch eine Zweiklassengesellschaft entstehen – und die Menschen sind nicht mehr frei in ihren Kaufentscheidungen. „Eine Familie kann sich zum Beispiel nicht mehr bei Temu günstige Klamotten für die Kinder bestellen. Und jede Zahlung wird vom Landratsamt überwacht, das ist auch ein enormer bürokratischer Aufwand, der dahintersteckt“, so Birneis.