Der Gang zur Apotheke ist seit Monaten ein Lotteriespiel. Sind die benötigten Medikamente vorrätig, oder wenigstens innerhalb kurzer Zeit lieferbar? Oder ist es auf unbestimmte Zeit nicht verfügbar? Immer öfter müssen die Apothekenmitarbeiter ihre Kunden vertrösten, weil Medikamente, sowohl für akute Erkrankungen wie Erkältungen und Fieber, vor allem für Kinder, aber auch Präparate für Dauermedikation, nicht zur Verfügung stehen.
Einen wesentlichen Teil seiner täglichen Arbeitszeit verbringt Bernhard Lobmeier, Inhaber der Rathaus-Apotheke in St. Georgen damit, in den Computer zu schauen und die verfügbaren Medikamente mit der langen Liste der fehlenden Arzneimittel abzugleichen. Und die Liste ist lang.
Jetzt ist es schlimmer als 2019
„Aktuell stehen fast 600 Medikamente auf der Fehlliste“, sagt Lobmeier. Das ist mehr als doppelt so viel als bei der Medikamentenknappheit 2019. Und schon damals schlug das Gesundheitswesen Alarm.
Welche Medikamente knapp sind, wechselt ständig. Waren es vor Weihnachten in erster Linie Mittel gegen Erkältungen, sind es jetzt beispielsweise zusätzlich Mittel gegen Reizhusten und spezielle Antibiotika, die zusätzlich bei einer Chemotherapie gegeben werden.
Das sind die Gründe für die Probleme
Die Gründe dafür, weshalb eine Vielzahl von Artikeln derzeit nicht verfügbar ist, sind laut Lobmeier unterschiedlich. „Manchmal sind die Wirkstoffe zur Herstellung nicht verfügbar. Manchmal fehlt es auch einfach am Verpackungsmaterial“, weiß der Apotheker.
Und manche Fehlmengen seien auch ein Politikum und durch den Preisdruck verursacht, wenn Hersteller aufgrund gestiegener Kosten und Festbetragsregelung der Krankenkassen vorübergehend nicht produzieren.
Apotheker leisten Detektivarbeit
Um seinen Kunden trotz dieser Probleme so gut es geht, die benötigten Medikamente zu besorgen, checken Lobmeier und seine Angestellten „auf allen Kanälen“, ob der benötigte Wirkstoff etwa in einem Medikament eines anderen Herstellers verfügbar ist. Oder ob die benötigte Dosis etwa durch eine Veränderung der Menge, etwa eine Tablette halbieren oder die doppelte Menge einnehmen, erreicht werden kann.
Das kostet viel Zeit. „Glücklicherweise sind unsere Kunden sehr verständnisvoll“, so der Apotheker.
Dann heißt es schnell sein
Manchmal hat er beim Blick in den Computer Glück und in der Bestellmaske leuchtet für ein fehlendes Produkt ein grünes Häkchen auf. „Dann heißt es schnell sein und bestellen, oft ist die Verfügbarkeit nur wenige Minuten.“
Damit vor allem denjenigen Kunden, die permanent Medikamente einnehmen müssen, die Arzneimittel nicht ausgehen empfiehlt Lobmeier, „mindestens einen Monatsvorrat zu haben und rechtzeitig ein neues Rezept zu besorgen.“
Nur in Ausnahmefällen und auch nur gegen Rezept, kann die Apotheke auch selbst Arznei wie Fiebersäfte und -Zäpfchen herstellen. Das ist aber sehr aufwändig. „Dafür sind zwei pharmazeutisch-technische Assistentinnen einen ganzen Tag im Labor beschäftigt.“
Notstand auch in Tennenbronn
Das Problem betrifft alle Apotheken. Auch Cajetan Rapp von der Löwen-Apotheke in Tennenbronn erklärt, dass an vielen Arzneimitteln Notstand herrscht.

„Neben Erkältungspräparaten und Fiebersäften und Zäpfchen für Kinder gibt es für viele Arzneimittel wie Antidiabetika, sowie Herz-Kreislaufmedikamente nach wie vor sehr viele Lieferengpässe.“ Auch in seiner Apotheke werden demnach Individualrezepturen für Salben, Cremes und Lösungen hergestellt.
„Ein Ersatz für fehlende Fertigarzneimittel kann dies jedoch nicht darstellen, da uns sowohl Ausgangsstoffe sowie Kapazitäten fehlen.“