Die Gemeinde Unterkirnach kann aufatmen. Der Gemeinderat hat mit einem einstimmigen Beschluss den Weg frei gemacht, dass das Ravensburger Recycling-Unternehmen Schlösser das ehemalige Gutmann-Areal im Abendgrund erwerben kann.

Aufatmen kann die Gemeinde nicht nur wegen der zu erwartenden jährlichen Gewerbesteuereinnahmen im sechsstelligen Bereich, die künftig in die Gemeindekasse fließen sollen.

Bedenken in der Bevölkerung

Aufatmen kann sie auch, weil die Unternehmerfamilie am Dienstagabend in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates die Bedenken ausräumte, die sich in der Bürgerschaft breitmachten. Denn als bekannt wurde, dass sich eine Recycling-Firma ansiedeln möchte, gab es doch einige kritische Fragen.

Großes Interesse herrscht in der Gemeinderatssitzung seitens der Bürgerschaft bei der Vorstellung des Recycling-Unternehmens Schlösser, ...
Großes Interesse herrscht in der Gemeinderatssitzung seitens der Bürgerschaft bei der Vorstellung des Recycling-Unternehmens Schlösser, das sich im Gewerbegebiet Abendgrund ansiedeln möchte. | Bild: Roland Dürrhammer

„Es ist nicht selbstverständlich, dass bei einem Verkauf eines Gewerbegrundstückes eine öffentliche Vorstellung stattfindet“, betont Bürgermeister Andreas Braun und bedankte sich bei der Familie Schlösser für die Offenheit, in diesem Rahmen ihr Unternehmen vorzustellen.

Auf Schadstoffsanierung spezialisiert

Neben dem Grund- und Tiefbau, Abriss, Abbruch oder Rückbau im Bauwesen hat sich die Firma auf die Schadstoffsanierung spezialisiert. „Abfälle werden recycelt, in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt und durch die Aufbereitung gezielt Schadstoffe dem Stoffkreislauf entzogen“, beschreibt Firmenchef Thomas Schlösser die Tätigkeit seiner Firma.

Beispiele von asbesthaltigem Abfall im Wertstoff nannte Schlösser anhand von Röhrenheizkörpern, Nachtspeicherheizungen und Rohrflanschdichtungen. Die hochwertigen Rohstoffe würden wegen ihres geringen Asbestanteils von 0,004 bis 0,01 Prozent auf Deponien landen. „Wollen wir so weiter machen?“, fragt sich Schlösser. In Unterkirnach wolle man künftig diese asbesthaltigen Abfälle aufbereiten.

Das Gutmann Gelände in Unterkirnach. Hier soll das Recyclingunternehmen angesiedelt werden.
Das Gutmann Gelände in Unterkirnach. Hier soll das Recyclingunternehmen angesiedelt werden. | Bild: Trippl, Norbert

Wie der Asbest-Bereich gesichert wird

Hierzu, so kündigte er an, werde man eine moderne Industriehalle mit Verwaltung und Betriebsleiterwohnung bauen. „Wir wollen direkt an der Halle wohnen“, sagt Fabienne Schlösser, die derzeit ihr Masterstudium absolviert und im Familienunternehmen mitarbeitet.

Die Halle hätte einen 25 bis 30 Quadratmeter großen Schwarzbereich für den Ausbau und Demontage der asbesthaltigen Kleinteile. „Messtechnischen Anlagen überwachen den Schwarzbereich, Schleusensysteme für Personal und Material sorgen für sicheres Ein- und Ausschleusen“, so Schlösser. Ein Notstromsystem sorge für sicheren Betrieb bei Stromausfall.

Riesiges Interesse der Bürger

Das Interesse der Unterkirnacher Bürger in der Gemeinderatssitzung war riesig. Drängende Fragen erreichten das Rathaus schon im Vorfeld der Sitzung. Dass Schadstoffe nach außen dringen können, verneinte Thomas Schlösser.

Das könnte Sie auch interessieren

Der Schwarzbereich befände sich in einem Kokon und werde ständig abgesaugt. Die Filterkapazität läge bei nahezu 100 Prozent. Die maximale Abfallverarbeitungsmenge betrage täglich zehn Tonnen. „Zeitgleich lagern wir soviel Abfall, bis ein LKW-Zug mit 25 bis 30 Tonnen ausgelastet ist“, erläuterte der Firmenchef. Alle zwei bis drei Tag sei ein Lastwagen zu erwarten.

Kontrolliert werde das Unternehmen unangekündigt von der zuständigen Aufsichtsbehörde sowie intern durch den Aufsichtsführenden. Alles Wasser im Prozess werde gesammelt, fachgerecht entsorgt und könne somit nicht ins Abwasser geraten.

Keine Brandgefahr bei Verarbeitung

Birgit Kodet als Anliegerin stellte sich die Frage, was bei einem Brand passiere. Schlösser konnte dahingehend beruhigen, dass der Brandschutz neuester Technik entsprechen werde und es keine Brandgefährdung bei der Verarbeitung gäbe. „Wir verbrennen nichts, arbeiten nicht mit offenem Feuer und setzten keine Trennschleifer ein“, stellte Schlösser fest.

Birgit Kodet fragt in der Gemeinderatssitzung nach, ob im Brandfall beim geplanten Recycling-Betrieb in Unterkirnach Schadstoffe ...
Birgit Kodet fragt in der Gemeinderatssitzung nach, ob im Brandfall beim geplanten Recycling-Betrieb in Unterkirnach Schadstoffe freigesetzt werden können. | Bild: Roland Dürrhammer

Auf die Frage von Kodet, was mit den Schadstoffen bei Brandstiftung passiere, versichert Schlösser: „Der Stoff, um den es geht, ist nicht brennbar und kann sich nicht freisetzten.“

Berthold Hettich bezeichnete das vorgestellte Konzept der Firma Schlösser als sehr schlüssig. Viele seiner Bedenken seien ausgeräumt. „Es macht für mich alles einen sehr guten Eindruck“, erklärte Hettich.

Und was ist mit Hochwasser?

Was bei Starkregen oder Hochwasser passieren könne, wollte ein weiterer Bürger wissen. „Wenn die Schadstoffe davonschwimmen sollten, dann ist die ganze Halle mit dabei“, erwiderte der Unternehmer. Wenn Asbest im Wasser gebunden sei, passiere nichts, sondern nur, wenn der Stoff eingeatmet werde.

Das könnte Sie auch interessieren

„Hochwasserschutz ist ein nie endendes Thema für die Kommunen“, fügte Bürgermeister Andreas Braun an. Es seien neuen Konzeptionen erforderlich, aber vor der Natur werde es keine 1000-prozentige Sicherheit geben.

Eine Bürgerin erinnert sich an frühere Zeiten, als es im Abendgrund täglich noch schwer in allen Farben geraucht hätte. „Wir müssen nach vorne schauen und ich finde, dass wir kein saubereres Anwesen mit diesem Unternehmen bekommen werden“, lautete ihr Statement.

Hier geht es im Gewerbegebiet Abendgrund zum Gutmann-Gelände in Unterkirnach.
Hier geht es im Gewerbegebiet Abendgrund zum Gutmann-Gelände in Unterkirnach. | Bild: Trippl, Norbert

Fokus steht auf Asbestsanierung

Im mobilen Bereich bearbeitet Schlösser alle Arten von Gefahrstoffen. „In Unterkirnach ist momentan nur Asbest angedacht, und ich gehe davon aus, dass wir damit genug zu tun haben werden“, erklärte Schlösser auf die Frage nach weiteren Schadstoffen.