Die Gemeinde Rickenbach informierte in der Gemeindehalle Willaringen über das geplante Bürgerwindrad auf dem Hoheneck bei Hottingen – und die rund 120 Besucher erlebten eine überraschende Annäherung der Positionen von Befürwortern und Gegnern des Vorhabens.
Den Anspruch für die Informationsveranstaltung formulierte Bürgermeister Dietmar Zäpernick zu Beginn des Abends: „Wir möchten die Bürger allumfassend informieren, damit jeder weiß, worüber er beim Bürgerentscheid am 20. Juli abstimmt. Auf dieser Veranstaltung sollen alle Positionen gleichberechtigt gewürdigt werden.“

Veranstaltung soll unterschiedliche Positionen nicht verdecken
Ein Anspruch, dem die Gemeinde durch die professionelle Diskussionsführung der Moderatoren Wolfram Dreier und Klaus Kunigham vom Steinbeis-Transferzentrum Konfliktlösung aus Wangen im Allgäu gerecht wurde. Die von Dreier im Vorfeld der Veranstaltung erkannten „Konflikte im Spannungsfeld des Ausbaus erneuerbarer Energien“ wurden nicht zugedeckt, sondern offen zugelassen – was schließlich zu einer bemerkenswerten Annäherung zwischen Befürwortern und Gegnern des Windkraftprojektes führte.

Befürworter und Gegner loben Bürgerbeteiligung
So formulierte Christian Kammerer (CDU) für den Gemeinderat gegenüber dem SÜDKURIER, dass „keine ortsfremden Großinvestoren einen Gewinn auf Kosten unserer Natur machen sollen. Ein großer Teil der Gewinne bleibt durch das Bürgerwindrad in der Gemeinde. Es geht beim Bürgerentscheid nicht um die Frage Windkraft – Ja oder nein, sondern darum, wer das Windrad baut.“ Eine Einschätzung, die auch Elvira Stehle als Vertrauensperson des Bürgerbegehrens „Windkraft und Freiflächen-PV-Anlage“ in der Diskussion unter großem Beifall des Publikums vertrat: „Wenn das Windrad gebaut wird, wäre es super, wenn die Bürger und die Gemeinde etwas davon haben.“

Eine Brücke zur Annäherung der Positionen konnte bereits Verbandsdirektor Sebastian Wilske vom Regionalverband Hochrhein-Bodensee mit seinen Erläuterungen zum Projekt auf dem Hoheneck bauen. Nachdrücklich wies er darauf hin, dass durch die Planungen des Verbandes ein ungeregelter Zustand der Boden entzogen worden sei. Für den Bereich Hoheneck wies er weiter darauf hin, dass der im Mai von der Verbandsversammlung beschlossene zweite Anhörungsentwurf kritischen Stellungnahmen zum Grundwasserschutz durch eine „deutliche Verkleinerung des Vorranggebietes Hoheneck“ Rechnung getragen habe. Im Rahmen einer schon am 27. Juni beginnenden Öffentlichkeitsbeteiligung könnten noch einmal sämtliche Bedenken zum Projekt vorgetragen werden.

Rickenbacher stimmen über eigenes Windrad ab
Erläuterungen, die Bürgermeister Dietmar Zäpernick in seinen Ausführungen zum Vorranggebiet Hoheneck aufgriff: „Es ist nun sichergestellt, dass nur in den vom Regionalverband ausgewiesenen Gebieten Windräder gebaut werden können und die Bürger können am 20. Juli darüber abstimmen, ob die Gemeinde für das Bürgerwindrad auf dem Hoheneck eigene Flächen zur Verfügung stellen darf.“ Dessen Bedeutung für Rickenbach brachte Manuel Knecht, Geschäftsführer des Projektinitiators Hotzenpower Wind und Solar aus Egg nochmals auf den Punkt: „Unser Ziel ist eine lokal verankerte Windkraftanlage, mit der sich die Bürger und die Gemeinde identifizieren können.“

Zwar könne über die Höhe der finanziellen Beteiligung und deren Verzinsung für Bürger und Gemeinde noch keine Aussage getroffen werden, doch gelte die Maxime, „dass möglichst viele einen positiven Effekt aus dem Projekt ziehen können.“ Auch habe sein Unternehmen nicht die Absicht, eigene Anteile später an einen Investor zu verkaufen, „sondern wir werden auch in der Zukunft dabei sein.“

Genehmigungsverfahren offen dargelegt
Die Einhaltung der Schutzkriterien erläuterte Jens Trampert vom Landratsamt Waldshut. Vor dem Hintergrund der mehrfach geäußerten Sorgen um den Grund- und Trinkwasserschutz erklärte er in aller Deutlichkeit: „Wir machen beim Gewässerschutz keine Kompromisse!“ Eine Haltung, die mit der klaren Aussage von Michael Tritschler aus Hottingen als Vertreter des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) korrespondierte: „Der BUND springt beim Bürgerwindrad in Rickenbach über seine eigene DNA des Naturschutzes hinweg, denn ich sehe hierzu bei diesem Projekt keine Probleme.“

Kritiker sehen finanzielle Mehrbelastung für Bürger
Von Seiten der Projektkritiker warf Elvira Stehle die Frage nach den mit dem Bau von Windkraftanlagen verbundenen Umweltproblemen wie einer Schadstoffbelastung für Boden und Grundwasser oder den Artenschutz auf. Darüber hinaus prognostizierte sie eine finanzielle Mehrbelastung der Bürger durch steigende Abgaben und steigende Subventionen für erneuerbare Energien.

Dass an diesem Abend nicht alle Gräben zwischen Befürwortern und Gegnern des Bürgerwindrades überwunden werden konnten, dokumentierte eine Frage von Gemeinderat Simon Häßle (FW) an Stehle: „Wir haben viel gegen das Windrad gehört. Was wäre denn eine konkrete Alternative, wenn das Windrad nicht gebaut würde?“ Eine Antwort auf diese Frage blieb Stehle auch nach mehrfacher Nachfrage aus dem Publikum schuldig.

Dass die Gegner des Projektes am 20. Juli eine Mehrheit für das Bürgerwindrad jedoch akzeptieren würden, zeigte schließlich eine Äußerung von Kreisrat Matthias Jehle (AfD) gegenüber dem SÜDKURIER: „Wenn das Begehren gegen das Bürgerwindrad scheitert, muss man es akzeptieren – dann ist es eine demokratische Mehrheit.“ Elvira Stehle selbst wollte sich gegenüber dem SÜDKURIER nicht äußern.