Im Unterkirnacher Löwengründle zieht vor einem modern anmutenden Privathaus seit Kurzem ein großes altes Steinkreuz die Blicke auf sich. Dahinter geht der Blick in die Weite des Kirnachtals und zum gegenüberliegenden Hang. Davor lädt eine hölzerne Sitzgruppe zum Verweilen ein. Dass beides hier steht, dafür hat sich Berthold Hettich ganz bewusst entschieden.
Einladung zum Innehalten
Er möchte durch das Kreuz „ein klares Statement setzen“, wie er sagt. „Man soll sehen, dass wir Christen sind.“ Das Kreuz soll einladen zum Innehalten. Die davorstehende Sitzgarnitur darf von Passanten gerne benutzt werden. „Zum Pause machen oder auch zum Vespern“, so Berthold Hettich.
Doch wie kommt das Steinkreuz ins Löwengründle?
Hier steht es erst seit Kurzem.
Das Kreuz ist das Haus- und Hofkreuz der Familie Hettich. „s‘ Hettich‘ä Kriz“, ist sein Name – das Kreuz der Hettichs.

Ursprünglich wurde es im Jahr 1904 in Kirchdorf errichtet. Dort, an der Marbacher Straße am Ortsrand in Richtung Klengen, war die Familie in ihrem Hof früher ansässig.
Gestiftet wurde das Kreuz als Ersatz für ein früheres Kreuz, über das allerdings keine weiteren Informationen mehr vorliegen, durch Franz Karl Weißhaar und seine Frau Petronella. Franz Karl Weißhaar war zur damaligen Zeit Bürgermeister von Kirchdorf, Sattler und Landwirt. Durch Einheirat trug die Familie später den Namen Hettich.

Fortlaufend wurde das Kreuz an dieser prominenten Stelle erhalten und in Teilen auch erneuert. Gerne blieben die Menschen vor dem Kreuz stehen, hielten inne und betrachteten es, erinnert sich Berthold Hettich. Ein großer Rotdorn neben dem Kreuz bezauberte mit seiner Blütenpracht, die bis nach Überauchen sichtbar war.
Gegen Ende des Krieges, so berichtet er, schlugen in unmittelbarer Nähe des Hofes zwei Bomben ein. Sie könnten dem nahe gelegenen Kalkwerk oder auch der Bahnlinie gegolten haben. Das Kreuz, so ist Berthold Hettich überzeugt, hat den Hof der Familie vor den Einschlägen geschützt.
Die Gemeinde kauft das Hofgrundstück
Im Jahr 2014 kaufte die Gemeinde Brigachtal das Hofgrundstück. An seiner Stelle entstand der neueste Bauabschnitt des Betreuten Wohnens.

Berthold und Christa Hettich bauten das Kreuz ab und nahm es mit. Das Haus im Unterkirnacher Löwengründle hatten sie damals bereits gekauft.
Besonders freut ihn, dass auch Brigachtaler selbst das Kreuz im Ort erhalten wollten.
Schon früh stand beim Urenkel des Stifters des Kreuzes der Entschluss fest, die Familientradition zu bewahren und das Kreuz im Löwengründle wieder aufzustellen. Doch der Garten musste zunächst umgestaltet, der Platz für das Kreuz geschaffen und der Hang befestigt werden.
Knapp eine Tonne wiegt das massive Steinkreuz. Der Sockel ist aus Sandstein. Beim Kreuz selbst ist sich Berthold Hettich nicht sicher, aus welchem Stein es besteht.
Über die Jahre verändert sich das Kreuz
Von wem das ursprüngliche Kreuz gefertigt wurde, ist nicht bekannt. Das heutige Kreuz wurde in den 1980er Jahren durch den Tannheimer Steinmetz Josef Müller restauriert beziehungsweise ersetzt. Seitdem ist es schlichter gehalten. Das alte Sandsteinkreuz zierten noch steinerne Rosetten. Eine andere Jesusfigur wurde angebracht. Der Korpus der neuen Figur stammt von einem ehemaligen Friedhofskreuz.
Und auch jetzt wurden einzelne Teile des Kreuzes nochmals saniert, bevor es aufgestellt wurde. So habe der Furtwanger Steinmetz Erich Renner, ein Anverwandter von Berthold Hettich, die Inschrift des Sockels ausgearbeitet. Im weichen Sandstein war sie nicht mehr lesbar. Berthold Hettich selbst arbeitet an der Inschrift des Kreuzes noch die Farbe auf.

Man merkt, das Kreuz ist für Berthold Hettich eine echte Herzensangelegenheit. Dass es jetzt hier steht, hat für ihn tatsächlich nicht nur mit der Familientradition zu tun.

An der Sitzgruppe treffen sich mittlerweile gerne auch mal die Nachbarn „zum Schwätzle“, wie Berthold Hettich berichtet. Sie werde ebenso wie die eine oder andere Bank, die im Löwengründle vor einem Haus steht, gerne von der Straßengemeinschaft genutzt. Berthold Hettich hat hier für die Gemeinschaft einen Ort zum Verweilen geschaffen. Und diese Gemeinschaft möchte auch künftig für andere aktiv bleiben, blickt Berthold Hettich in die Zukunft.