Fairness ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Sports, natürlich auch des Fußballs, der die Entwicklung junger Menschen prägt. Es war eine bemerkenswerte Fair Play-Aktion, die internationale Aufmerksamkeit erregte. Ex-Profi Steffen Wohlfahrt vom FV Ravensburg sorgte in der Oberliga-Partie gegen den FV Bissingen für Aufsehen, weil er einen Handelfmeter absichtlich neben das Tor schoss. Steffen Fante sprach mit dem Schiedsrichter Luigi Satriano, der jene Partie geleitet hat, über die Aktion.

Luigi, wie fühlt man sich als Schiedsrichter so im Blickpunkt zu stehen?

Ich als Schiedsrichter war ja nur zweitrangig im Mittelpunkt. Bei dieser Szene ging es ja hauptsächlich um den Schützen. Mit Sicherheit ist es nicht alltäglich, dass über ein Oberliga-Spiel von mir so berichtet wird und man von Freunden, Arbeitskollegen und Kunden über diese Fair-Play Aktion angesprochen wird.

Wie sahen Sie diese Aktion? Hatten Sie keine andere Möglichkeit zu reagieren?

Ich habe so entschieden, wie ich es wahrgenommen hatte. Nach einem Eckstoß vom FV Ravensburg wurde der Ball in den Strafraum des FSV Bissingen geschlagen. Der Bissinger Spieler nahm den Ball per Fuß an. Der Ball sprang nach oben und dann nahm der Spieler ihn einfach in die Hand. Im ersten Moment habe ich mich schon gefragt, was der Spieler da macht – für mich war aber klar, dass das eine Regelwidrigkeit darstellt. Ich pfiff und entschied auf Strafstoß, lief in den Strafraum und rief dem Spieler zu, warum er eigentlich denn Ball in die Hand nimmt. Seine Antwort: „Ich dachte der Ball sei platt“. Das bekräftigte natürlich meine Entscheidung, dass es sich um ein absichtliches Handspiel handelte.

Wieso gab es denn keinen Schiedsrichter-Ball?

Für mich war der Ball sowohl zuvor als auch bei der Aktion in Ordnung. Ich habe weder eine Beschädigung noch ein Platzen des Balles wahrgenommen. Weder der Spieler noch die Mitspieler kamen auf mich zu, um mich über irgendwelche Beschädigungen am Ball aufmerksam zu machen. Hätte ich eine Beschädigung des Balles wahrgenommen oder diese Beschädigung wäre für mich hör- und oder sichtbar gewesen, hätte es mit Sicherheit auch die Möglichkeit auf Schiedsrichterball gegeben, da mit einem beschädigten Ball nicht weitergespielt werden kann.

Wie fandst Du die Reaktion von Steffen Wohlfahrt?

Als sich Wohlfahrt den Ball zum Schuss bereit gelegt hat, bin ich kurz auf ihn zugegangen. Ich habe ihm gesagt, dass aufgrund des Handspiels es für mich ein Strafstoß ist – er kann aber selbst entscheiden, was er tun möchte. Würde er den Ball absichtlich neben das Tor schießen, würde ich eine Fair-Play Meldung veranlassen. Seine Reaktion zeigt Größe. Dass eine Fair-Play Aktion in unteren Spielklassen öfters vorkommt ist bekannt, aber in den oberen Spielklassen, bei denen es auch um viel geht, ist das nicht gang und gäbe.

Was gab es für Reaktionen aus Ihrem Umfeld und der Presse?

Da diese Fair-Play Aktion sowohl durch die sozialen Medien als auch über Zeitungen und Fernsehen ging, wurde ich sehr oft angesprochen. Von Arbeitskollegen wurde ich nach den Ausstrahlungen in der Landesschau und dem Morgenmagazin gleich kontaktiert. Anfragen der Presse gab es nicht.

Haben Sie so etwas schon mal erlebt?

Ich bin mittlerweile 14 Jahre Schiedsrichter, aber so etwas gab es nie. Das ist aber der Beweis, dass es in unserem Hobby nicht langweilig wird und es immer wieder Überraschungen gibt.

Wie wichtig ist Fair-Play im Sport?

Im Sport geht es ja oft um Erfolge. Viele möchten an Veranstaltungen nicht nur teilnehmen, sondern auch gewinnen. Ich finde Fair-Play im Sport wichtig, da eine kleine Geste für viel Aufmerksamkeit sorgen kann – und das sowohl für jeden Einzelnen, für die Mannschaft, den Schiedsrichter oder die jeweilige Sportart. Die Aktion in Ravensburg ist der Beweis dafür.

Das Interview führte Steffen Fante