Fußball: Während in Russland die Fußball-Weltmeisterschaft immer mehr an Fahrt aufnimmt, befindet sich der Amateurfußball im Bezirk Schwarzwald auf der Zielgeraden. Am Wochenende fallen in den Relegationsspielen die letzten Entscheidungen über Auf- und Abstieg. Mittendrin statt nur dabei ist auch Peter Becker. Der 50-jährige Unparteiische vom SV Hinterzarten leitet mit seinem Gespann am Samstag (15.30 Uhr) das Rückspiel um den Bezirksliga-Aufstieg zwischen dem FC Weilersbach und SSC Donaueschingen. Es wird das tausendste Spiel seiner langen und erfolgreichen Schiedsrichterlaufbahn sein.
Fußball-Schiedsrichter sind oft die Buhmänner der Nation. Fehlentscheidungen, frustrierte Trainer und jetzt auch noch der Videobeweis. Das Schiedsrichterleben ist oft nicht einfach. Trotzdem gilt von der Kreisklasse bis hin zur Champions-League und Weltmeisterschaft: Ohne Unparteiischen gibt es keine Fußballspiele. Einer der es wissen muss, ist Peter Becker. Seit 34 Jahren steht der Rotschopf aus Hinterzarten als Referee auf dem Platz. „Als ich 1984 angefangen habe, konnte ich mir dieses Jubiläum nicht vorstellen, weder von der Anzahl der Spiele her noch die lange Karriere.“
Nur einmal hat er ernsthaft darüber nachgedacht, aufzuhören: „Im Jahr 1988, nach einem tätlichen Angriff beim Bezirksligaspiel Dauchingen gegen Obereschach war ich kurz davor, als Schiedsrichter auszusteigen. Ich habe dann eine Pause gemacht, um mich zu regenerieren“, sagt er im Rückblick. Weitere Gedanken, die Pfeife an den Nagel zu hängen, hegte er nach der Auszeit nicht mehr.
In den über drei Jahrzehnten als Unparteiischer kann Peter Becker auf eine bewegte Schiedsrichterlaufbahn zurückblicken. Im Jahr 1984 legte der damals 15-jährige Knirps die Schiedsrichterprüfung mit der Note 1 ab. Es folgte der fast kometenhafte Aufstieg binnen acht Jahren bis in die Oberliga Baden-Württemberg – die damals dritthöchste deutsche Spielklasse auf DFB-Ebene. Unvergessen bleibt sein erstes Pflichtspiel der A-Junioren am 23. Mai 1984 zwischen Saig und Titisee (Endstand 2:2). „Da hatte ich schon Bammel. Die Spieler waren doch alle etwa drei Jahre älter als ich“, erinnert sich Becker.
Auch wenn es damals nicht zum Sprung in den Profi-Fußball der Bundesliga reichte, ist die lange Schiri-Karriere gespickt mit zahlreichen sportlichen Highlights. Dazu kommen die persönlichen Begegnungen als Assistent an der Seitenlinie bei Benefiz-Spielen mit Welt-Schiedsrichter Markus Merk sowie den früheren Bundesliga-Referees Eugen Striegel und Knut Kircher. Im Jahr 2011 wurde Peter Becker auf Empfehlung des Fußballbezirks Schwarzwald und Südbadischen Fußballverbandes zur Ehrung als „Schiedsrichter des Jahres“ auserwählt. Das machte ihn nicht nur „ein wenig stolz“, sondern brachte ihm auch die Begegnung und Auszeichnung durch den ehemaligen FIFA-Schiedsrichter Wolfgang Stark ein.
Der Fan des FC Bayern München stammt aus einer sportbegeisterten Familie. Vater Erich war selbst Schiedsrichter, Mutter Margarete Handballerin und auch der ältere Bruder Thomas spielte in jungen Jahren Fußball. Der Sportplatz war von Kindesbeinen an sein Tummelplatz. Becker: „Weil ich als C-Jugendspieler verpfiffen wurde und dadurch die Meisterschaft verloren ging, traf ich die Entscheidung, selbst Schiedsrichter zu werden. Ich wollte es besser machen und habe immer versucht, gerecht zu pfeifen. Dies ist meine Motivation. Mir liegt viel daran, dass die Spiele mit einem Unparteiischen über die Bühne gehen.“
Peter Becker freut sich sehr auf sein Jubiläumsspiel. „Ich hoffe, dass alles gut läuft und will meine Leistung abrufen.“ Einige Jährchen als Schiedsrichter sollen noch dazu kommen. Neben der Gesundheit wünscht er sich vor allem eines: „Ich will selbst erkennen, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, den Absprung zu finden“.
Das hält Schiedsrichter Peter Becker vom Videobeweis:
Als 1984 die Schiedsrichter-Karriere von Peter Becker begann, dachte noch kein Mensch an einen Videobeweis, der in der vergangenen Saison in der Fußball-Bundesliga eingeführt wurde. Der 50-jährige Unparteiische vom SV Hinterzarten will sich nicht so recht mit der neuen Technik anfreunden und hat eine klare Meinung zum Videobeweis: „Ich war von Anfang an ein Gegner. Die Medien sind für mich der Verursacher des Videobeweises, weil alles immer nachweisbar sein muss. Für mich verzerrt die Technik das Spiel. Die vielen Unterbrechungen sind schlecht. Ich lebe seit 34 Jahren mit Tatsachenentscheidungen. Die Torlinientechnik finde ich super, aber ich bin kein Freund des Videobeweises. Wenn ich nur an das Spiel des SC Freiburg in Mainz denke. Wenn in der Halbzeitpause ein Elfmeter gepfiffen wird, das macht den Fußball kaputt. Wenn alles so perfekt sein soll, müssen Roboter spielen und keine Fußballer.“