Bei vielen Hiobsbotschaften gibt es auch gute Nachrichten: Ab Dezember 2027 haben Bahnkunden, die die Strecke Konstanz – Basel nutzen oder auch zwischen St. Gallen und dem Bodensee oder Hochrhein pendeln, Aussichten, schneller ans Ziel zu kommen.
Die Vorarbeiten waren langwierig und banden viele Kräfte, aber nun ist es gelungen, auf der Strecke zwischen St. Gallen und Basel Badischer Bahnhof einen Spangenzug einzurichten. Er soll zwei Strecken verbinden, die bisher getrennt voneinander betrieben wurden: Zum einen die Verbindung von Herisau über St. Gallen nach Konstanz (und zurück), zum anderen jene zwischen Radolfzell, Singen nach Basel, die bislang nur über die Bodenseegürtelbahn nutzbar ist.
Zug wird von St. Gallen bis Basel durchgebunden
Ab Dezember 2027 können Fahrgäste voraussichtlich auf der Strecke zwischen St. Gallen und Basel ohne weitere Umstiege fahren, worüber die SBB Deutschland GmbH in einer Pressemitteilung informiert. Vor allem gewinnen die Passagiere dadurch Zeit: Die Gesamtstrecke St. Gallen bis Basel legt der Zug in lediglich zwei Stunden zwanzig Minuten zurück. In einem Artikel, der auch auf SÜDKURIER-Online erschienen war, war hier noch von drei Stunden die Rede. Auch die Strecke Konstanz bis Basel wird gerade für Berufspendler attraktiv: Eine Stunde und 41 Minuten braucht der Express-Zug dafür.
Wie kam es dazu und auf welche Resonanz trifft das Angebot? Georg Geiger, langjähriger und bis 2024 aktiver FDP-Kreisrat für den Konstanzer Kreistag, hat das Projekt intensiv begleitet. Er ist froh, dass der Spangenzug jetzt realisiert wird. „Er bringt eine große Verbesserung für uns“, sagt er. „Wir bekommen dadurch eine Direktverbindung nach Basel in sehr kurzer Zeit.“
Eine Voraussetzung dafür muss auf deutscher Schienenseite allerdings noch geschaffen werden: Die Hochrheinstrecke zwischen Erzingen und Basel muss fertig ausgebaut und elektrifiziert werden. Die Schweizer Strecke ist schon lange elektrifiziert, so dass einem schnellen Vorankommen dort nichts entgegen steht. Als glücklichen Umstand bezeichnet Georg Geiger die Tatsache, dass die SBB Deutschland als Tochter der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) die Strecke betreiben wird.
„Geholfen hat auch, dass das Land Baden-Württemberg auf eine europaweite Ausschreibung verzichtet hat.“ Das war möglich, weil die Strecke jeweils in der Schweiz beginnt und endet, auch wenn der größte Teil über deutsches Staatsgebiet führt. Somit konnten sich die Verantwortlichen rasch auf die SBB als Betreiber einigen.
Allein die Abstimmung derjenigen Einheiten, die für die Bestellung und Pflege des künftigen Bodensee-Hochrhein-Expresses (HBE) verantwortlich sein werden, ist eine hochkomplexe Angelegenheit. Träger und für die Finanzierung zuständig sind gemeinsam das Land Baden-Württemberg, das Schweizer Bundesamt für Verkehr, außerdem die deutschen Landkreise Konstanz, Waldshut, Lörrach und die Schweizer Kantone Aargau, St. Gallen, Thurgau und Appenzell.
Morgens und abends im Stundentakt
Der HBE wird zweistündlich verkehren, in Stoßzeiten morgens zum Schülerverkehr und abends, wenn Berufspendler unterwegs sind, im Stundentakt, wie die SBB Deutschland schreibt. Er verstärkt die bereits bestehenden IRE-Züge Basel – Singen und optimiere dadurch für Pendler das Angebot im Berufsverkehr durch einen Halbstundentakt zwischen Basel und Singen. Zwischen Herisau und Konstanz werde der bestehende und stündlich verkehrende Regionalexpress alle zwei Stunden nach Basel verlängert. Neun Zugpaare sollen auf der Strecke eingesetzt werden, es handelt sich um neue Züge aus der Produktion der Schweizer Firma Stadler. Zudem seien diese Züge barrierefrei erreichbar, schreibt die SBB weiter, und böten mehr Stauraum für Fahrräder, Kinderwagen und größeres Gepäck.
Doch nicht nur der Fahrkomfort und die künftig bessere Versorgung von Pendlern, Schülern und Touristen entlang der Hochrhein- und der Bodenseestrecke ist Georg Geiger ein Anliegen. „Über Monate und Jahre ist die Gäubahn, die Strecke nach Stuttgart, wegen Sanierung gesperrt und vom Schienenersatzverkehr betroffen“, sagt Geiger. „Der Hochrhein-Bodensee-Express kann für die Bewohner der Bodenseeregion den Zugang zum Fernverkehr bilden.“
Wenig Platz im Bahnhof Konstanz
Georg Geiger sieht allerdings auch die Probleme, die auf die neu geplante Verbindung zukommen: Eines davon beginnt gleich am Konstanzer Bahnhof: Bisher stehe der Zug Richtung St. Gallen/Herisau schon an Gleis 3b bereit. Nun aber solle der HBE weiter Richtung Singen durchfahren. „Auf Gleis 3 in Konstanz steht aber normalerweise der dort wartende Seehas bereit, auf Gleis 2 der IC nach Zürich. Für den HBE müsste der Seehas auf Gleis 1 ausweichen.“ Das sei logistisch machbar, aber „mehr ist dann auch nicht drin. Der Bahnhof bräuchte ein viertes Gleis.“
Die nächste Schwierigkeit stelle sich in Singen. Dort komme es häufig vor, dass die Gäubahn (Verbindung Zürich – Stuttgart) verspätet einfahre. „Normalerweise wartet der Seehas auf diese Fahrgäste“, erklärt Geiger. „Aber was macht man, wenn jetzt auch der HBE mit Schweizer Pünktlichkeit ein- und weiterfahren will?“ Das Stellwerk in Singen ist veraltet und bisher sind die Stellwerke nicht digitalisiert: Ein Nachteil, da die Blockabstände dadurch größer sind, die Wartezeiten für die Einfahrt automatisch länger.
Trotzdem ist die Hoffnung groß, dass die neue Verbindung für viele Zielgruppen zum Problemlöser wird und vor allem den Takt der bereits bestehenden Verbindungen stärkt. Das, so sieht es Geiger, wäre auch im Sinne der Mobilitätswende und für viele ein guter Grund, das Auto stehenzulassen und den Zug zu nutzen.