Einsam steht er draußen und leuchtet den Weg. Über den ganzen Bodensee hinweg kann man den kleinen Leuchtturm von Romanshorn erkennen. Von Bregenz und Meersburg her zwar nur als kleinen, blinkenden Punkt – aber er ist da: der einzige „echte“ Leuchtturm im Bodensee. Er hat den Zeiten getrotzt und wurde zum Wahrzeichen der Region.

Wer am Ufer unterwegs ist, sieht den kleinen Leuchtturm draußen im See stehen und nimmt vielleicht gar nicht groß Notiz von ihm. Wer auf dem Wasser daran vorbeifährt, staunt: Aus der Nähe betrachtet, ist das Leuchttürmchen gar nicht mehr so klein. Der Turm ragt 12 Meter aus dem Wasser.

Schutz vor gefährlicher Untiefe

Manche Bootsfahrschüler fragen ihre Lehrerinnen: „Braucht es den Leuchtturm heute wirklich noch?“ Schließlich sei der Romanshorner Leuchtturm ein Relikt aus der Zeit, als noch Dampfschiffe und Eisenbahnfähren über den Bodensee fuhren. In Zeiten von GPS-Navigation und modernsten Radargeräten müsste es doch möglich sein, ohne den Leuchtturm auszukommen.

Doch wie viele ungläubige Bootsführerinnen und Bootsführer schon schmerzlich erfahren haben, ist der Leuchtturm nicht nur schön anzusehen. Dahinter befindet sich bergwärts die Untiefe „Platte“, mit der schon mancher Kiel von Hobby-Bootsführern Bekanntschaft gemacht hat: Große Felsen liegen dort, die vom Schiff aus kaum gesehen werden können.

Rund zwölf Meter hoch ist der Leuchtturm.
Rund zwölf Meter hoch ist der Leuchtturm. | Bild: Raphael Rohner

Um dort nicht falsch zu manövrieren, braucht es den Leuchtturm. Seine Höhe ist so gemessen, dass man trotz der Erdkrümmung Romanshorn schon bei der Ausfahrt aus Friedrichshafen anpeilen kann. Das war zur Zeit der Dampfschiffe und Trajektkähne über den See notwendig. Auch heute noch finden so die Bootsführerinnen und Segler ihren Heimathafen ohne Probleme. Das feste rote Licht, ergänzt von einem Intervallblinken in Weiß, lotst Boote und Menschen über den See.

Alter Leuchtturm war verrostet

Dabei hätte die Welt den Leuchtturm fast verloren. Das Bauwerk war verrostet und in einem desolaten Zustand. Als das Häuschen im Jahr 1978 hätte revidiert werden sollen, wurde es aufgrund seines schlechten Zustands abgebrochen: Der Zahn der Zeit hatte am wegweisenden Bauwerk genagt. Anstelle des Leuchtturms bekam der Hafen eine unförmige Plattform auf Stelzen, auf der die nötigsten nautischen Instrumente angebracht waren.

Das ließen sich die Hafenstädterinnen und Hafenstädter nicht bieten und sammelten 35‘000 Franken, um ihren Leuchtturm wiederzubekommen. Das Geld war schnell beisammen und ein Replikat des alten Leuchtturms wurde 1983 feierlich eingeweiht.

Ein Heißluftballon hob am 26. August 1989 den Schleier über dem neuen, alten Leuchtturm, wie er heute noch draußen vor der Küste steht. „Mit dem Leuchtturm wird es nun möglich, den deutschen Landsleuten jeden Abend einen Gute-Nacht-Gruß rüberzuschicken“, sagte der Gemeindeammann Walter Anderes bei der Einweihung.

Wahrzeichen der Stadt Romanshorn

Doch was bedeutet der Leuchtturm außerhalb der Schifffahrt für die Menschen? Der Leuchtturm von Romanshorn ist ein Wahrzeichen am Bodensee wie der Jet d‘Eau im Genfer Hafenbecken auf der anderen Seite der Schweiz. Auch auf der Politbühne leuchtet der Leuchtturm: Die Stadt Romanshorn verleiht alle paar Jahre eine Leuchtturm-Figur aus Metall als Anerkennungspreis für Engagement und Integration.

Der Autor arbeitet für das St. Galler Tagblatt, hier erschien der Text zuerst.