Es wird am Verkehrskonzept gearbeitet, die neue Rheinquerung bei Sisseln geprüft und die Idee einer Hochseilbahn nach einem Fricktaler Vorstoß in Aarau unter die Lupe genommen. Es geschieht derzeit einiges im Hintergrund, damit das Fricktal die Verkehrsmehrbelastung von bis zu 10.000 neuen Arbeitsplätzen dereinst im Sisslerfeld stemmen kann.
Fernab der Sitzungsräume von Spezialisten und Amtsträgen bleiben diese verkehrsplanerischen Prozesse im Verborgenen. Anders zwei konkrete Maßnahmen, die seit einigen Wochen kaum zu übersehen sind: Da ist erstens der Bau der Kreuzung samt Abzweiger an der Laufenburgerstraße für die „Südspange“, über die der Eiker Standort von Bachem erschlossen wird – die Baugesuche für die „Südspange“ liegen derzeit auf. Und zweitens das geplante Megaparkhaus in Stein bei Novartis, das auf 13 Halbgeschossen über 1000 Autos Platz bieten soll. Auch hier liegt das Baugesuch noch auf.
Verkehrs-Club der Schweiz kritisiert die Pläne
Christian Keller, Geschäftsführer des Verkehrs-Clubs der Schweiz (VCS) Aargau, kann den beiden Bauvorhaben nicht viel abgewinnen. „Sie schaffen Anreize für den motorisierten Individualverkehr (MIV), legen also die Grundlage für noch mehr Autos“, sagt er. Keines der beiden Projekte leiste jedoch einen Beitrag zur dringend nötigen Reduktion des Straßenverkehrs in und um Stein.
Keller verweist auf die Straßen in der Region um das Sisslerfeld, die bereits heute schon stark durch Berufspendler und Einkaufstourismus belastet sind. Er ist sich sicher: „Ein weiterer Ausbau für den Motorfahrzeugverkehr führt in den Spitzenzeiten zu noch mehr überlasteten Straßen und weiterem Chaos in und um Stein.“
Gemäß Keller brauche es, um die alten und neuen Arbeitsplätze zu erschließen und ohne die Region mit zusätzlichem Verkehr zu belasten, eine zukunftsorientierte Strategie, wie sie der Kanton derzeit im Rahmen eines Gesamtverkehrskonzepts erarbeite. „Anstatt jetzt auf Vorrat Angebote für den motorisierten Verkehr zu schaffen, erwartet der VCS von den Firmen selber und vom Kanton, dass sie gemeinsam vorsorgliche Maßnahmen zur Vermeidung von zusätzlichem motorisierten Individualverkehr treffen“, sagt er und kritisiert: „Es ist bedenklich, wie der Kanton das Sisslerfeld ohne richtiges Verkehrskonzept verplant und die Kosten dafür der Allgemeinheit aufbürdet.“
Als zusätzliche Lösung böten sich aus Sicht des VCS eine neue Querung für Fahrradfahrer über den Rhein, etwa beim Kraftwerk Säckingen oder weiter rheinaufwärts an sowie Pendelbusse zum SBB-Bahnhof Stein und zum Bahnhof Säckingen der neu elektrifizierten DB-Strecke. „Hinterfragt werden muss hingegen eine neue Rheinquerung für den motorisierten Straßenverkehr, die keinen Beitrag zur Lösung der Verkehrsprobleme in der Region leisten kann, sondern noch mehr Verkehr generieren würde“, mahnt Keller.
Werden noch weitere Mega-Parkhäuser gebaut?
Wie Keller sagt, werde der VCS Aargau weder gegen die Baugesuche der „Südspange“ noch gegen das Baugesuch für das Parkhaus in Stein eine Einwendung machen. Magengrummeln bereitet dem VCS das Zielbild Mobilität im Regionalen Sachplan Sisslerfeld. In diesem sind vier weitere „Drehscheiben Mobilität mit zentraler Parkierung“ festgelegt. Keller hofft, dass es bei dem einen Parkhaus in Stein bleibt. „Der VCS wird weitere Baugesuche kritisch begutachten“, sagt er.
Ob an den anderen vier Drehscheiben mit zentraler Parkmöglichkeiten ähnliche Parkhäuser zu stehen kommen sollen wie in Stein, lässt das kantonale Departement für Bau, Verkehr und Umwelt auf Anfrage unbeantwortet. Die Analyse der verkehrlichen Situation sowie die wichtige Abstimmung zwischen Siedlungs- und Verkehrsentwicklung im Sisslerfeld erfolgten gemäß BVU-Sprecher Giovanni Leardini im Rahmen des Gesamtverkehrskonzepts Raum Frick-Stein-Laufenburg.
Die „Südspange“, so sagt Leardini weiter, soll zukünftig auch attraktive Verbindungen für den öffentlichen Verkehr und den Radverkehr durch das Sisslerfeld ermöglichen. Davon profitierten neben der Bevölkerung und den Unternehmen auch die künftige Mittelschule in Stein.
Der Autor ist Redakteur der „Aargauer Zeitung“. Dort ist dieser Artikel zuerst erschienen.