Wie schnell sich das Blatt wenden kann: Wochenlang hatten seit Jahresbeginn Horrormeldungen über den sogenannten „Day Zero“ die Berichterstattung über Kapstadt und seine Wasserkrise bestimmt – den Tag, an dem die Wasserversorgung der Vier-Millionen-Stadt zusammenbrechen und Kapstadt als erste Metropole weltweit sprichwörtlich austrocknen würde. Von einem Kollaps der Stadt war die Rede, von Chaos und Anarchie im Kampf der Menschen um das Wasser.

 

Aufgrund der Wasserkrise sollen Kapstädter nicht mehr als 50 Liter Frischwasser pro Tag verbrauchen.
Aufgrund der Wasserkrise sollen Kapstädter nicht mehr als 50 Liter Frischwasser pro Tag verbrauchen. | Bild: dpa-infografik GmbH

 

Soldaten würden, so hieß es, jede der rund 200 öffentlichen Wasserausgabestellen schützen, an denen sich die Kapstädter ihre Wasserration von dann nur noch 25 Liter am Tag abholen sollten.

Umso mehr verblüfft, wie wenig nun gerade in deutschen Medien über die vor drei Wochen gegebene Entwarnung zur Wasserkrise am Kap zu lesen ist: Nachdem der kritische Tag zunächst von Mitte April über Anfang Juni bis in den späten August gewandert war, verkündete die in Kapstadt tonangebende liberale Oppositionspartei Demokratische Allianz (DA) in Gestalt ihres Vorsitzenden Mmusi Maimane Mitte März, dass Day Zero für dieses Jahr nun ganz abgesagt worden sei – und das, obwohl bislang noch niemand weiß, wie der für Kapstadt so wichtige Winterregen zwischen Mai und August in diesem Jahr ausfallen wird. Gewagt ist die Absage aber auch deshalb, weil 2017, nach zwei bereits sehr schwachen Regenjahren, das regenärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen am Kap vor fast 100 Jahren war.

War die ganze Aufregung also nur Panikmache, oder ist die Apokalypse womöglich nur verschoben? Sicher ist, dass die Lage zu Jahresbeginn am Kap bitter ernst war – und nicht wenige Experten, wie etwa Kevin Winter von der Universität Kapstadt, Day Zero für fast unausweichlich hielten. Die daraufhin gestartete Kampagne zum Wassersparen zeigte dann jedoch sofort Wirkung.

Wasserverbrauch ging rapide zurück

Seit Beginn der Dürre im Jahr 2015 hat die südafrikanische Küstenmetropole ihren täglichen Wasserverbrauch um sagenhafte 60 Prozent reduziert – ein Rückgang, der von Experten als „weltweit beispiellos“ beschrieben wird. Der Rückgang ist umso bemerkenswerter als die Kapstädter noch vor drei Jahren im Schnitt mit täglich 235 Litern Wasser pro Person sogar mehr als der weltweite Durchschnitt von 160 Litern pro Person am Tag verbraucht hatten.

Daneben hat die drohende Katastrophe die Stadtverwaltung rechtzeitig dazu bewogen, nicht mehr wie bislang einfach auf den Regen zu warten, sondern die Wasserversorgung über die nächsten fünf Jahre auf eine weit breitere Grundlage zu stellen. Allein in den nächsten beiden Jahren fließen deshalb rund 250 Millionen Euro in alternative Wasserquellen. Bereits in Kürze wird eine erste große Meerwasserentsalzungsanlage in Betrieb gehen. Und vielerorts wird erfolgreich nach Grundwasser gebohrt. Dadurch sollen Kapstadt in nur zwei Jahren täglich weitere 300 Millionen Liter pro Tag zusätzlich zur Verfügung stehen.

Dennoch ist Vorsicht geboten. Wasserexperte Winter weist darauf hin, dass mit der Entwarnung wieder der alte Schlendrian einsetzen, und Anreize zum Wassersparen schwinden könnten, wie der Anstieg des Verbrauchs um fast 10 Prozent in den Tagen nach der Entwarnung zeigt. Am Alltagsleben am Kap dürfte sich dennoch kurzfristig wenig ändern: so bleibt Sparstufe 6b beim Wasserverbrauch weiterhin in Kraft. Demnach dürfen Kapstadts Bürger nur 50 Liter pro Person am Tag verbrauchen.

Dennoch sind neue Engpässe im mehrheitlich trockenen Westkap jederzeit möglich. „Allen Bürgern muss klar sein, dass wir nie wieder so viel Wasser wie vorher verbrauchen können“ warnt Xanthea Limberg, die Wasserbeauftragte von Kapstadt. Wassersparen müsse zum neuen Alltag werden.

Wasserarme Metropolen

Auch in anderen Städten auf der Welt kämpfen gegen Wassermangel. In Indien wird in 22 seiner 32 Großstädte täglich für mehrere Stunden das Wasser abgestellt. Auch in Indonesien litten Millionen von Menschen 2017 aufgrund einer Dürre an Trinkwassermangel. Behörden des australischen Melbournes warnen, dass innerhalb von zehn Jahren der Bedarf den Wasservorrat übersteigen könne. (dpa)

Seit Beginn der Dürre in 2015 hat Kapstadt seinen täglichen Wasserverbrauch nach Angaben der Behörden um fast 60 Prozent reduziert, eine Kürzung, die Experten „bemerkenswert“ nennen. Im Vergleich hätten Kapstädter vor zwei Jahren im Durchschnitt noch täglich 235 Liter Wasser pro Person verbraucht, erklärt Winter. Das sei wesentlich höher als der weltweite Durchschnitt von 160 Litern pro Person pro Tag.