Es ist drei Minuten nach vier, einige spülen noch eilig das Eier-Mayonnaise-Schnittchen mit Tee herunter, andere versuchen in der Menschenmenge ihre durch langes Warten gesicherte freie Sicht auf die Terrasse des Buckingham-Palasts nicht zu verlieren, da erscheint sie endlich: die Königin, der am längsten dienende Souverän der britischen Geschichte.

Elizabeth II. ist die Ewige, wenn man so will, und deshalb herrscht unterm aufgebrezelten Fußvolk bei ihrem Auftauchen dann auch eine andächtige, fast bizarre Stille, als hielten die 8000 Gäste gleichzeitig ehrfürchtig den Atem an. Es soll sogar vorkommen, dass mache vor lauter Starre vergessen, die Handykamera zu zücken.
Herzogin Catherine: live noch viel größer als auf Fotos
Gewohnt farbenfroh führt die Queen, die live noch kleiner daherkommt als sie auf Fotos und im Fernsehen wirkt, im pastellblauen Mantelkleid und passendem Hut den royalen Tross an. Dem gehören an diesem Nachmittag auch Prinz William und und seine Frau Herzogin Catherine an, die wiederum live noch viel größer daherkommt als sie auf Fotos wirkt.
Vergangene Woche lud das Staatsoberhaupt zum zweiten Mal in 2019 auserwählte Briten in den Garten des Buckingham-Palasts ein, die sich in irgendeiner Form um das Königreich verdient gemacht haben.
Nationalhymne als Startsignal für die Party
Als Zeichen dafür, dass das Event offiziell beginnt, spielt die Militärkapelle erst mal die Nationalhymne, nur stimmt niemand ein. Zu merkwürdig das Gefühl, „God save the Queen“ zu singen, wenn die in dritter Person besungene Dame mehr oder minder vor einem steht.
Ein bisschen wie im Zoo
Während die Besucher später Mini-Lachs-Bagel genießen, schreitet das gekrönte Haupt mit Handtasche am Arm, Sonnenbrille auf der Nase und, für den Schatten in der Not, Regenschirm in der Hand, durch den kunstvoll eingerichteten Korridor.
Plausch mit ausgesuchten Gästen
Immer wieder macht die Queen bei ausgewählten Gästen kurz Halt und plaudert. Ihre größte Sorge sei stets das Wetter, verrät Ihre Majestät bei dieser Gelegenheit der 50 Jahre alten Lehrerin Victoria English. „Man hofft natürlich, dass die Sonne scheint, wenn man 8000 Menschen zum Tee in den Garten einlädt.“ Victoria English nickt verständnisvoll, solche Sorgen hätte sie vermutlich auch gerne.
Die Geladenen ramponieren unterdessen den perfekten Rasen, ein vorab eingepreister Kollateralschaden.
Die smalltalkende Queen braucht eine knappe Stunde, bis sie an einem speziellen, von einem Krönchen geschmückten Zelt angekommen ist. Dort steht der Nachmittagstee auf dem Tisch, den Familie König in einem erlauchten Kreise zu sich nehmen. Die eher zur Holzklasse gehörenden Fans stehen in sicherer Entfernung im Halbkreis und schauen zu. Das hat ein bisschen was von Zoo.

17 Uhr. Tea time. Logisch. Der Rest des Fußvolks pilgert solange zum großen Zelt, wo fein gerollte Hühnchen-Spargel-Wraps und Schinken-Tomaten-Sandwiches sowie Miniaturtörtchen bereitstehen.
Die Queen zieht sich in den Palast zurück – Zeit aufzubrechen
Kurz vor 18 Uhr ziehen sich die Queen und der Rest der Sippschaft in den Palast zurück – ein erster Wink, dass nun Schluss ist. Als endgültiger Rausschmeißer dient aber die Nationalhymne. Und diesmal, beschwipst von so viel Herrlichkeit und feinem Tee, singen einige sogar leise mit.
Die Gartenpartys
Es gibt in Großbritannien kein exklusiveres gesellschaftliches Ereignis als die Gartenpartys, zu der die Queen jedes Jahr lädt. Drei Mal im Buckingham-Palast, einmal hoch oben in Schottland, das Prozedere aber immer identisch. sie sollen von Krankenpflegern und ehrenamtlichen Gemeindehelfern über Militärangehörige bis zu Kirchenvertretern und solchen des Commonwealth einen Querschnitt durch die Gesellschaft bilden – die Garden Party als royales Dankeschön für den Dienst an der Gesellschaft. Selbst ein paar Journalisten, darunter die Autorin, schaffen es mit Glück auf die Liste. (kap)