Hélice ist kein Schwein, sondern ein Australischer Schäferhund, und das bricht schon mit dem ersten Vorurteil, nämlich jenem, dass Schweine die besten Begleiter für die Trüffeljagd sein sollen. Die Hündin Hélice, auf Deutsch „Propeller“, macht ihre Sache seit Jahren bestens, sagt ihr Frauchen Virginie Feraud-Simian.

„Ziehen Sie mal einem Schwein eine Trüffel, die es ausgegraben hat, wieder aus dem Maul, bevor es diese selbst frisst.“ Hélice tut so etwas nicht, und aus gutem Grund: Für jeden schwarzen Schatz, den sie findet und brav abliefert, gibt es ein Lob und ein Leckerli von ihrer Chefin.

Die Saison geht von November bis März

Während der Trüffelsaison von November bis März sucht das Gespann fast täglich in Feraud-Simians Eichen-Gärten nach den „kleinen Diamanten der Erde“, wie sie sie nennt.

Französische schwarze Trüffel – da geraten Gourmets in Verzückung.
Französische schwarze Trüffel – da geraten Gourmets in Verzückung. | Bild: iluzia - stock.adobe.com

Das gehört zur Tradition hier in Grignan, einem Städtchen im Südosten Frankreichs zwischen Valence und Avignon, wo 80 Prozent der Schwarzen Trüffel des Landes wachsen: Die 44-Jährige führt den Hof ihrer Familie in dritter Generation fort. Sie sammelt und verkauft Trüffel, organisiert Ausflüge mit Besuchern, bekocht sie mit einfachen Rezepten auf Trüffel-Basis.

Im Mittelalter war die Trüffel verpönt

Schon in der Antike entdeckte man in dieser Gegend den edlen Pilz, der aber im Mittelalter verbannt wurde: Aufgrund ihrer teuflisch schwarzen Farbe und ungewissen Herkunft fürchtete man sich vor der Trüffel. Erst in der Renaissance unter König Franz I. wurde sie rehabilitiert, kam auf den Tisch an seinem Hof und verbreitete sich wieder.

„Hélice“ hat eine ganz besonders feine Nase.
„Hélice“ hat eine ganz besonders feine Nase. | Bild: Birgit Holzer

Hélice ist aufgedreht und wirkt hoch motiviert, als an diesem sonnigen Winertag die Suche losgeht. Mit wedelndem Schwanz läuft sie unter den nebeneinander angeordneten Eichen herum, schnüffelt hier und markiert dort und plötzlich, wenn sie den Schatz unter der Erde wittert, beginnt sie wie elektrisiert mit ihren weißen Pfoten zu graben.

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„Wenn wir im Herbst zum ersten Mal wieder losgehen und diesen Duft wahrnehmen, empfinde ich ein großes Glücksgefühl – ich bin mir sicher, Hélice hat es auch“, sagt Virginie Feraud-Simian. Wichtig sei, den Hund, der das spezielle Aroma auf zehn Meter Entfernung wahrnehmen kann, gut zu kennen und seine Gesten zu interpretieren. Dass bei der Trüffel-Suche mit Schweinen gearbeitet wird, ist heute höchst selten.

Verbindung zwischen Baum und Pilz

Es handelt sich um Pilze, die nur in der Symbiose mit Wirtsbäumen vorkommen. An den Feinwurzeln gehen Pilz und Baum eine Verbindung ein, die Mykorrhiza. Nicht bei allen Bäumen gelinge dies, so Feraud-Simian. Manche, die zehn oder 20 Jahre lang Trüffel abgaben, hören plötzlich damit auf.

Wichtig sei neben dem Kalkboden, den man hier findet, die geeignete Witterung mit viel Sonne, aber auch regelmäßigem Regen im Sommer. „Die Natur bleibt der Meister“, sagt Virginie Feraud-Simian.

Liebt Trüffel und verwendet sie gern: Sternekoch Julien Allano.
Liebt Trüffel und verwendet sie gern: Sternekoch Julien Allano. | Bild: Birgit Holzer

Der Klimawandel mit zunehmenden Phasen langer Trockenheit mache ihr deshalb Sorgen. Bis jetzt wirft jeder der fünf Hektar, die sie hier bewirtschaftet, im Jahr fünf bis sieben Kilo ab. Der Preis pro Kilo variiert zwischen 600 und 1500 Euro, abhängig von der Jahreszeit und der Qualität der Trüffel. So teuer, wie viele denken, sei das aber gar nicht: Pro Person und Mahlzeit reichen fünf bis zehn Gramm aus, die ein paar Euro kosten.

Die vermeintlich exklusive Trüffel

Den Menschen die Scheu vor der vermeintlich exklusiven Trüffel zu nehmen, das ist auch ein Anliegen des Sternekochs Julien Allano, der im Restaurant des Hotels „Le Clair de la Plume“ in Grignan kocht – der Name spielt auf mit der Feder geschriebene Briefe an.

Was darf es sein? Sternekoch Julien Alleo präsentiert seine Auswahl.
Was darf es sein? Sternekoch Julien Alleo präsentiert seine Auswahl. | Bild: Birgit Holzer

Denn im nahe gelegenen Schloss des Ortes, der im Winter 1200 Einwohner zählt und in dem sich im Sommer 20 000 Menschen befinden, lebte im 17. Jahrhundert lange die Marquise de Sévigné, deren Briefe zum klassischen Kanon der französischen Literatur gehören. Sie ist der Stolz der Region – neben dem Lavendel und eben der Trüffel, die Julien Allano während der Saison herauf- und herab dekliniert.

Trüffel auf dem Schokoladen-Törtchen

Vor den Augen seiner Gäste reibt er ein wenig davon über die Champignon-Creme, würzt sein Kartoffel-Püree damit und dekoriert sogar das Schokoladen-Törtchen zum Dessert mit einer zarten Scheibe.

Wer kann da schon nein sagen? Gourmets sicher nicht.
Wer kann da schon nein sagen? Gourmets sicher nicht. | Bild: Birgit Holzer

„Es gibt kein vorgegebenes Menü, sondern ich koche, was der Gast wünscht. Als Erstes stelle ich ihm die verschiedenen Trüffel-Sorten im Angebot vor, lasse kosten und auswählen“, sagt der 37-Jährige.

Sein Ziel: Die Trüffel allen zugänglich machen und als regionales Produkt vorstellen. Und damit die Vorurteile rund um diesen rätselhaften, verbeult aussehenden schwarzen Pilz bekämpfen.