In schnellem Tempo sucht Moustache den Boden zwischen den Bäumen im Engener Stadtteil Neuhausen ab, die Nase immer auf dem Boden. Dann bleibt der Hund ruckartig stehen. Er hat seinen Job für diesen Moment erledigt. Was ihn so interessiert hat, wird erst beim genaueren Hinsehen klar: In dem mit Laub bedeckten Boden steckt eine auf den ersten Blick unscheinbare Delikatesse: Ein Trüffel.

Von Nahem und schon ausgegraben ist der Trüffel gut zu erkennen. Bei widrigen Wetterverhältnissen ist das nicht mehr so einfach.
Von Nahem und schon ausgegraben ist der Trüffel gut zu erkennen. Bei widrigen Wetterverhältnissen ist das nicht mehr so einfach. | Bild: Halter, Maximilian

Was aussieht wie ein mit brauner Erde überzogener schwarzer Golfball, gehört zu den teureren Zutaten in der Küche.

Ein Burgundertrüffel.
Ein Burgundertrüffel. | Bild: Halter, Maximilian

Aber Trüffel mitten in Engen und nicht, wie üblich, in Frankreich und Italien? Ja durchaus, wissen Jürgen Koberstein und seine Ehefrau Bettina Punin-Koberstein. Ihnen gehört die 1,5 Hektar große Trüffelplantage, auf denen Moustache gerade einen der begehrten Pilze ausgegraben hat.

Die Trüffelplantage der Kobersteins enthält verschiedene Bäume: Österreichische Schwarzkiefern, Buchen sowie Zerr- und Stieleichen.
Die Trüffelplantage der Kobersteins enthält verschiedene Bäume: Österreichische Schwarzkiefern, Buchen sowie Zerr- und Stieleichen. | Bild: Halter, Maximilian

Trüffel steht unter Naturschutz

„Der Trüffel ist im Hegau überall natürlich zu finden“, klärt Jürgen Koberstein auf. Doch wer nun den eigenen Vierbeiner ins Auto laden möchte, um für neue kulinarische Eindrücke zu sorgen, den muss der studierte Geologe enttäuschen. „Der Trüffel steht unter Naturschutz und darf nicht aufgesammelt werden.“ Es sei denn, er wird selber angebaut, so wie es die Kobersteins tun.

2012 haben sie die ersten Bäume gepflanzt, 2017 den ersten Trüffel ausgegraben. Denn fünf Jahre dauert es, bis der erste Pilz nach dem Pflanzen der Bäume sprießt, erklärt Bettina Punin-Koberstein.

Ein noch junger Baum. Damit er gut gedeihen kann, kommt er am Anfang in eine Art Mini-Gewächshaus.
Ein noch junger Baum. Damit er gut gedeihen kann, kommt er am Anfang in eine Art Mini-Gewächshaus. | Bild: Halter, Maximilian

Landwirtschaft als Nebenerwerb

Doch wie kam das Ehepaar, das aus Stockach kommt, eigentlich zum edlen Speisepilz? „Ich habe eine Ausbildung zur Fachkraft für Landwirtschaft gemacht, mit dem Ziel, einen Nebenerwerb aufzubauen“, erklärt Jürgen Koberstein den Beginn des kultivierten Hegau-Trüffels.

Nachdem Viehzucht, Mais- und Weinanbau aus unterschiedlichen Gründen ausgeschieden sind, kamen beide auf die Idee, Trüffel anzubauen. Denn dieser brauche nicht die Aufwendung, die herkömmliche Landwirtschaft wie Obstanbau erfordert, erklärt der Diplom-Geologe.

Dafür jedoch allerhand Fachwissen. Das bringt Jürgen Koberstein als Fachkraft für Landwirtschaft und Geologe mit. Ehefrau Bettina Punin-Koberstein hat sich ihr Wissen in Frankreich bei einer Trüffelanbau-Ausbildung angeeignet.

Das Finden eines Trüffels ist eine Sache von Sekunden. Kaum hat Moustache den Pilz entdeckt, wird er weggezogen, damit die kostbare ...
Das Finden eines Trüffels ist eine Sache von Sekunden. Kaum hat Moustache den Pilz entdeckt, wird er weggezogen, damit die kostbare Delikatesse sicher geborgen werden kann. | Bild: Halter, Maximilian

Auf dem Feld hat Moustache währenddessen erneut einen Trüffel gefunden. Es ist der dritte innerhalb nur kurzer Zeit, auch wenn es für heute der letzte bleiben soll. Für seinen Einsatz wurde der Vierbeiner speziell ausgebildet.

Den gefundenen Trüffel darf Moustache nicht essen. Dafür gibt es aber einen Finderlohn aus der Tube.
Den gefundenen Trüffel darf Moustache nicht essen. Dafür gibt es aber einen Finderlohn aus der Tube. | Bild: Halter, Maximilian

Rund 100 Gram hält Jürgen Koberstein am Ende der Suche in den Händen. Der Wert dieser Ausbeute: ungefähr 40 Euro. Im Gegensatz zu anderen Trüffelsorten wie den weißen Trüffel, der mit einem Preis von 3000 bis 9000 Euro pro Kilogramm der teuerste Edelpilz ist, bringt der Burgundertrüffel weniger ein. Doch warum dann nicht einfach den weißen Trüffel anbauen, wenn er vom Wert her doch mehr als das sieben- bis 20-fache wert ist? Eine Frage, die Jürgen Koberstein schon öfters gestellt bekommen hat, und die er ganz simpel beantworten kann. „Der weiße Trüffel kann nicht kultiviert, also angebaut werden.“ Alle Versuche, ergänzt seine Frau Bettina, seien bisher ohne Erfolg gewesen.

Noch fehlt es an einem Markt

Mit der Ausbeute von drei Trüffeln geht es zurück zum Auto. Unweigerlich stellt sich die Frage: Ist das überhaupt wirtschaftlich? „Nein“, lautet die klare Antwort von Jürgen Koberstein. Doch statt betrübt dreinzublicken, lächelt er. Dass die Trüffel ihm nach sieben Jahren Arbeit noch nicht den Lebensabend finanzieren würden, waren dem Geologen und gelernten Fachkraft für Landschaftschaft schon vorher bewusst. Zu sehr sind die Kobersteins durchstrukturiert, als dass ihnen das nicht vorher bewusst war. „Für den Trüffel muss erst ein Markt geschaffen werden“, erklärt Jürgen Koberstein, während er bei Sonnenschein mit seiner Frau auf dem deutschen Trüffelanbaugebiet steht.

Bettina Punin-Koberstein und ihr Ehemann Jürgen Koberstein auf ihrer Trüffelplantage im Engener Stadtteil Neuhausen.
Bettina Punin-Koberstein und ihr Ehemann Jürgen Koberstein auf ihrer Trüffelplantage im Engener Stadtteil Neuhausen. | Bild: Halter, Maximilian

Deshalb, da sind er und seine Frau sich sicher, betreiben sie jetzt auch etwas, was sie selbst als „Pionierarbeit“ bezeichnen. Zwar sind sie freilich nicht die Ersten, die Trüffel in Deutschland anbauen. Aber sie wollen den Bereich professionell aufziehen und einen Beitrag leisten. In einem Bereich, in dem es „keine deutschsprachige Fachliteratur gibt“, bemerkt Bettina Punin-Koberstein. Auf der Engener Plantage kommen deshalb Bodensonden zum Einsatz.

Trüffelanbau braucht Geduld

Mit den gesammelten Daten wollen sie mehr über die perfekten Bewässerungsbedingungen für den Burgundertrüffel herausfinden. Dafür arbeiten sie mit einem Trüffel-Experten aus Frankreich, Pierre Sourzat, zusammen. Irgendwo zwischen dieser Pionierarbeit, dem noch nicht kostendeckenden Nebenerwerb und der Arbeit, die über ein bloßes Hobby hinausgeht, siedelt sich das Ehepaar momentan an. Der Trüffelanbau, da sind sich beide einig, braucht eben Geduld.

Und wenn der Trüffel am Ende keinen Abnehmer findet, landet er eben auf dem eigenen Teller. Da hat Bettina Punin-Koberstein auch ein Lieblingsrezept. Gnocchi in Sahne-Trüffel-Soße. „Einfach die Sahnesoße zubereiten und dann den Trüffel reinreiben, kurz ziehen, aber nicht kochen lassen“, erklärt sie. „Und dann am besten schnell servieren.“

Trüffelrezepte von den Kobersteins