Christa Müller, Stetten
Christa Müller ist die einzige Narrenbütteline innerhalb des Alemannischen Narrenrings (ANR). Seit 34 Jahren geht sie in Stetten am Bodensee auf närrische Streife. Dass die anderen Narrenpolizisten der Vereinigung männlichen Geschlechts sind, hält sie für „völlig in Ordnung.“ Allerdings ist Müller überzeugt: „Frauen können das genauso gut.“ Brauchtumspflege hänge weniger vom Geschlecht als mehr vom Engagement des Einzelnen ab. „Jeder kann einem Fasnachtsverein beitreten, Tradition weitertragen an die nächste Generation und Gemeinschaft fördern.“
Nach einem Unterschied zwischen Büttel und Bütteline gefragt, zuckt sie zunächst ratlos mit den Schultern. Einige Minuten Bedenkzeit später erzählt sie dann von dem für sie hohen Stellenwert des sozialen Miteinanders im Verein. „Mir ist es wichtig, dass sich alle wohlfühlen“. Nicht umsonst hat sie bei jedem Umzug Pflaster, Bachblütentropfen und Kekse dabei. Damit versorgt sie „ihre“ Bauern, Waldgeister, Zimmermänner, Zunfträte und das Wahrzeichen der Stettener Fasnacht, das Hasle Maale.
Sie hält auch mal die Kollegen auf Abstand
Genauso versucht Müller bei den Auftritten der Stettheimer Narren beispielsweise in Kindergarten oder Schule die kleinen Zuschauer im Blick zu haben. „Ich versuche zu spüren, ob ein Kind vielleicht Angst hat vor Masken oder lauter Musik.“ Entsprechend nehme sie sich selber zurück oder bitte ihre Kollegen, Abstand zu halten. „Fasnacht soll doch Freude ins Herz bringen“, sagt die passionierte Närrin.
Vielleicht, mache „dieses nach den anderen Schauen die weibliche Komponente“ ihrer Rolle aus, überlegt Müller. Zum Tragen kommt der weibliche Aspekt schon in ihrem Outfit. Die anfänglich getragene Rot-Kreuz-Uniform ihres Großvaters hat sie längst gegen eine „weiblichere“, taillierte und knallrote Jacke getauscht. Ebenso hat Müller den vormals getragenen Säbel als „unkommod“ ausgemustert.
Herz für den Narrensamen
Stattdessen zieht sie eine Plastikente auf Rollen hinter sich her. Für den Narrensamen, der ihr „ganz besonders am Herzen liegt“, füllt sie vor jeder Schülerbefreiung ein „Schatzkistlein“ mit Süßigkeiten und Luftballons. „Eine weibliche Fasnachtsfigur ist auf jeden Fall bereichernd, “ resümiert Müller ihre fasnächtliche Polizistinnenrolle.
Petra Maier-Hänert, Stockach
Wer Fasnacht und Stockach hört, denkt an das Hohe Grobgünstige Narrengericht zu Stocken und die überregional bekannte Gerichtsverhandlung. Doch es ist viel mehr: Neben den männlichen Gliederungen gibt es zwei Frauengruppen: die Alt-Stockacherinnen und die Marketenderinnen. Seit zehn Jahren ist Petra Meier-Hänert Obermarketenderin, Teil der Gruppe schon seit 1986. Jeder Frau gehört ihr maßgeschneidertes, buntes Häs. „Bei uns wird viel Wert auf ein gepflegtes Häs gelegt. Für die Kinder haben wir sogar einen Häs-TÜV“, verrät sie.
Es gibt rund 80 Marketenderinnen von 18 bis 70 Jahren. „Petzi“, wie sie genannt wird, sagt: „Ich finde es gut, dass wir Frauen- und Männergruppen haben, die Interessen sind andere, das passt wunderbar.“ Mädchen bis zwölf Jahre und Jugendliche sind auch dabei. „Im Anwärterjahr laufen sie danach als Mitglied überall mit.“
Aufgaben das ganze Jahr über
Die Veranstaltungen reichen vom monatlichen Stammtisch über den Schweizer Feiertag und einen Ausflug bis zu Bewirtungen und der Weihnachtsfeier. Die Obermarketenderin erklärt: „Wir sind ein Ganzjahresverein, das schätzen viele. Es gibt eine andere Bindung, die Hilfsbereitschaft untereinander ist groß.“ Immer wieder gäben Quereinsteigerinnen neue Impulse.
„Mir gefällt die Gruppendynamik, das Zusammengehörigkeitsgefühl und das Gesellige. Man wird wahrgenommen und wir sind wie eine große Familie“, schwärmt sie. Sie mag es, mit den Zuschauern am Straßenrand in Kontakt zu treten. „Die Kinder bekommen Bonbons, mit den Gästen rufen wir Narrensprüchle. Wenn der Umzug steht, schunkeln wir miteinander.“
Auf einen Wein mit Steinmeier
Zu den Aufgaben der Marketenderinnen gehört auch die Versorgung der Zimmerer, wenn sie streiken, statt den Narrenbaum aufzustellen. „Mit Most, Wurst und Bier stärken wir ihre Kräfte, dann schaffen sie weiter.“
Ein besonderer Höhepunkt ist für Petra Meier-Hänert jedes Jahr die Begleichung der Weinschuld durch die Beklagte oder den Beklagten. Denn die Beklagten müssen nach der Verurteilung durch das Narrengericht ihre Strafe in mehreren „Eimern Wein“ bezahlen. Da kommen dann schon etliche Flaschen zusammen. Besonders gerne erinnert sie sich an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der 2014 noch Außenminister war. „So ein Abend ist eine tolle Gelegenheit, mit den bekannten Politikern ins Gespräch zu kommen.“
Melanie Bächle, Bad Säckingen
Dass sie die Narretei bereits mit der Muttermilch aufgesogen hat, kann man bei Melanie Bächle so nicht sagen. Sie war bereits Mitglied der Narrenzunft in Bad Säckingen am Hochrhein, als sie 1979 das Licht der Welt erblickt hat. „Meine Eltern hatten mich schon als Mitglied der Maisenhardt-Joggele angemeldet“, erzählt sie heute.

Und vom ersten Schrei an bis heute, ist die heute 40-Jährige der Zunft treu geblieben. Doch beschränkte sie sich nie allein darauf, mit Maske und Häs an den Umzügen mit zu laufen. Bereits vor 20 Jahren stand sie als Maroniverkäufer auf der Narrenspiegelbühne.
Veranstaltung zu neuem Glanz verholfen
Vor neun Jahren dann hat sie die Regie des Narrenspiegels übernommen und die heute 70 Jahre alte Veranstaltung zu neuem Glanz verholfen. Denn eine Besonderheit beim Narrenspiegel ist, dass sich im Laufe der Jahrzehnte Traditionsfiguren herausgearbeitet haben. Unter anderem auch die Figur der beiden „Wäschwiiber“, die von zwei Männern verkörpert werden, allerdings in den vergangenen Jahren nicht mehr besetzt werden konnte.
In diesem Jahr ist es der Regisseurin wieder geglückt, aus den Reihen des Narrensamens, dem Nachwuchs der Narren, zwei junge Männer als Hermine und Clementine auf die Bühne zu locken. „Ich bemühe mich immer, nicht in einen Trott zu verfallen“, sagt sie. „Mein Bestreben ist es jedes Jahr, die Zuschauer mit einer Nummer, die überrascht, zu begeistern. Das ist ihr auch in diesem Jahr wieder gelungen.
Ein Improvisationstalent
Ein Akteur konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht auftreten. „Ich konnte doch nicht einfach die Nummer ausfallen lassen“, erzählt Melanie Bächle weiter. Kurzerhand hat sie noch am Nachmittag vor dem Auftritt den Text der Nummer umgeschrieben und einen Ersatz-Akteur aufgetrieben. Mit großem Erfolg! Auch dieses Improvisationstalent trägt dazu bei, dass der Narrenspiegel in Bad Säckingen auch die kommenden Jahre Bestand haben wird.