Dieser Betrieb ist außergewöhnlich in jeder Hinsicht. Etwa 1800 Kühe hält der Landwirt aus Bad Grönenbach (Landkreis Unterallgäu), dazu sollen nach Schätzungen von Insidern noch mindestens 1000 Jungtiere kommen. In ganz Bayern gibt es nach Angaben des bayerischen Landwirtschaftsministeriums nur fünf Betriebe mit mehr als 500 Kühen. Und selbst bundesweit zählt er wohl mit zu den größten.
Jetzt ist der Bad Grönenbacher Landwirt aber nicht wegen solcher Zahlen, sondern wegen eines mutmaßlichen Tierskandals in die Schlagzeilen geraten. In einem Video, das die „Soko Tierschutz“ in Umlauf gebracht hat, sind verstörende Bilder zu sehen. Friedrich Mülln als Vertreter des 2012 in Augsburg gegründeten Vereins spricht von einer „besonderen Rohheit und Brutalität der Hof-Mitarbeiter“. Die Staatsanwaltschaft Memmingen hat Ermittlungen gegen den Unterallgäuer Großbauern aufgenommen. Bei der Behörde sei eine Anzeige eingegangen, sagt Oberstaatsanwalt Johann-Peter Dischinger. Die Staatsanwaltschaft überprüft nun, ob Verstöße gegen das Tierschutzgesetz vorliegen. In so einem Fall seien Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren theoretisch möglich, sagt Dischinger.
Landwirt will sich nicht äußern
Ein früherer Berufskollege kennt den Unterallgäuer Landwirt schon seit vielen Jahren. Er hat mitbekommen, wie der Betrieb in den vergangen 20 Jahren gewachsen ist und inzwischen mehrere Standorte umfasst. Und er war bei dem Großbauern auch schon zu Besuch. „Da hatte ich den Eindruck, dass er die Kühe gut behandelt. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, dass auf dem Hof möglicherweise gegen Tierrecht verstoßen wird.“ Der Landwirt, gegen den jetzt ermittelt wird, wollte sich gestern im Gespräch mit unserer Zeitung nicht zu den Vorwürfen äußern.
„Hier steht kriminelles Verhalten im Raum“
Auf den Fotos und Videos von „Soko Tierschutz“ aus dem Betrieb mit 1800 Milchkühen sind gravierende Verstöße gegen das Tierschutzgesetz dokumentiert. Die Aufnahmen zeigen unter anderem, wie ein Mitarbeiter einem kranken Rind gegen den Kopf tritt und ein Tier mit einem spitzen Gegenstand traktiert wird. Kranke Kühe werden von Traktoren durch den Stall geschleift.
Bayerns Verbraucherschutzminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) dringt Angesichts der Vorwürfe auf eine rasche Aufklärung der Vorwürfe. „Hier steht kriminelles Verhalten im Raum“.
Fall entfacht politische Diskussion
Der Fall entfacht eine politische Diskussion um Grenzen bei der Rinderhaltung sowie strengere Kontrollen der Veterinärbehörden. „Uns steht eine Diskussion bevor, ob wir Obergrenzen bei der Zahl der Tiere einfordern“, sagt Leopold Herz (Freie Wähler), Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses im bayerischen Landtag. Es gebe bei den Landwirten einen „Zwang zum Wachsen, weil Lebensmittel zu wenig kosten“, fügt der Abgeordnete hinzu. Laut des Unterallgäuer Landrat Hans-Joachim Weirather habe das Veterinäramt den Hof in den vergangenen fünf Jahren 34 Mal kontrolliert und „tierschutzrechtliche Verstöße im geringen bis mittleren Maß“ festgestellt. „Wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten alles richtig gemacht“, sagt Weirather.