Zwei bis drei Mal pro Woche packt Klaus Ringgenburger die eingerahmten Urkunden in sein Auto. Dann macht sich der Bildungsberater der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg auf den Weg zu den Betrieben, denen sie verliehen werden. „Dieser Betrieb bildet aus“, steht dort in silberner Schrift.

Bildungsberater Klaus Ringgenburger (links) von der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg freut sich mit Gastronom Tasso Daoultzis über die ...
Bildungsberater Klaus Ringgenburger (links) von der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg freut sich mit Gastronom Tasso Daoultzis über die Ausbildungsanerkennung. | Bild: Göbel, Nathalie

Und manchmal ist die Überreichung der Urkunde noch ein bisschen feierlicher als sonst. Bei Tasso Daoultzis im „ESV Kegelheim – by Tasso“ in der Villinger Güterbahnhofstraße zum Beispiel.

Zertifizierung eröffnet Perspektiven

Ausbilden darf der 38-jährige Restaurantfachmann Tasso Daoultzis schon lange. Doch war sein griechisches Restaurant im ESV-Kegelverein bisher nicht als Ausbildungsbetrieb zertifiziert.

Das hat sich nun geändert. Der Grund dafür heißt Bilal Mustafa und ist 17 Jahre alt. Ab September wird er im ESV-Kegelheim zur Fachkraft für Gastronomie ausgebildet.

IHK zertifiziert den Betrieb

Im September wird der junge Mann aus Syrien bei Daoultzis seine Ausbildung zur Fachkraft für Gastronomie beginnen. Um Bilal diese Chance zu eröffnen, hat Tasso Daoultzis sein Restaurant eigens von der IHK prüfen und im Juli 2025 als Ausbildungsbetrieb zertifizieren lassen.

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Ein zweiwöchiges Schülerpraktikum hat den Gastronomen und den 17-Jährigen zusammengeführt. Bilal ist in diesem Jahr von der Bickebergschule abgegangen, ohne Abschluss. Die sprachlichen Defizite seien zu groß gewesen, um die Prüfungen schaffen zu können, sagt er.

Praktikum eröffnet Perspektive

Das Schulpraktikum bei Tasso Daoultzis hat Bilal jedoch eine Perspektive eröffnet. „Das hat mir sehr gut gefallen“, sagt er. „Ich habe sehr gerne mit Menschen zu tun.“ Ein Aspekt, der in der Gastronomie garantiert nicht zu kurz kommt.

Das Engagement und die Begeisterung des 17-Jährigen haben seinen künftigen Chef Tasso Daoultzis beeindruckt. Der 38-Jährige, der das ESV-Kegelheim vor zwei Jahren übernommen hat, weiß um den allgegenwärtigen Fachkräftemangel.

Gerade erst kam die repräsentative Jugendbefragung ‚Ausbildungsperspektiven 2025‘ der Bertelsmann-Stiftung zu dem Ergebnis, dass jede fünfte Absolventin und jeder fünfte Absolvent nach der Schule erst einmal direkt arbeiten und Geld verdienen möchte. Und das, während praktisch alle Branchen querbeet händeringend Fachkräfte suchen.

„Es ist wichtig, den jungen Menschen eine Chance zu geben und sie nicht nur als Hilfsarbeiter einzustellen.“
Klaus Ringgenburger, Bildungsberater bei der IHK

In der Gastronomie sieht es ein bisschen besser aus, weiß Klaus Ringgenburger. Hier verzeichne man einen Zuwachs bei den Azubi-Zahlen. Rund die Hälfte der Auszubildenden sind Einwanderer wie Bilal.

Ab September ist Bilal Mustafa Auszubildender zur Fachkraft für Gastronomie. Eindecken gehört genau so zu den Ausbildungsinhalten wie ...
Ab September ist Bilal Mustafa Auszubildender zur Fachkraft für Gastronomie. Eindecken gehört genau so zu den Ausbildungsinhalten wie die Beratung von Gästen, die eine größere Feier planen. | Bild: Göbel, Nathalie

„Es ist wichtig, den jungen Menschen eine Chance zu geben und sie nicht nur als Hilfsarbeiter einzustellen“, sagt der Bildungsberater. Mittlerweile seien auch die Gehälter der Azubis in der Gastronomie attraktiver, als es noch vor einigen Jahren der Fall war: So verdient ein Koch oder eine Köchin im ersten Ausbildungsjahr etwas mehr als 1000 Euro brutto, im dritten Jahr sind es mehr als 1300 Euro.

„Mach etwas, das dir Spaß macht“

Bilals Eltern waren mit der Entscheidung ihres Sohnes, eine Ausbildung zu beginnen, einverstanden. „Sie haben gesagt: Mach, aber es muss etwas sein, das dir Spaß macht“, sagt er.

Als klar war, dass Bilal die Ausbildung machen möchte, zögerte Tasso Doultzis nicht lange, setzte sich mit der IHK in Verbindung und erkundigte sich, welche Kriterien er erfüllen müsse, um sich als Ausbildungsstätte anerkennen zu lassen. Dazu gehört unter anderem, dass Betriebe die fachliche Infrastruktur für die Ausbildung vorweisen müssen.

Bilal Mustafa (links) und sein zukünftiger Chef Tasso Daoultzis verstehen sich gut. Dem 38-Jährigen ist es wichtig, dem jungen Syrer die ...
Bilal Mustafa (links) und sein zukünftiger Chef Tasso Daoultzis verstehen sich gut. Dem 38-Jährigen ist es wichtig, dem jungen Syrer die Chance auf eine qualifizierte Ausbildung zu geben. | Bild: Göbel, Nathalie

2004 hat Daoultzis, selbst Vater von zwei Kindern, seine Ausbildung zum Restaurantfachmann gemacht. Seitdem ist er ununterbrochen in der Gastronomie tätig. „Ich kann‘s nicht lassen“, sagt er und lacht. „Ich liebe diese Branche.“

Aus dieser Liebe ist vor zwei Jahren nun die Selbstständigkeit mit einem eigenen Restaurant geworden. Über einen Bekannten erfuhr er, dass für das ESV-Kegelheim ein neuer Wirt gesucht wurde. Tasso Daoultzis griff zu.

Selbstständig bedeutet selbst und ständig

Er betont: „Meine Frau hat mich dabei sehr unterstützt. Sonst wäre ich Angestellter geblieben.“ Denn die Selbstständigkeit fordert Einsatz: „Ich bin der erste, der da ist und der letzte, der geht.“

Das Ziel: ein eigenes Restaurant

Dennoch: Auch Bilals Ziel ist es, eines Tages einen eigenen Betrieb zu haben. „Ich möchte weiterlernen“, sagt er. Nun geht es am 1. September für ihn erst einmal mit Blockunterricht an der Villinger Hotelfachschule los. „Die Vorlage habe ich ihm geliefert, das Tor muss Bilal jetzt selbst schießen“, sagt sein künftiger Chef.

Damit Bilal in der Berufsschule gut mitkommt, wird er an dem Programm Assistierte Ausbildung (Asa) der Bundesagentur für Arbeit teilnehmen. Dabei erhält er von Anfang an Sprachförderung und Unterstützung.

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Ein sehr wichtiges Projekt, sagt Klaus Ringgenburger: Greift es doch gleich von Beginn an und nicht erst, wenn eine Ausbildung aufgrund schlechter Noten bereits auf der Kippe steht.