Helmut Kustermann

Walter Honold sitzt auf einer Bank vor seinem Haus und spricht über all das, was ihn seit langem nicht mehr ruhig schlafen lässt. Da kommen zwei Frauen auf den Hof bei Bad Grönenbach (Unterallgäu), gehen auf den 51-Jährigen zu und sagen: „Wir möchten uns für ihre Zivilcourage bedanken.“ Honold hat Fotos von kranken Tieren gemacht, die einen erschaudern lassen. Er verpachtete seinen Hof an den Landwirt, gegen den jetzt wegen eines möglichen Tierskandals ermittelt wird.

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Im Umlauf sind auch Videos, die der Verein „Soko Tierschutz“ veröffentlicht hat. Die Bilder verstören Menschen in ganz Deutschland. Kühe werden mit Traktoren durch den Stall geschleift oder mit Eisenstangen traktiert. Tatort ist der Hof im Weiler Hohmanns bei Bad Grönenbach. Er habe ihn verpachtet, weil er wegen einer Krankheit nicht mehr voll belastbar war, sagt Honold. Allerdings arbeitete er bei seinem Pächter mit. Doch bald gab es Streit, ihm sei sogar fristlos gekündigt worden, sagt Honold. Der 51-Jährige war nicht damit zufrieden, wie sein Pächter den Hof führte. „Ich habe permanent Faxe geschickt und ihn auf kranke Tiere aufmerksam gemacht. Ich lasse mir meinen Hof nicht kaputt machen.“ Im April 2018 verfasste er ein Schreiben und schickte es an zahlreiche Stellen. Darunter waren Landratsamt, Wasserwirtschaftsamt und Amt für Landwirtschaft. Zu den Adressaten gehörte beispielsweise auch der Bauernverband.

Schreiben dokumentiert Missstände

In dem Schreiben, das dem Autor vorliegt, zählt Honold eine Vielzahl an Missständen auf: überbelegte Boxen im Stall, Klauenprobleme und andere Krankheiten bei den Kühen. Es gebe „keine artgerechte Haltung der Tiere“. Honold schreibt zudem von einer „übermäßigen Gülle-Ausbringung“. Die Überdüngung der Felder führe zu schweren Mangelerscheinungen bei den Tieren, „die ja an der Nahrungskette hängen“.

Honold erwähnt auch, dass er „ein zertifiziertes Unternehmen“ mit Bodenproben beauftragt habe. Die Werte seien „katastrophal“ gewesen. Die Ergebnisse habe er dem Schreiben beigelegt, sagt Honold. Nur auf einen Punkt hätten die Behörden reagiert: Da sei es darum gegangen, dass die Schlepper viel Öl verlieren würden und dadurch der Stall verschmutzt werde. „Hier hat sich das Landratsamt gemeldet. Dann war die Polizei da und daraufhin habe ich nichts mehr gehört.“

Der Allgäuer Großbauer, gegen den die schweren Vorwürfe erhoben wurden, betreibt mehrere Hofstellen, darunter das abgebildete Anwesen.
Der Allgäuer Großbauer, gegen den die schweren Vorwürfe erhoben wurden, betreibt mehrere Hofstellen, darunter das abgebildete Anwesen. | Bild: Franz Kustermann

Nach Honolds Schreiben vom April hätten Veterinäre den Betrieb am 26. Juni kontrolliert, heißt es in einer Stellungnahme des Unterallgäuer Landrats Hans-Joachim Weirather. Dem Tierhalter seien die Mängel schriftlich mitgeteilt worden. Honold habe, wie es in so einem Fall üblich sei, als Hinweisgeber kein Schreiben bekommen.

Dem Veterinäramt habe er auch ein Bild einer Kuh gezeigt, die eine Klauenkrankheit und ein gebrochenes Bein hatte, berichtet Honold. „Die Antwort war, dass sich die Polizei darum kümmern und zu mir zur Vernehmung kommen werde. Das war im Mai 2018, bis heute habe ich nichts mehr davon gehört.“ Ein Mitarbeiter des Veterinäramtes habe ihm später gesagt, dass das Foto „unter den Tisch gerutscht“ sei. Aufgrund des Hinweises von Honold habe das Veterinäramt Strafanzeige gestellt, erwidert Weirather. Dies habe sich aber „aus internen Gründen“ verzögert.

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Im Frühjahr vergangenen Jahres hatten Honold und seine Frau einen Termin beim Unterallgäuer Landrat. „Weirather sagte, dass er uns helfen wolle und dass Bodenproben genommen werden sollen. Doch es ist nichts passiert und dann konnte ich den Landrat nicht mehr erreichen.“ Weirather entgegnet, dass die Kreisbehörde den Hinweisen nachgegangen sei und eine Mitarbeiterin mit Honold noch zweimal telefoniert habe.

Morddrohungen gegen den Landwirt

Auch das Kemptener Wasserwirtschaftsamt äußerte sich zu den Vorwürfen des Unterallgäuers. Man habe Walter Honold an die Landwirtschaftsbehörde verwiesen, sagte der stellvertretende Amtsleiter David Kempter: „Wir haben keine Aussagen zur Qualität des Trinkwassers liefern können, weil die angesprochenen Flächen außerhalb des Wasserschutzgebiets liegen und dort keine Mess-Stellen sind.“ Unabhängig davon gebe es erhöhte Nitratwerte in den Schutzgebieten der Woringer Gruppe (Unterallgäu) und der Stadt Memmingen. „Doch das hat nicht nur mit dem Landwirt zu tun, gegen den jetzt ermittelt wird“, sagt Kempter. Dieser Betrieb sei nicht auffälliger gewesen als andere, betont Axel Heiß, Leiter des Krumbacher Landwirtschaftsamtes.

Der Tierskandal wird auch in den sozialen Medien heftig diskutiert. Die Kommentare beinhalten politische Statements über artgerechte Tierhaltung, aber auch Morddrohungen gegen den Landwirt. Und die Tierschutz-Partei V-Partei³ hat auf Facebook eine Demonstration vor dem Hof des Bad Grönenbacher Landwirts angekündigt.