Ein Wisch nach oben, mal nach links oder rechts, dann ein Click – und schon ist der Sportschuh bestellt. Bequemer einkaufen geht kaum. Kein Wunder, dass der Onlinehandel seit Jahren boomt. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. In der Öffentlichkeit stehen Amazon, Otto, Zalando und Co. trotz des Hypes oft der Kritik. Der Vorwurf: Geschäfte in den Fußgängerzonen sterben aus und die Lieferfahrzeuge verschmutzen mit Abgasen die Luft. Doch ist es ökologisch wirklich verwerflich, im Internet einkaufen zu gehen?
- Wann macht Online-Kauf Sinn? Shopping im Internet als Umweltsünde zu deklarieren, greift zu kurz, findet Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Wenn man mit gesundem Menschenverstand bestellt, kann man der Umwelt damit etwas Gutes tun“, sagt er. Gerade für Menschen auf dem Land seien Bestellungen im Internet eine gute Alternative. Laut Moritz Mottschall vom Öko-Institut verbraucht ein Paketversand innerhalb Deutschlands so viel Emissionen wie eine Autofahrt über drei Kilometer. Das ergaben Berechnungen des Öko-Instituts. Der Rückschluss liegt nahe, die meisten Einkäufe deshalb im Internet abzuwickeln. Oft kann das Sinn machen – manchmal aber auch nicht.
- Wann macht Einkauf vor Ort Sinn? „Die kostenlosen Retouren verleiten dazu, Dinge zu bestellen, die man nicht braucht“, so Mottschall. Besonders bei Artikeln, die auch in näherer Umgebung zu Fuß oder mit dem Fahrrad besorgt werden könnten, sollten keinesfalls online bestellt werden. Kritisch wird es besonders dann, wenn die meisten Artikel wieder zurückschickt werden und im Vorfeld keine ernsthafte Kaufabsicht bestand. Das führe auch zu mehr Verpackungsmüll in den Lieferfahrzeugen.

- Wie schädlich sind Verpackungen? „Viele Kartons sind überdimensioniert. Der Platz zwischen Versandkarton und Ware muss dann mit Füllmaterial ausgestopft werden. Das muss nicht sein“, sagt Sabine Holzäpfel von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg und schlägt eine Alternative vor: Wer beim Supermarkt bestellt, bekommt Lebensmittel heute schon häufig in Transportboxen geliefert. Die werden dann nach dem Erhalt der Ware oder spätestens beim nächsten Onlineeinkauf vom Kurier wieder eingesammelt und wiederverwertet. „Es werden Mehrwegboxen eingesetzt. Ich könnte mir vorstellen, dass dieses System auch bei anderen Waren gut funktionieren würde“, so Holzäpfel.
- Wie viele Pakete werden verschickt? Im Jahr 2017 haben alle Logistikunternehmen, die Mitglied beim Bundesverband für Paket- und Expresslogistik (BIEK) sind – also unter anderem Hermes, GLS und UPS – 3,35 Milliarden Päckchen versendet. 2018 sollen es ersten Prognosen zufolge 3,5 Milliarden gewesen sein. „2022 rechnen wir mit über 4,3 Milliarden Sendungen“, schätzt Elena Marcus-Engelhardt vom BIEK. Die DHL sendete 2018 pro Werktag rund 5 Millionen Pakete. 2008 waren es pro Werktag die Hälfte.

- Schmeißt Amazon Retouren weg? Die ethischen Gesetze bei Amazon sind umstritten. Oliver Buttler behauptet, dass der Konzern viele seiner zurückgesendeten Artikel verschrottet – ohne zu prüfen, ob sie noch verwertbar sind. „Da werden viele Container voll mit Elektronik-Geräten, Kleidung und Schuhen einfach in die Schrottpresse geschmissen. Das ist natürlich höchst fragwürdig“, so Buttler. Teilweise mache der Konzern aus den Retouren ein Geschäftsmodell und verkaufe sie im Lastwagen-Format an höchstbietende Händler, die diese Produkte dann weiterverkaufen. „Dadurch werden die Waren zumindest auf anderem Weg wiederverwendet“, sagt er.
- Was sagt Amazon dazu? Dass die Retouren ohne Prüfung im Müll landen, dagegen wehrt sich Amazon auf Nachfrage unserer Zeitung. Es gebe zwar Waren, die unverkäuflich seien und weggeschmissen werden – das sei aber immer das letzte Mittel. Wenn Produkte zurückkommen, würden sie von Mitarbeitern qualitätsgeprüft, neu verpackt und – wann immer möglich – wieder als Neuware angeboten.
- Wie innovativ ist die Logistik? Viele Logistikunternehmen nutzen vermehrt Paketshops und Paketstationen. Deutschlandweit hat die DHL in rund 1600 Städten und Gemeinden 3700 Packstationen mit rund 370 000 Fächern eingerichtet, die genutzt werden, wenn ein Kurier ein Paket nicht beim Endkunden abgeben konnte. 90 Prozent der Menschen erreichten diese Stationen innerhalb von zehn Minuten. Auch Elektromobilität ist in der Branche auf dem Vormarsch. Etwa in München, Hamburg oder Berlin bringen sogenannte elektrische Streetscooter Pakete nach Hause. Auch auf Lasten-Fahrrädern sollen künftig Kuriere Pakete durch Innenstädte fahren. Diese Räder seien bei der DHL eine Ergänzung für die Paketzustellung in städtischen Bezirken – um Pakete zu liefern, wenn Straßen für traditionelle Lieferverkehre einmal gesperrt sind.
- Was ist klimaneutraler Versand? Die DHL bietet etwa mit ihrem Service „GoGreen“ einen sogenannten klimaneutralen Versand an. Dabei werden Treibhausgase, die durch den Versand des Paketes entstehen, an anderer Stelle ausgeglichen. Dieser Ausgleich erfolgt beispielsweise durch zertifizierte Klimaschutzprojekte etwa in Lesotho und anderen Ländern in Afrika.
Wie man nachhaltig im Internet einkauft
Wer nachhaltig online shoppen möchte, sollte nur das kaufen, was wirklich gebraucht wird. Weitere Hinweise sind:
- Bewusst kaufen: Nur das online bestellen, was man nicht in unmittelbarer Umgebung kaufen kann.
- Klimaneutraler Versand: Bei vielen Logistikunternehmen kann man CO2-neutral verschicken. Dabei werden die Treibhausgase, die durch den Versand des Pakets entstehen, an anderer Stelle wieder eingespart.
- Gebrauchte Kartons: Einige Versender und Händler bieten den Versand in gebrauchten Kartons an.
- Paketstation: Wenn man selbst nicht zuhause ist, können die Pakete an einer Paketstation eingelagert und abgeholt werden. Dadurch soll verhindert werden, dass Pakete mehrmals bis zur Haustür gebracht werden müssen.
- Ablagestellen: Wer am Tag der Paket-
ankunft nicht zu Hause ist, kann bei der Bestellung angeben, wann das Paket geliefert werden soll. Wer möchte, kann auch den Nachbarn bitten, die Pakete anzunehmen. Die meisten Logistikunternehmen bieten an, Päckchen an einem vorab genehmigten Ablageort abzustellen. Beliebt ist etwa die Garage, die Terrasse oder ein Gartenhäuschen. - Sammelbestellungen: Innerhalb der eigenen Familie oder mit Nachbarn können verschiedene Artikel in einem Paket verschickt werden. Damit sind schnell viele Einzelpakete gespart.
- Jahresgebühren: Pauschale Jahresgebühren für kostenlosen Versand verleiten dazu, viele Dinge im Internet zu bestellen, die man eigentlich nicht benötigt. Darauf sollte – wenn möglich – verzichtet werden.