Aus der Ferne sieht sie beeindruckend wie eh und je aus, die „eiserne Dame“. Ein metallisches Konstrukt, das filigran und wuchtig zugleich erscheint, ein architektonisches und technisches Meisterwerk, aus der Zeit gefallen. Nur wer näher kommt und genau hinsieht, erkennt, dass an manchen Stellen des Pariser Eiffelturms die Farbe abblättert und sich Rost festgesetzt hat. Denn die eiserne ist auch eine alte Dame.

Vor 133 Jahren wurde sie vom Architektenbüro von Gustave Eiffel anlässlich der Pariser Weltausstellung im Jahr 1889 errichtet. Zunächst hieß es, der Turm, den etliche Intellektuelle empört als Schandfleck kritisierten, werde nach 20 Jahren wieder abgebaut.

Bis zu sieben Millionen Menschen besuchen den Eiffelturm jedes Jahr.
Bis zu sieben Millionen Menschen besuchen den Eiffelturm jedes Jahr. | Bild: Michel Euler/AP/dpa

Dann aber machte sich das Bauwerk nützlich, diente dem Militär im Ersten Weltkrieg als Telekommunikationszentrum und ließ sich als Sendeantenne einsetzen: 1921 wurde von hier das erste öffentliche Radioprogramm in Europa und 1935 das erste französische Fernsehprogramm ausgestrahlt.

Längst handelt es sich um ein unvergängliches Wahrzeichen der französischen Hauptstadt. Deshalb hat ein Bericht des Wochenmagazins „Marianne“ die Bewohner von Paris aufgeschreckt, demzufolge der Eiffelturm in einem schlechten Zustand sei.

„Eiffel würde in Ohnmacht fallen“

„Wir sahen (die Kathedrale) Notre-Dame brennen, werden wir den Eiffelturm umstürzen sehen?“, wird provokant gefragt und ein leitender Angestellter des Monuments anonym mit den Worten zitiert: „Wenn Gustave Eiffel das sähe, er würde in Ohnmacht fallen.“

Der Konstrukteur des Eifelturms: Gustave Eiffel auf einem Bild aus dem Jahr 1889. Die Stadt Paris hat ihm einen Touristen-Parcours gewidmet.
Der Konstrukteur des Eifelturms: Gustave Eiffel auf einem Bild aus dem Jahr 1889. Die Stadt Paris hat ihm einen Touristen-Parcours gewidmet. | Bild: Collection Tour Eiffel Légende/dpa

Die Zeitschrift „Marianne“ hat mehrere vertrauliche Berichte seit 2010 ausgewertet. Demnach wird seit Jahren regelmäßig vor Rissen, Rost und unzureichender Instandhaltung des Eiffelturms gewarnt.

Einer Untersuchung aus dem Jahr 2016 zufolge waren 884 der insgesamt 18.000 Bauteile fehlerhaft, 68 davon stellten ein Risiko für die Struktur dar. Auch die aktuelle 20. Bemalungs-Aktion, die 2019 begann, wird in dem Artikel scharf kritisiert. Sie sei teuer und ineffizient.

Farbschichten blättern ab

„In der Eile streicht man an manchen Stellen nur eine einzige Farbschicht über die vorhandenen Schichten, die abblättern“, sagt ein Fachmann, der namentlich nicht genannt wird. Hatte nicht Gustave Eiffel persönlich in seinem Buch „Der 300-Meter-Turm“ festgehalten, dass „die Farbe ein essenzielles Element für die Erhaltung eines metallischen Bauwerks“ sei und „die Pflege, die ihr zu teil wird, die einzige Garantie für seine Dauer“? Gab es diesbezüglich Versäumnisse?

Bei Nacht ist der Eiffelturm besonders schön anzuschauen.
Bei Nacht ist der Eiffelturm besonders schön anzuschauen. | Bild: Rafael Yaghobzadeh/AP/dpa

Die Betreibergesellschaft Sete, die zu 99 Prozent der Stadt Paris gehört, weist diesen Vorwurf entschieden zurück. Wöchentlich würden Tests der Struktur durchgeführt. Eiffels Empfehlung zufolge werde der Turm im Schnitt alle sieben Jahre komplett gestrichen – derzeit wieder in einer Ockerfarbe.

„Zum ersten Mal in seiner Geschichte haben wir die gesamten Farbschichten am südlichen Bogen komplett entfernt, so wie in einem der Berichte empfohlen“, sagt Sete-Generaldirektor Patrick Branco Ruivo. „Dabei entdeckten wir, dass es sich um einwandfreies Eisen handelt.“ Die fehlerhaften Elemente ersetze man nach und nach.

Touristen bringen Millionen-Einnahmen

Von einer kompletten Schließung des Monuments für die Besucher, um es tiefgreifend zu reinigen, sieht Sete ab. Das würde zu enormen Einnahmeverlusten führen. Bereits im Pandemie-Jahr 2020 entgingen der Betreibergesellschaft durch monatelange Sperrungen und einen Einbruch des Tourismus 52 Millionen Euro.

Mit bis zu sieben Millionen Besuchern pro Jahr, von denen rund drei Viertel aus dem Ausland kommen, gehört der Eiffelturm zu den beliebtesten Touristenzielen Frankreichs. Besonders bei Einbruch der Dunkelheit, wenn seine Lichter zu jeder vollen Stunde glitzern, strahlt er für viele eine große Magie aus.

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Inzwischen werden täglich wieder 20.000 Besucher gezählt und damit so viele wie vor Ausbruch der Corona-Krise. 2018 errichtete der österreichische Architekt Dietmar Feichtinger einen neuen Zugang zum Eiffelturm mit schusssicherer Glaswand und Gitterzaun – eine Antwort auf die Terroranschläge im Jahr 2015. Die „eiserne Dame“ geht mit der Pariser Stadtgeschichte mit, und daran ändert sich nichts, versichert Patrick Branco Ruivo. „Der Eiffelturm wird weiter stehen.“