Es sind fünf unscheinbare Notizbücher, die die Wirkung einer Bombe haben könnten. Claude Palmero war sich dessen voll bewusst, als er zwei Investigativ-Journalisten der französischen Zeitung „Le Monde“ einen Einblick in seine Aufzeichnungen gewährte. Der ehemalige Vermögensverwalter von Monacos Fürst Albert II. holte zum Gegenschlag aus, nachdem sein ehemaliger Chef ihn und drei weitere langjährige Vertraute im Sommer 2023 fristlos entlassen hat und ihm Korruption vorwirft.
Angebliche Geheimnisse der Familie Grimaldi, ihrer finanziellen Aktivitäten und Strategien, Steuern zu vermeiden, gerieten durch Palmero an die Öffentlichkeit. Demnach habe der Lebenswandel von Alberts Ehefrau Charlène innerhalb von acht Jahren rund 15 Millionen Euro verschlungen, während ihr für diesen Zeitraum eigentlich nur eine Zuwendung von 7,5 Millionen zugestanden hätte.
Fürstin Charlène wollte angeblich einen Katamaran
Palmero, der den Schlüsselposten an der Seite des Fürsten im Jahr 2001 von seinem verstorbenen Vater übernommen hat, hat seinen Notizen zufolge regelmäßig die hohen Ausgaben der früheren südafrikanischen Profischwimmerin und heutigen Fürstin angemahnt. Er habe Einspruch erhoben gegen ihren Wunsch nach einer zweiten Ferien-Villa auf Korsika und nach einem Katamaran sowie gegen ihre Bitte um weiteres Personal über ihre mehr als acht Angestellten hinaus, von denen einige nur ein längst abgelaufenes Touristenvisum gehabt hätten.
Charlènes Bruder Sean Wittstock soll demnach Unterstützung für einen Hausbau in Höhe von 900.000 Euro erhalten haben. Denn, so Palmero, Fürst Albert habe sehr oft Ja zu den Wünschen gesagt, die ihm von allen Seiten zugetragen worden seien. Riesige Summen soll er demnach auch für seine beiden unehelichen Kinder Jazmin Grace Grimaldi und Alexandre Coste Grimaldi sowie deren Mütter aufgewendet haben. Alberts Schwestern, die Prinzessinnen Caroline und Stéphanie, hätten sich daran gestört, unter der kritischen Beobachtung des peniblen Steuerfachmanns zu stehen.

Die Gelder stammten demnach teils aus Alberts Privatvermögen, teils aus dem Staatsbudget und einem Konto für Sonderausgaben, aus dem unter anderem auch Informanten in bar bezahlt worden seien. Die Journalisten von „Le Monde“ beschreiben „ein unglaubliches Gewirr von Strukturen und Interessen“, in dem sich Gelder für den Fürsten, seine Ex-Freundinnen, seine Frau, seine Schwestern und Gelder des Steuerberaters vermengt hätten. Denn Palmero legte nach eigenen Angaben oft Summen aus.
Pikant sind auch die Informationen über angebliche Offshore-Gesellschaften in Steuerparadiesen, die auf seinen Namen gelaufen sein sollen. Seit Jahren kämpft der Fürst um eine Image-Aufpolierung für seinen reichen Mini-Staat.
Seit 2016 hat Monaco Verträge zur Kooperation im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung unterzeichnet. Seit 2018 steht das Fürstentum an der Côte d‘Azur nicht mehr auf der Schwarzen Liste der Steuerparadiese der EU, im März droht es nun bei einer neuen Evaluierung wieder auf die Graue Liste gesetzt zu werden. Die Enthüllungen von Palmeros „Geheimheften“ kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt.

Die Enthüllungen könnten auch die französischen Steuerbehörden interessieren. Denn sie sollen aufdecken, dass Palmero bei Immobilienkäufen in Frankreich für Unterkünfte von Mitgliedern der Fürstenfamilie oft seinen Namen verwendet habe, um den Grimaldis zu ersparen, in Frankreich steuerpflichtig zu werden. Selbst nach dem Bruch laufe eine Wohnung von Alberts Nichte Charlotte Casiraghi in Paris weiter auf den Ex-Vermögensverwalter, heißt es.
Zu kompliziert und eng verquickt seien die Bande zwischen dem 67-Jährigen und den Grimaldis, um sie leicht aufzulösen. Alberts Anwälte beschuldigen Palmero, nicht alle für die Verwaltung erforderlichen Dokumente herauszugeben. Außerdem behaupten sie, er habe ohne das Wissen des Fürsten gehandelt. Als Gegenbeweise zeigte der Beschuldigte SMS, die er mit Albert ausgetauscht haben will und die nahelegen sollen, dass jede kleinste Aktion abgestimmt gewesen sei.