Liebe Suni, lieber Butch,
sagen Sie doch mal: Was war das für ein Gefühl, zum ersten Mal nach sehr vielen Monaten wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren und ungefilterte Luft zu atmen? Ich schätze, den Moment, in dem Sie in der Raumkapsel „Freedom“ (Freiheit) vor der Küste von Florida im Meer gelandet sind, werden Sie nie wieder vergessen – egal, was das Leben vielleicht noch so für Sie bereithält.

Man muss sich das mal vorstellen: Sie beide wollten knapp eine Woche auf der Internationalen Raumstation ISS verbringen, als Sie sich im Juni 2024 auf den Weg gemacht haben. Am Ende waren Sie neun Monate im Weltall, erst in der Nacht vom 18. auf den 19. März sind Sie zurückgekommen. Ich gebe zu, dass ich mir das eigentlich überhaupt nicht vorstellen kann. Ihnen hat die Planänderung offenbar wenig ausgemacht, aber das ist auch nicht weiter verwunderlich. Sie waren vorher schon je zweimal im All gewesen, einmal auch mehrere Monate lang.
Grund für die Verspätung: technische Probleme
Und wenn man dann schon einmal dort oben ist und die Nasa entscheidet, dass die Raumkapsel, die Sie nach acht Tagen zurückbringen sollte, wegen technischer Probleme lieber leer zur Erde fliegt, da sagt man als rational denkender Mensch: Alles klar, nur kein unnötiges Risiko eingehen. Wer will 400 Kilometer über der Erde schon einen Streit anfangen?
So blieb Ihnen an den 286 Tagen im All – statt den ursprünglich geplanten acht – auch viel mehr Zeit für Experimente. Dafür hatten Sie den Weg ja auf sich genommen. Die Gefahr, dass Lebensmittel und Hygiene-Artikel ausgehen, bestand immerhin nicht, zwischenzeitlich kamen sogar neue Astronauten zur ISS – eben zwei statt vier, sodass noch Platz für Sie war. Denn die Sache mit dem Rückflug, die war eben nicht so einfach.

Bestimmt haben Sie dort mal gedacht: Wenn ich gewusst hätte, dass ich so lange fort bin, dann hätte ich … Ja, was? Sich anders von Ihren Lieben verabschiedet? Noch schnell das Wohnzimmer neu gestrichen? Mehr Familienfotos im Handgepäck verstaut? Vielleicht. Aber auch wenn Sie davon ausgegangen waren, schnell wieder zu Hause sein – Sie wurden darauf vorbereitet, lange zu bleiben.
So ein Astronauten-Training sei dafür da, „sich auf alle Eventualitäten und alles Unvorhersehbare vorzubereiten“, haben Sie gesagt, Butch. Es ist trotzdem eine nicht zu unterschätzende Leistung, so eine Verlängerung unbeschadet zu überstehen. Körperlich, auch wenn Sie als ehemalige Navy-Piloten und erfahrene Nasa-Astronauten da wohl keine Probleme hatten, aber auch geistig: Ehrlich, diese Ungewissheit hätte mir schlaflose Nächte bereitet.
Sie sollen auf dem Rückflug über beide Ohren gegrinst haben vor lauter Freude. Das kann ich mir tatsächlich gut vorstellen! Haben Sie nach dem 17-Stunden-Flug immer noch Muskelkater im Gesicht? Es wäre eine nette Erinnerung an dieses Happy End. Ich könnte Ihnen jetzt raten, in Zukunft immer schön auf dem Boden zu bleiben. Aber das steht mir erstens nicht zu und würde Sie zweitens auch kaum davon abhalten, erneut in unendliche Weiten zu reisen.